Handball-Oberliga „Keiner von uns würde das alleine durchziehen“

Zweibrücken · Die Trainer des Handball-Oberligisten VTZ Saarpfalz sprechen im Interview über die abgelaufene Saison – und die kommende Spielzeit.

 Winter-Neuzugang Abderrahmane Belhadi (am Ball) war einer der Gründe dafür, dass es bei der VTZ Saarpfalz im neuen Jahr immer besser lief. Die VTZ arbeitete sich aus dem Tabellenkeller ins Mittelfeld vor. Dort wollen die Zweibrücker auch nächste Saison landen. Aber diesmal ohne zu Zittern.

Winter-Neuzugang Abderrahmane Belhadi (am Ball) war einer der Gründe dafür, dass es bei der VTZ Saarpfalz im neuen Jahr immer besser lief. Die VTZ arbeitete sich aus dem Tabellenkeller ins Mittelfeld vor. Dort wollen die Zweibrücker auch nächste Saison landen. Aber diesmal ohne zu Zittern.

Foto: Martin Wittenmeier

Die schwierige und spannende Saison der Oberliga-Handballer von der VTZ Saarpfalz hat mit dem Klassenerhalt ein glückliches Ende gefunden. Im Merkur-Interview berichten die Trainer Philip Wiese und Kai Schumann von zwei völlig unterschiedlichen Saisonhälften, von ihren Zielen und Wünschen für die kommende Runde – und erklären, warum sie den eingeschlagenen Weg bei der VTZ nur gemeinsam weitergehen möchten.

Herr Schumann, Herr Wiese, wie groß war die Freude, als eine lange, kräftezehrende Saison in der Handball-Oberliga für die VTZ Saarpfalz mit dem Klassenerhalt endete?

KAI SCHUMANN Freude ist vielleicht das falsche Wort. Es war eher Erleichterung. Die Saison war anstrengend. Am Ende ist viel Druck abgefallen.
PHILIP WIESE Die Freude war schon groß, weil die Saison ein positives Ende gefunden hat. Wir konnten den Klassenerhalt aus eigener Kraft sichern, was für uns ein wichtiges Ziel war.

Gab es für Sie Höhe- oder Tiefpunkte im Laufe der Spielzeit?

SCHUMANN Der erste Teil der Saison war aus verschiedenen Gründen – wie Corona oder auch vielen Verletzungen – hart. Ich würde da aber keinen konkreten Tiefpunkt festmachen wollen. Die Hinrunde war einfach in der Summe sehr herausfordernd. Wir haben aber auch in dieser Phase immer an die Mannschaft geglaubt. Auch den Höhepunkt möchte ich nicht an einem Spiel festmachen. Die Entwicklung in der zweiten Rundenhälfte war für mich insgesamt der Höhepunkt. Wir hatten mehr Spieler im Training. In den Partien hat man gesehen, dass sich etwas entwickelt.
WIESE Tiefpunkt für mich war das Heimspiel gegen Mundenheim (18:24-Niederlage Anm. d. Red.). Das lag aber weniger am Ergebnis oder daran, wie wir aufgetreten sind. Sondern daran, wie wir personell aufgestellt waren. Kai und ich waren die einzigen Auswechselspieler. Wie wir teilweise antreten mussten, war für mich mitentscheidend dafür, dass wir in der Tabelle zunächst so weit hinten zu finden waren. Als Höhepunkt sehe ich ebenfalls die Rückrunde als Ganzes. Da haben wir stabil gespielt, vor allem zu Hause. Ganz wichtig war auch die Partie in Mülheim (Mülheim belegte am Ende Rang sechs, die VTZ gewann klar mit 32:25 Anm. d. Red.). Da haben wir zwei Punkte geholt, die nicht unbedingt eingeplant waren.

In den ersten acht Spielen landete Ihre Mannschaft keinen Sieg. Hand aufs Herz: Hatten Sie zu diesem Zeitpunkt Zweifel, dass der Kader die Qualität mitbringt, die Klasse zu halten?

SCHUMANN Wir waren uns schon vorher bewusst, dass wir ein schweres Auftaktprogramm haben. Die guten Gegner hatten wir in den Heimspielen und auswärts mussten wir oft in Hallen ran, in denen ohne Harz gespielt wird. Zweifel an der Qualität hatten wir aber nie. Wir haben in vielen Spielen, beispielsweise zu Hause gegen Saulheim (20:20), gezeigt welches Potenzial wir haben. Natürlich ist es unangenehm, wenn man nach Wochen mit nur einem Punkt im Keller steht. Aber die Ursachen waren uns bewusst. Wir konnten das einordnen.

Wie war damals die Stimmung in der Mannschaft? Hat auch das Team immer an sich geglaubt, oder war das Selbstvertrauen in der Phase im Keller?

SCHUMANN Natürlich ist die Stimmung besser, wenn man gewinnt, aber insgesamt haben wir das ganz gut gehandhabt. Die Mannschaft war sich auch immer bewusst, dass sie mehr kann und sich belohnen wird. Aber ja, das Selbstvertrauen ging in der Phase nicht unbedingt durch die Decke, was man dann auch an manchen Auftritten gesehen hat. Deswegen hoffen wir auch, dass wir in die neue Saison ein bisschen besser reinkommen.
WIESE Es ist klar, dass man nach acht Spielen ohne Sieg nicht vor Selbstvertrauen strotzt. Aber wir sind immer ruhig geblieben, sowohl die Mannschaft als auch wir als Trainer. Wir haben weiter gearbeitet, in dem Wissen, dass die Mannschaften, die wir schlagen müssen, noch zu uns kommen werden.

Herr Wiese, Ihr erstes Saisonspiel gewann die VTZ Ende November gegen Völklingen. Sie standen wieder auf der Platte – und waren auf Anhieb bester Schütze der VTZ. War Ihr Einsatz alleine der Personalsituation geschuldet? Oder hat dem Team ein erfahrener Anführer gefehlt?

WIESE Mein Einsatz war ganz klar der Personalsituation geschuldet. Mein Plan war, keinen Handball mehr zu spielen. Dass es dann so gekommen ist, hat sich erst während des Spiels ergeben.

Ab Ende vergangenen Jahres lief es für die VTZ besser. Ein Aufwärtstrend, der im neuen Jahr bestätigt wurde. Gab es einen Schlüsselmoment, bei dem es in der Mannschaft „Klick“ gemacht hat?

SCHUMANN Das hatte eher etwas mit dem Spielplan zu tun. Und mit der größer werdenden Personaldecke. Wir haben in der Winterpause noch zwei Spieler dazubekommen, was uns geholfen hat. Es gab kein besonderes Schlüsselerlebnis. Es war harte Arbeit, Stück für Stück das Niveau zu erhöhen. Mit jedem Erfolg ging es einen Schritt voran. Wichtig war der Moment, als wir den Klassenerhalt nach einer starken Serie wieder in den eigenen Händen hatten. Das Gefühl, nicht mehr auf die anderen schauen zu müssen, hat vieles einfacher gemacht.

Im Saarlandpokal kassierte Ihre Mannschaft bei den HF Illtal Anfang des Jahres eine 21:36-Packung. Rund zwei Monate später trotzte die VTZ dem gleichen Gegner auswärts ein Remis ab, hatte kurz vor Schluss sogar die Riesenchance per Siebenmeter auf den Sieg. Ein Beleg für die Entwicklung, die die Mannschaft genommen hat?

WIESE Das Pokalspiel würde ich bei der Bewertung ausklammern. Das war eine der Partien, zu der wir nur mit einer Handvoll Spieler angereist sind. Was die Mannschaft wirklich im Stande ist zu leisten, hat sie im Rückrundenspiel in Eppelborn gezeigt. Das war eine super Leistung, gerade die erste Hälfte. Das war vielleicht die beste der ganzen Saison. Auch wenn wir es nicht ganz nach Hause gebracht haben – der Punkt hat uns sehr viel Selbstvertrauen für den Rest der Saison gegeben.

Besonders ab Mitte Februar lief es für die VTZ immer besser. Von neun Spielen verlor Ihre Mannschaft nur eine. Fassen Sie kurz zusammen, was abgesehen von der Personalsituation der Unterschied zu den Auftritten vom Saisonbeginn war?

SCHUMANN Wir sind mit viel mehr Selbstbewusstsein in die entscheidenden Situationen gegangen. Spielerisch und taktisch haben wir an sich gar nicht viel verändert. Wir haben in der Abwehr ein bisschen mit der 5:1-Deckung variiert. Generell haben wir großen Wert auf die Abwehrarbeit gelegt und versucht, aus einer starken Defensive mehr Tempo ins Spiel nach vorne zu bringen. Da wir aus dem Positionsangriff noch nicht so gefestigt waren, war es wichtig, einfache Tore über den Gegenstoß zu erzielen. Die Winterneuzugänge Abdou Belhadi und Lasse Finck haben uns für diese Spielweise enorm geholfen. Der größte Unterschied war dann aber eben doch die Personalsituation: Mehr Spieler bedeutet, besser auf den Gegner oder die Tagesform reagieren zu können.

Die Neuzugänge Abdou Belhadi und Finn Lasse Finck haben also auch eine große Rolle bei dem Aufschwung gespielt?

WIESE Mit Abdou und Lasse haben wir Qualität gewonnen, sowohl im Spiel als auch im Training. Und sie haben uns in der Breite verstärkt. Es ist eine ganz andere Situation, wenn man wieder mit 13 oder 14 Spielern zu den Partien reisen kann.

Was war ausschlaggebend für Ihre Vertragsverlängerung bei der VTZ? War diese Formsache oder haben Sie ein wenig Bedenkzeit gebraucht? Und war Ihnen wichtig, den bestrittenen Weg als Trainer-Duo gemeinsam weiterzugehen?

SCHUMANN Das war eigentlich eine ganz kurze Geschichte. Zwischen Philip und mir funktioniert das gut. Wir wollten den gemeinsamen Weg, den wir eingeschlagen haben, weitergehen. Auch wenn der Job sehr kräftezehrend ist und auch mal in das Privatleben strahlt, werden wir mindestens ein Jahr weitermachen. Es ist ja auch ein Gesamtkonzept, was dahintersteckt. Mit Leuten wie Marek Galla bei der Jugend oder Christina Fischer in der sportlichen Leitung. Deswegen war uns klar, dass wir die Arbeit fortsetzen, aber eben auch nur als Duo. Keiner von uns würde das alleine durchziehen. Wegen der Belastung. Aber eben auch, weil wir der Meinung sind, dass wir uns gut ergänzen.
WIESE Das Projekt mit Kai zusammen war nie etwas, das kurzfristig angelegt war. Und wir haben ja immer noch keine Runde mit der Mannschaft gespielt, die nicht von Corona beeinflusst war. Das erhoffen wir uns in der kommenden Saison. Deswegen war für uns beide klar, dass es weitergehen soll.

Wie sieht es mit dem Kader der neuen Runde aus? Mit Finn Lasse Finck, Torwart Yannic Klöckner und Thomas Jung gehen wichtige Spieler. Sind die Abgänge zu kompensieren?

SCHUMANN Davon bin ich überzeugt. Natürlich hätten wir gerne den einen oder anderen behalten, aber ich denke, dass wir auf der Torhüterposition mit Norman Dentzer und Pascal Glöckner sehr gut besetzt sind. Mit Marian Graff haben wir einen Linkshänder verpflichtet, der auf der rechten Seite enorm viel Qualität mitbringt. Von daher sehe ich da keinen qualitativen Abfall. Wer uns mit seiner Spielintelligenz fehlen wird, ist Thomas Jung. Er ist jemand, der den Unterschied machen kann. Das müssen wir jetzt als Mannschaft auffangen.
WIESE Wir werden die Abgänge auch intern auffangen. Beispielsweise wird Dominik Rifel wieder mehr im Rückraum zum Einsatz kommen.

Was sind Ihre Ziele und Wünsche für die kommende Runde?

SCHUMANN Der oberste Wunsch wäre, dass uns Corona eine ganze Saison in Ruhe lässt und wir eine reguläre Runde spielen können. Die sportlichen Ziele sind, dass wir früher mit dem Punkten beginnen. Wir wollen uns im gesicherten Mittelfeld etablieren. Mit Budenheim auswärts und dann zu Hause gegen Homburg haben wir allerdings erneut ein Hammerprogramm zum Auftakt. Aber ich bin mir sicher: Diesmal sind wir gefestigter.

Wer sind die Favoriten auf die Meisterschaft?

SCHUMANN An erster Stelle natürlich der TV Homburg. Rein personell muss diese Mannschaft aufsteigen. Alles andere wäre eine Enttäuschung. Damit müssen sie umgehen können. Danach kommen die Mannschaften, die jetzt aus der 3. Liga abgestiegen sind, der SV 64 Zweibrücken und die SF Budenheim. Auch der TV Offenbach kann eine gute Rolle spielen.
WIESE Favorit ist der TV Homburg. Der hat einen Etat zur Verfügung, der nichts mehr mit Oberliga-Handball zu tun hat.

Die Oberliga-Handballer der VTZ Saarpfalz starten am kommenden Montag in die Vorbereitung. Die Saison beginnt dann Anfang September.