Olympia-Bann als Anfang eines „Krieges“ gegen Doping

Kassel · Nach dem Olympia-Ausschluss der russischen Leichtathleten könnte der Kampf gegen Doping eine neue Qualität bekommen. Das IOC kündigte an, „weitere weitreichende Maßnahmen“ initiieren zu wollen.

Mit dem historischen Urteil, Russlands Leichtathleten von der Weltbühne zu verbannen, hat der Weltverband IAAF das Signal für ein Großreinemachen in weiteren Sportarten und Doping-Krisenländern gegeben. "Wenn wir mit unserer Entscheidung einen Fahrplan oder eine Vorlage für andere Sportarten gegeben haben, ist das eine positive Sache", sagte IAAF-Präsident Sebastian Coe.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) kündigte in einer Erklärung zum IAAF-Urteil an, "weitere weitreichende Maßnahmen " initiieren zu wollen, "um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Athleten bei den Olympischen Spielen in Rio sicherzustellen". So soll auf dem Gipfeltreffen des IOC mit seinen Mitgliedsorganisationen morgen in Lausanne explizit über Länder gesprochen werden, deren nationales Anti-Doping-System nicht regelkonform ist. Neben Russland sind rund 50 Tage vor den Rio-Spielen auch Kenia und Mexiko von der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada als nicht olympiatauglich erklärt worden. Nach dem IAAF-Signal droht ihnen ebenfalls das Olympia-Aus.

Möglich ist ebenso, dass Russland vom IOC sogar komplett von den ersten Spielen in Südamerika ausgeschlossen wird, wenn die Wada-Kommission unter Leitung von Richard McLaren mit ihren Ermittlungen bestätigt, dass der Vorwurf der Manipulation von Doping-Proben im Kontrolllabor bei den Winterspielen 2014 in Sotschi zutreffen sollte. Laborleiter Grigori Rodschenkow hatte berichtet, mit Hilfe eines russischen Geheimdienstes hunderte positiver Proben eigener Athleten verschwinden lassen zu haben. Der Wada-Report soll bis zum 15. Juli vorliegen. McLaren gab schon mal eine Kostprobe seines Wissens. Es habe "ausreichend erhärtete Beweise" für "staatlich gelenkte Manipulationen" von Doping-Proben im Moskauer Labor gegeben - und das mindestens von 2011 bis zur Leichtathletik-WM 2013 in der russischen Hauptstadt. Wurde das auch bei der Schwimm-WM 2015 in Kasan so gehandhabt? Rodschenkow hat offenbar auch den Schwimmern angeboten, positive Proben gegen Geld verschwinden zu lassen.

"Russland hat nicht nur ein Problem mit der Leichtathletik, sondern mit der gesamten Sportorganisation", sagte der deutsche Leichtathletik-Chef Clemens Prokop. "Das IOC ist gut beraten, über einen Gesamtausschluss Russlands nachzudenken." Die "New York Times" wies darauf hin, dass die Russen kein "Doping-Monopol" haben. "Das müssen wir, aus dem Land von Lance Armstrong und Marion Jones , einräumen", schreibt das Blatt.

Der Zorn und die Enttäuschung in Russland sind auch Tage nach dem am Freitag in Wien beschlossenen Olympia-Rauswurf groß. "Natürlich ist das unfair", sagte Präsident Wladimir Putin und kritisierte die für ihn unzulässige Kollektivstrafe, gegen die die Geher Denis Nichegorodow und Swetlana Wassiljewa eine Klage vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas ankündigten: "Wir wollen unser Recht", wird Nichegorodow, Olympia-Zweiter von 2004, zitiert. Auch Stabhochsprung-Olympiasiegerin Jelena Issinbajewa hatte angekündigt, um ihr Recht kämpfen zu wollen. "Ich bin traurig und zugleich böse", sagte die 34-Jährige, "niemand hat unsere Rechte geschützt".

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