Doping Null Toleranz für Doping im Pferdesport

Zweibrücken · Teil drei der Merkur-Serie zum Thema Doping: Diesmal geht es um das Verabreichen leistungsfördernder Mittel an Pferde.

 Pferde leistungssteigernde Mittelchen spritzen – dagegen gibt es eine ganze Reihe von Kontrollen. Diejenigen der Landeskommission LK finden nach einem ganz besonderen Zufallsprinzip statt.

Pferde leistungssteigernde Mittelchen spritzen – dagegen gibt es eine ganze Reihe von Kontrollen. Diejenigen der Landeskommission LK finden nach einem ganz besonderen Zufallsprinzip statt.

Foto: picture alliance / dpa/Friso Gentsch

Dient die Dopingkontrolle in jeder anderen Sportart dem Vermeiden eines unerlaubten Wettbewerbsvorteils, spielen im Pferdesport hingegen gleich zwei Argumente eine Rolle. Noch bedeutender als eine gezielte Leistungsförderung ist hier vor allem das Thema Schmerzvermeidung und damit der Tierschutz.

In Rheinland-Pfalz ist die Landeskommission LK im Auftrag der Deutschen Reiterlichen Vereinigung FN für die Dopingkontrolle zuständig. „Wir bestimmen dafür wahllos Turniere, zumeist im Rahmen der Wettbewerbsordnung LPO, innerhalb dieser Turniere wahllos eine Prüfung und aus dieser Prüfung einen bestimmten Start oder Rangierungsplatz“, erklärt Annika Stahl, stellvertretende Geschäftsführerin der Landeskommission Rheinland-Pfalz. So wird bei Turnier xy beispielsweise der fünfte Starter in einem L-Springen oder auch der Bronzegewinner in der A-Dressur kontrolliert. „Niemand weiß im weiten Vorfeld genau, welcher Reiter mit welchem Pferd dies sein wird und noch nicht einmal, ob er aus Rheinland-Pfalz stammt oder ein Gastreiter ist“, betont sie die reine Zufälligkeit, die damit auch jeden Turnierreiter bei jedem Start treffen kann. Im vergangenen Jahr wurden in Rheinland-Pfalz bei
Dressur-, Spring- oder Vielseitigkeitsturnieren 81 Proben gezogen. Davon sei ein einziger Gastreiter aus dem Rheinland aufgefallen, allerdings nicht wegen Doping, sondern wegen unerlaubter Medikation. Insgesamt seien in den letzten zehn Jahren fünf rheinland-pfälzische Reiter bei Medikationskontrollen positiv gewesen, davon zwei in den letzten fünf
Jahren seit 2012. Zusätzlich wurden im Rahmen des Tierschutzes 4100 Pferde bei Leistungsschauen kontrolliert, auf ordnungsgemäßes Sattel- und Zaumzeug sowie auf korrekte Bandagierung.
„Wir müssen ganz klar unterscheiden zwischen einem bewussten und gezielten Doping oder einer unzulässigen Medikation“, betont Tierarzt Kai Kreling aus Waldalgesheim, der sowohl für die nationale als auch die internationale Reitervereinigung FN und FEI Tierärzte zum Thema Doping und Dopingkontrolle schult und ausbildet. Mit Rücksicht auf das Tierwohl
herrsche in Deutschland eine Null-Toleranz gegenüber selbst homöopatischen oder pflanzlichen Mitteln, die zur Leistungssteigerung bei einem Turnier eingesetzt werden könnten. Missachte ein Reiter die Karenzzeit, die Zeit, in der sich ein Medikament nach einer Behandlung im Pferdekörper abbaut, werde bei einer Kontrolle durch die hoch sensible Technik ein unerlaubter Restbestand nachgewiesen. Ausgelesen werden alle Turnierproben aus Deutschland in der darauf spezialisierten Klinik in Hannover unter einer Nummer. So können auch die Ärzte dort niemals Reiter- oder Pferdenamen kennen. Das Thema Doping im Pferdesport ist gerade in Deutschland unter dem kritischen Blick zahlreicher Tierschutz-Organisationen besonders sensibel. Aus diesem Grund hat die Deutsche Reiterliche Vereinigung FN vor zwei Jahren die Anpassung ihrer Liste der unerlaubten Medikamente sowie der Karenzzeit an das Reglement der Internationalen Reiterlichen Vereinigung FEI abgelehnt. „Wir sind viel strenger“, betont Kai Kreling. So dürfe ein Reiter etwa in einer anspruchsvollen internationalen Prüfung satteln, während sein Pferd für eine niedrigere, nationale Prüfung noch nicht zugelassen sei.

„Wie lange dauert die Karenzzeit?“ Das ist daher auch die erste Frage, die Profireiter Steffen Hauter vom Großsteinhauserhof seinem Tierarzt stellt, wenn eines seiner Springpferde behandelt werden muss. „Ich lasse ein Pferd lieber noch eine Woche länger zu Hause, als ein Risiko einzugehen, das teuer wird und meinen Ruf schädigt“ sagt der Profi, der auch auf internationalen Turnieren sattelt. Trotz seiner wissentlich weißen Weste sei es immer wieder mit Spannung verbunden, wenn die Wahl der Dopingkontrolle auf ihn falle. „Auf dem Turnier ist schnell einmal etwas in den Futtertrog gegeben, was niemand bemerkt“, erklärt er. Sein behandelnder Tierarzt, Dr. Oliver Genot aus Zweibrücken, besitzt ebenfalls eine internationale Zulassung und ist zudem Renntierarzt. Dieser erklärt: „Ich komme nur zum Einsatz, wenn Blut gezapft werden muss. Im Regelfall wird eine Urinprobe genommen.“ Bei Pferderennen etwa in Zweibrücken, Saarbrücken oder Miesau werden an jedem Renntag in jedem Wettbewerb gleich mehrere Pferde getestet, ebenso wahllos wie im Turniersport. Zuständig für die strikte Kontrolle ist hierbei der Dachverband für Vollblutzucht und Rennsport. Wird hier ein Reiter erwischt, verliert er seine Lizenz und zahlt Strafen zwischen 5000 und­ 10 000 Euro. „Doping lohnt sich nie“, findet der ehemalige Baden-Badener Renntierarzt. Er sagt: „Ich glaube, dass bei 80 bis 90 Prozent aller Fälle, in denen eine unerlaubte Medikation entdeckt wird, die Reiter das Gesetz nicht brechen wollten.“ Er sieht Unwissenheit oder einen zu laxen Umgang damit als Haupt­ursachen. Die Landeskommission
sensibilisiert nach Auskunft von Annika Stahl ihre Kaderreiter deshalb gezielt für das Thema. „Wenn unsere Pferde nicht vollkommen fit sind, bleiben sie ohnehin zu Hause. Dann gehören sie nicht aufs Turnier“, erklärt Tanja Roth aus Merzalben. Das Wohl der Tiere gehe weit über jeden Ehrgeiz. Sie betreut ihre zwölfjährige Tochter Carla, die für den RSC Gestüt Etzenbacher Mühle startet, sowie deren Pferde, und begrüßt das gesetzliche Auge auf den Tierschutz. Die Dopingkontrolle im Pferdesport wird dabei ausschließlich an den vierbeinigen Athleten vorgenommen. Die Reiter sind für sich selbst verantwortlich und werden nicht kontrolliert.

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