Souveräner Flug zum Titel

Nürnberg · So cool wie eh und je, so als hätte es das Seuchenjahr 2014 nicht gegeben, ist der Zweibrücker Stabhochspringer Raphael Holzdeppe gestern mit neuer persönlicher Bestleistung von 5,94 Metern deutscher Meister geworden. Erstmals in seiner Karriere.

 Freude pur: LAZ-Stabhochspringer Raphael Holzdeppe nach seinem Flug über die 5,94 Meter – und damit zu DM-Gold. Foto: Birkenstock

Freude pur: LAZ-Stabhochspringer Raphael Holzdeppe nach seinem Flug über die 5,94 Meter – und damit zu DM-Gold. Foto: Birkenstock

Foto: Birkenstock

Schon in der Luft reißt Raphael Holzdeppe die Arme in die Höhe, schreit seine ganz Freude heraus. Fällt und fällt, nachdem er gerade im ersten Anlauf 5,94 Meter übersprungen hat. Erstmals ist der Stabhochspringer des LAZ Zweibrücken damit deutscher Meister. Nach dem Höhenflug über seine neue Bestleistung springt der 25-Jährige von der Matte, rennt über die Laufbahn, die Fäuste geballt. Klatscht durch den Zaun ab mit Trainer Andrei Tivontchik, mit dem zusammen Holzdeppe hart an dem Comeback nach der abgerochenen Saison 2014 und der Rückkehr aus München gearbeitet hat. Spätestens mit seinem ersten nationalen Titel ist der Weltmeister zurück. "Ich bin mit dem Wettkampf total zufrieden. Zuletzt war ich etwas müde. Wir haben im Training aber viel gearbeitet und ich bin froh, dass ich das jetzt auch umsetzen konnte", freut sich Holzdeppe nach dem Springen im Interview. Die Stärke des Zweibrückers hat auch der deutsche Hallenmeister Tobias Scherbarth anerkannt. Gleich nach dem Flug über 5,94 Meter nimmt er seinen Nationalmannschaftskollegen in die Arme, verneigt sich vor der Leistung. "Raphael war heute nicht zu schlagen", sagt er neidlos.

Beeindruckend Holzdeppes gesamter Auftritt im Nürnberger Grundig-Stadion. Erst bei 5,60 Metern, der Höhe des Bronzemedaillen-Gewinners Carlo Paech (Leverkusen), greift der Zweibrücker überhaupt zum Stab. Überquert sie mit links. Auch über die 5,70 Meter fliegt Holzdeppe ganz locker im ersten Versuch. Da Titelverteidiger Scherbarth (Leverkusen) nach einem Fehlversuch über 5,75 Meter seine Stäbe einpackt, als Silbermedaillengewinner nach Problemen in den vergangenen Wochen kein Risiko eingehen will, steht Raphael Holzdeppe als neuer deutscher Meister bereits fest.

Doch er will höher hinaus. Lässig wie eh und je lässt der 25-Jährige 5,80 und 5,85 Meter aus. Peilt mit 5,94 Metern eine neue persönliche Bestmarke sowie neuen deutschen Rekord - der bei 5,92 Metern liegt, gesprungen vor sieben Jahren von Tim Lobinger - an. Und auch diese Höhe meistert der Weltmeister ganz souverän im ersten Anlauf. Dass es danach zum neuen deutschen Rekord von 6,02 Metern nicht ganz gereicht hat, für den Stabartisten kein Beinbruch. Mit einem Salto rückwärts und dem Dank an die Zuschauer verabschiedet er sich lachend von der DM. "Hätte ich den Sprung genauso getroffen, wie den über die 5,94 Meter, wäre auch diese Höhe drin gewesen, aber wie mein Trainer sagt: Wer weiß, wofür es gut ist. Vielleicht springe ich die sechs Meter dann genau zum richtigen Zeitpunkt bei der WM."

Diese verspricht nach den steigenden Leistungen des Zweibrückers spannender zu werden, als viele noch vor Wochen zu träumen gewagt hätten. Zu groß war die Lücke zwischen Olympiasieger Renaud Lavillenie, der sich am Wochenende in London mit 6,03 Metern wieder zurückgemeldet hat, und seiner Konkurrenz. Doch Holzdeppe heftet sich dem Franzosen wieder an die Fersen, hat nun Platz zwei in der Weltjahres-Bestenliste übernommen.

Dass es bei Holzdeppe wieder so rund läuft nach dem Seuchenjahr, daran habe auch der Rückwechsel nach Zweibrücken seinen Anteil: "Das ganze Umfeld ist super, mit Trainer Andrei Tivontchik, Freunden und Familie. Auch die Trainingsbedingungen sind top. Im Moment sieht es so aus, als passe alles perfekt zusammen", sagt er grinsend.

Nicht ganz so perfekt läuft es derzeit in den Wettkämpfen für den zweiten LAZ-Stabhochspringer im Feld. Daniel Clemens musste sich mit 5,40 Metern und damit Platz sechs zufriedengeben.

Hussong an Podest vorbei

Zunächst nicht ganz einverstanden mit ihrem vierten Platz in dem Topfeld ist gestern Nachmittag LAZ-Speerwerferin Christin Hussong. Die 21-Jährige hatte sich zum Ziel gesetzt, nicht als DM-Vierte zur Weltmeisterschaft Ende August nach Peking zu fahren, doch mit der Weite von 61,19 Metern zeigte sie sich gestern dennoch zufrieden. Und im Grunde sei ja auch ein "vierter Platz hinter den anderen drei Damen vollkommen okay", erklärt Hussong. Die anderen drei sind schließlich keine geringeren als Weltmeisterin Christina Obergföll, Katharina Molitor und Linda Stahl, die gestern die Treppchenplätze unter sich ausmachten. Molitor schleuderte ihr Wurfgerät mit 65,40 Metern am weitesten, gefolgt von Obergföll mit 64,11 Metern und Stahl mit 62,57 Metern. "Jetzt heißt es fit werden, um in Peking weit werfen zu können", spornt sich Christin Hussong gleich nach der DM wieder an.

Zwei weitere Frauen des LAZ Zweibrücken sammelten in Nürnberg Erfahrungen. Sprinterin Sina Mayer belegte über die 100 Meter Rang 16 in 11,83 Sekunden. Es siegte Verena Sailer (Mannheim) in 11,20 Sekunden. LAZ-Stabhochspringerin Anna Felzmann kam am Samstag nicht ganz an ihre Bestmarke von 4,40 Metern heran. Sie belegte mit 4,25 Metern Rang sieben. Die ehemalige LAZ-Athletin Lisa Ryzih (Ludwigshafen) war mit 4,60 Metern nicht zu schlagen.

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