EHC Zweibrücken Auf Inline-Skates ins Eishockey-Nationalteam

Zweibrücken · Sofía Thierolf Fernández vom EHC Zweibrücken trifft am Wochenende mit der U16-Eishockey-Nationalmannschaft auf Frankreich. Und nur einen Monat später stehen die Olympischen Jugendspiele auf dem Programm.

 Sofía Thierolf Fernandez jagt im U16-Nationalteam dem Puck nach.

Sofía Thierolf Fernandez jagt im U16-Nationalteam dem Puck nach.

Foto: Elena Fernández

Es begann alles damit, dass Sofía Thierolf Fernández sich in Spanien ihre Inline-Skates an die Füße schnallte und mit einer Freundin durch die Nachbarschaft düste. Als sie zufällig auf einige Hockeyspieler aufmerksam wurde, war sie sofort fasziniert. Dass dieser Moment ausschlaggebend dafür sein würde, dass sie Jahre später das Trikot der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft trägt, hätte sich die heute 14-Jährige damals nicht vorstellen können. Genau genommen war es für die Spielerin, die auch für den EHC Zweibrücken auf dem Eis steht, noch Anfang des Jahres unvorstellbar. Erst im letzten August nahm sie an ihrem ersten Nationalmannschaftslehrgang der U16 teil, im September gab sie ihr Länderspiel-Debüt gegen Tschechien. Und die nächsten Einsätze stehen schon vor der Tür. Am Samstag und am Sonntag bestreitet sie in Mulhouse mit der DEB-Auswahl zwei Partien gegen die U16 Frankreichs.

Der vorläufige Höhepunkt in der sportlichen Laufbahn folgt aber rund einen Monat später. Sofía Thierolf Fernández ist vor wenigen Wochen in den Kader für die Youth Olympic Games vom 9. bis 22. Januar in Lausanne (Schweiz) berufen worden. „Im letzten halben Jahr ist so viel passiert – das habe ich noch gar nicht alles verarbeitet“, sagt die gebürtige Bambergerin, die im Alter von drei Jahren mit ihrer Familie zunächst nach Spanien gezogen war.

Ihre Liebe zu den flotten Inline-Skates und der Faszination für Hockey brachte sie zunächst mit „Inline-Skaterhockey“ auf einen Nenner. Ein in den USA populär gewordener Sport, der in einer dem Eishockey ähnlichen Ausrüstung, aber auf Skates oder zum Teil noch auf traditionellen Rollschuhen gespielt wird. Als die Familie nach Deutschland zurückzog, schloss sich Sofía den Saar-Pirates an, die den Sport als einer der wenigen Vereine in der Region ausübten. Für die Pirates spielt Sofía heute noch in der Jugendbundesliga. Doch die Saison findet nur über einen begrenzten Zeitraum im Sommer statt. Das war ihr nicht genug. Seit sie zehn Jahre alt ist, spielt sie auch Eishockey für den EHC Zweibrücken. In dieser Saison läuft sie zusammen mit den Jungs für die U15 auf. Weil in ihrer Spielklasse aber nur noch drei weitere Teams an den Start gehen, lastet sie auch der kurze Ligabetrieb bei den Hornets nicht komplett aus. Mit einer Doppellizenz spielt sie daher noch für das Frauenteam der Mad Dogs Mannheim 1b.

Ihren Eltern zu erklären, dass sie mit Eishockey einen Sport betreiben will, bei dem man nur selten ohne Schramme nach Hause kommt, sei „ganz unproblematisch“ gewesen. Auch ihre drei Jahre ältere Schwester Lucia jagt auf dem Eis dem Puck hinterher. „Der Teamgeist, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mannschaft“, sei das, was sie am Eishockey am meisten begeistere, schwärmt die Stürmerin.

Als wäre das Pensum von Sofía Thierolf Fernández nicht hoch genug, ist sie seit neustem auch noch Eishockey-Jugend-Nationalspielerin. Zwar hat sie bereits 2018 für eine deutsche Auswahl (Germany Selects U14) internationale Spiele bestritten. Allerdings hätte diese Auswahl mit der „richtigen“ Nationalmannschaft nichts zu tun, erklärt sie. Dieter Feth, der Jugendleiter des EHCZ habe schließlich in diesem Jahr bei Sofías Mutter Elena angerufen und ihr die frohe Nachricht überbracht, dass der Deutsche Eishockeybund (DEB) ihre Tochter in den U16-Kader berufen habe. Sie selbst stimmte die Nachricht im ersten Moment gar nicht ausschließlich froh. „Ich war stolz, aufgeregt – aber auch geschockt. Der Gedanke, dass ich jetzt mein Land repräsentiere, hat mich ein wenig nervös gemacht.“ Diese Nervosität war auch noch nicht verflogen, als sie im September ihre ersten Länderspiele bestritt. „Aber ich hab es mir schlimmer vorgestellt. Als die Nationalhymnen erstmal gespielt waren, hat es sich gelegt“, erinnert sich Thierolf Fernández. Die beiden Vergleiche verlor das von Daniel Bartell trainierte deutsche Team mit 0:4 und 0:2. „Wir hatten in dieser Konstellation noch nicht oft zusammen trainiert, waren nicht eingespielt. Aber Tschechien war auch richtig stark, körperlich überlegen. Wir haben uns ein paar Chancen rausgespielt. Aber die Niederlagen waren verdient“, berichtet die 14-Jährige. Sie sei zwar keine gute Verliererin, habe sich geärgert, „aber ich heule deswegen auch nicht zwei Tage rum“. Die französische Mannschaft, auf die Deutschland am Wochenende trifft, kenne sie von anderen Turnieren. Sie sei nicht ganz so stark wie Tschechien, meint Sofía, die die amerikanische Nationalspielerin Hilary Knight aus der Profiliga NWHL (National Women‘s Hockey League) als ihr Vorbild bezeichnet.

Dass die Schülerin des Saarbrücker Rotenbühl-Gymnasiums Anfang nächsten Jahres zu den Youth Olympic Games fahren darf, hat sie nicht erwartet. Nur 15 der 21 Feldspielerinnen im Kader dürfen die Reise antreten. Sofía war neu im Team und hatte seit August keine Gelegenheit mehr, den Trainer in einem Lehrgang zu überzeugen. Nun freut sie sich neben der sportlichen Erfahrung auch auf das olympische Dorf in Lausanne, in dem rund 3000 Nachwuchsathleten aus aller Welt ihre Zelte aufschlagen. Eine echte Verschnaufpause zum Jahreswechsel gibt es für sie nicht. „Die will ich auch gar nicht. Ich will durchziehen und richtig fit sein, wenn es in die Schweiz geht.“ Nur an den Weihnachtsfeiertagen will sie kurz Luft holen und mit der Familie feiern.

Um für die anspruchsvollen Konditions- und Leistungstests bei der Nationalmannschaft gerüstet zu sein, treibt sie neben dem Training in Mannheim und Zweibrücken auch privat viel Sport. Klimmzüge, Liegestütze, Steigerungsläufe. So sieht das tägliche Programm der 14-Jährigen aus – mal zu Hause, mal im Fitnessstudio. Ihr straffes Pensum mit der Schule in Einklang zu bringen, fällt aber auch einem Energiebündel wie Sofía nicht leicht. Vor kurzem hat sie deshalb mit dem Klavierspielen aufgehört. „Es war einfach zu zeitaufwendig. Ich will meinen Fokus außerhalb der Schule auf Eishockey legen, ich will unbedingt sehen, was ich erreichen kann.“

Das hört sich ganz so an, als würde es im Leben von Sofía Thierolf Fernández auch nächstes Jahr spannend werden – obwohl sie das letzte doch noch gar nicht ganz verarbeitet hat.

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