Triathlon Über die körperliche Grenze hinaus gehen

Zweibrücken · Triathlet Oliver Spurzem hofft, es bei der Militär-WM in Schweden über die ungewohnte olympische Distanz in allen Disziplinen zu schaffen.

 Ausgerechnet in seiner Paradediszipli – dem Laufen – weist der Körper Oliver Spurzem derzeit Grenzen auf.

Ausgerechnet in seiner Paradediszipli – dem Laufen – weist der Körper Oliver Spurzem derzeit Grenzen auf.

Foto: Svenja Hofer

Einen echten Ironman, einen Langdistanz-Triathleten kann doch in sportlicher Hinsicht nichts erschüttern. Eigentlich. Schließlich kämpft er sich über unfassbare 226 Kilometer im Wasser (3,86 km), auf dem Rad (180 km) und auf der Laufstrecke (42,295 km) stundenlang durch Wind und Hitze, geht stets über seine Grenzen hinaus. Da scheint doch der Umstieg auf die kurze olympische Distanz (1,5 km Schwimmen – 40 km Rad – 10 km Laufen) ein Klacks. „Ich sehne mich nach der Langdistanz“, sagt Oliver Spurzem jedoch nach monatelanger Vorbereitung voller Schmerzen auf den kürzeren Strecken, nach der Generalprobe zur Militär-Weltmeisterschaft vor zwei Wochen in den Niederlanden.

„Zwei Stunden lang am Stück Schmerzen – ganz andere als auf der Langdistanz – sind schon brutal. Hier geht’s einfach direkt zur Sache von Anfang bis Ende – das ist richtiger Stress“, sagt der 41-Jährige lachend.

So ist der Zweibrücker mit dem Test-Wettkampf zur Militär-WM an diesem Sonntag im schwedischen Lidköping mit seiner Zeit von 2:04 Stunden auch nicht ganz einverstanden. „Zwei Stunden im roten Bereich ist mein Körper scheinbar nicht gewohnt. Mit dem Laufen bin ich einfach nicht zufrieden“, erklärt der Stabsfeldwebel. Das Schwimmen war gut, auch auf dem Rad lief es mit einem 40er-Schnitt richtig rund. Die erhofften 3:45 Minuten pro Kilometer beim Laufen hat Spurzem in Biddinghuizen allerdings nur zwei Kilometer lang durchgehalten. „Ich ärgere mich da echt über mich selbst. Es kann nicht sein, dass ich 40 Minuten über zehn Kilometer brauche!“ Er sei einfach zu spät ins Laufen eingestiegen in dieser Vorbereitung. „Da habe ich einen Fehler gemacht. Ich habe mich zu sehr aufs Schwimmen und Radfahren fokussiert – das ja mit Erfolg. Diese Form in den beiden Disziplinen hätte ich mir im vergangenen Jahr gewünscht.“ Aber beim Laufen straft der Körper Spurzem derzeit im Wettkampf. „Das ist dann auch ein mentales Ding, wenn du weißt, das ist eigentlich deine Stärke, aber in jedem Wettkämpf streikt der Körper bei Zeiten unter vier Minuten pro Kilometer.“ Genau das sei über die Kurzdistanz aber einfach nötig.

Wichtig mit Blick auf die anstehende WM des CISM (Conseil International du Sport Militaire) mit der deutschen Nationalmannschaft in Schweden ist es nun, die Psyche im Griff zu behalten, keine Angst vor der eigentlichen Paradedisziplin zu entwickeln. „Angst habe ich derzeit aber vor allem vor der Wassertemperatur.“ Die liegt momentan bei 16 bis 17 Grad Celcius. „Wenn es dann draußen nicht so warm ist, erfrierst du aufm Rad.“ Und eigentlich hat Spurzem auch genau vor dieser Disziplin in Lidköping dann doch den größten Respekt. „Es ist das erste Windschattenrennen meiner Karriere – da habe ich fast Angst davor.“ In Gruppen zu fahren, ist der Langdistanzspezialist nicht gewöhnt, der sich sonst häufig einsam und allein über die Strecken quält. Bei einem Wettkampf in Spanien vor ein paar Wochen seien seine Nationalteamkollegen alle gestürzt. „So ein Radsturz kann alles kaputt machen“, betont der 41-Jährige. Um einem großen Radpulk bestmöglich zu entgehen, plant Spurzem, das Schwimmen „ganz hart anzugehen, um so schnell wie möglich auf die Radstrecke zu kommen“. Kurz hofft er dort, durchschnaufen zu können, um dann eine bessere Zeit über die abschließenden zehn Kilometer auf der Laufrunde hinlegen zu können. Dann ist auch die erhoffte Zeit unter zwei Stunden machbar. „Die war auch in Holland eigentlich drin – aber dieses komische Laufen“, hadert Spurzem immer wieder mit seiner Paradedisziplin.

Zum versöhnlichen Abschluss seiner Kurzdistanz-Saison soll das am Wochenende noch einmal ganz anders laufen. Um dann in seiner Altersklasse möglichst unter die TopTen zu kommen. Hauptsächlich will er in Lidköping allerdings „alles für das Team geben“. Auch wenn die deutsche Truppe als Mannschaft bestimmt keinen Stich machen werde. „Zumindest nicht gegen Russland – die haben uns in Holland schön vermöbelt“, erklärt Spurzem. Die gegnerische Mannschaft sei mit Weltcup-Triathleten am Start gewesen, einer kann sogar einen Olympiastart vorweisen. Doch zu einer WM fahre ein Sportler schließlich auch nicht alle Tage. Daher sei Oliver Spurzem wirklich froh, dabei zu sein. „Ich bin aber einer, der dann auch gerne liefert und rechtfertigt, dort starten zu dürfen. Und derzeit mache ich das eben nur in zwei Disziplinen.“ Das könnte sich am Sonntag aber ja auch noch ändern. Wenn der Kopf und die Beine frei sind.

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