Schwungvoll aufs nächste Level

Christin Hussong ist in der europäischen Spitze angekommen. In rasantem Tempo. Ambitioniert erschien ihr Anfang des Jahres formuliertes Ziel: EM-Teilnahme. Zwar war klar, dass durch die Babypause von Weltmeisterin Christina Obergföll ein Platz im deutschen Aufgebot für die EM in Zürich frei würde.

Doch die Speerwurfkonkurrenz bei den deutschen Frauen ist groß, die geforderte EM-Norm von 60,50 Metern hatte die 20-jährige zum damaligen Zeitpunkt noch nie geworfen. Doch das ehrgeizige und erfolgreiche Duo aus Christin und Vater sowie Trainer Udo Hussong arbeitet zielstrebig auf das Großereignis hin. Umfang und Intensität des Trainings wurden im ersten Jahr als Aktive erhöht, an der Technik der U20-Vizeeuropameisterin gefeilt. Mit zahlreichen Würfen nah an die 60er Marke heran präsentiert sich im Sommer die Herschbergerin, die Ende 2012 aufgrund der besseren Trainingsmöglichkeiten ihren Wechsel von Thaleischweiler zum LAZ Zweibrücken vollzog. Dann geht plötzlich alles sehr schnell, sehr weit. Nachdem Hussong ihre drei Jahre alte Bestleistung steigert, knackt die Biologie- und Sportstudentin im Juni die magische 60er Marke. Mitte Juli pulverisiert sie beim Sieg in Luzern mit 63,34 Metern die EM-Norm - überrascht sich mit diesem Wurf gar ein bisschen selbst. Katapultiert sich in der Weltjahresbestenliste unter die Top Ten, auf Rang fünf in Europa. Das EM-Ticket damit so gut wie in der Tasche, macht Hussong dieses mit Bronze bei ihrer zweiten Deutschen Aktivenmeisterschaft perfekt. Scheinbar locker purzeln die Bestweiten.

Bei der EM in Zürich sind es nicht Stabhochsprung-Weltmeister Raphael Holzdeppe und Kristina Gadschiew (Achillessehnenabriss), die im Rampenlicht stehen. Als eine der jüngsten Athletinnen des deutschen Aufgebots vertritt Christin Hussong überraschend als einzige LAZ-Sportlerin die Farben Deutschlands. Das aber mit Bravour. Als beste Deutsche wirft sie sich mit ihrem zweitbesten Wurf der Karriere (61,13m) unbekümmert ins Finale. Zwar wird die 20-Jährige nicht ganz zufrieden sein mit ihrer dort erzielten Weite, doch mit Platz sieben hat Hussong nicht nur ihr Ziel erreicht, zwei Auftritte im Letzigrundstadion hinlegen zu dürfen, sondern wirft sich unter die besten Acht Europas, lässt mit Katharina Molitor eine der deutschen Spitzenwerferinnen hinter sich. Eine Belohnung für die harte Trainingsarbeit, die Entbehrungen - und Motivation, genau so weiterzumachen.

Es ist eine Sache, große Erfolge im Juniorenbereich zu feiern. Auch hierfür sind Talent, gepaart mit Trainingsfleiß, Durchhaltevermögen und Ehrgeiz gefragt. Doch nicht immer gelingt Sportlern der Transfer dieser Erfolge und guten Leistungen in den Aktivenbereich. Christin Hussong ist dieser Sprung aufs nächste Level mit Leichtigkeit gelungen. Sie überzeugt bei ihrem ersten internationalen Großereignis der Aktiven nicht nur mit ihrer sportlichen Hochleistung, die junge Pfälzerin verkauft sich vor der für sie ungewohnt hohen Anzahl an Zuschauern, Kameras und in ihren Interviews als eine sympathische, talentierte Nachwuchsathletin, die für die Zukunft hoffen lässt.

Wird der zielstrebige Weg von Vater und Tochter Hussong so weitergeführt, braucht sich Christin auch bei der Rückkehr von Christina Obergföll im nationalen Vergleich mit den anderen Athletinnen nicht zu verstecken. Und kann ihrem Traum Richtung Rio 2016 weiter mit großen und mutigen Schritten entgegengehen.

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