Mit 90 noch fit wie ein Turnschuh

ZWEIBRÜCKEN · In vielen Sportvereinen gibt es Unikate, die mit Leib und Seele dabei sind. In loser Abfolge stellt der Merkur einige von ihnen vor. Heute im neunten Teil: Dorothea Stalter, die aus der Gymnastikgruppe der VTZ nicht mehr wegzudenken ist.

 Die 90-jährige „Dorle“ Dorothea Stalter (sitzend auf dem roten Ball) während der letzten Trainingsstunde inmitten ihrer Gymnastikgruppe der VT Zweibrücken. Foto: Volker Baumann

Die 90-jährige „Dorle“ Dorothea Stalter (sitzend auf dem roten Ball) während der letzten Trainingsstunde inmitten ihrer Gymnastikgruppe der VT Zweibrücken. Foto: Volker Baumann

Foto: Volker Baumann

Dorothea Stalter, bei allen nur als "es Dorle" bekannt, feiert heute ihren 90. Geburtstag und wirkt doch, als hätte sie diesen noch mindestens ein Jahrzehnt vor sich. Die Gymnastikgruppe der Seniorinnen bei der VT Zweibrücken unter Trainerin Elisabeth Heim ist stolz auf die rüstige Dame, die schon seit Jahrzehnten mit aktiv und in der Riege nicht wegzudenken ist. Genau so geht es der Jubilarin, die sich jede Woche auf das montägliche Fitnessprogramm und, wie sie sagt, auf die tolle Gemeinschaft unter den Frauen freut. Da tritt sie auch noch gerne um 20 Uhr in Gymnastikkleidung an und macht die Übungen mit. Man will ja schließlich nicht einrosten, sondern die 100 ins Visier nehmen. "Meist sind es über 40 Frauen, die an der Gymnastikstunde teilnehmen, über 60 sind angemeldet", ist Elisabeth Heim stolz auf das Interesse am Seniorensport.

Die Dorle, geborene Schöneberger, stammt aus Niederauerbach, wo sie in einer, wie sie extra betont, "wunderbaren Kindheit" aufwuchs und in den Kindergarten und die Schule ging. Sie ist die Tante der bekannten Schauspielerin, Entertainerin und Moderatorin Barbara Schöneberger. Die Eltern führten ein überall bekanntes Porzellangeschäft.

Bei der Evakuierung 1939 musste die Familie in die Nähe von Rüsselsheim umziehen und der Vater habe mit mehreren Lastwagen das Geschäftsinventar nachgebracht, um den Verkauf am neuen Wohnort fortsetzen zu können. Nach einem Jahr habe man wieder zurückgekonnt. 1944 musste die 17-jährige Dorothea zum Arbeitsdienst nach Kusel und wurde bei der Wehrmacht Flakhelferin in Bochum. Als sie nach Greifswald abgeordnet wurde, konnte sie nach Travemünde flüchten. "Ich wurde ein halbes Jahr vermisst und meine Eltern waren überglücklich, als ich plötzlich, mit der Hilfe zweier Frauen, zuhause wieder auftauchte", erzählt sie die aufregenden Ereignisse während des Krieges.

1949 heiratete sie Erwin Stalter und führte und bewirtschaftete mit diesem und den Schwiegereltern zusammen die berühmte Gaststätte "Rote Laterne", das heutige "San Remo" von 1949 bis 1970. "Da haben wir täglich 60 bis 65 Essen an die damalige Kommandantur geliefert und wir hatten damals sogar 33 Betten zum Übernachten. Bei uns gab's immer gut bürgerliches Essen wie Bratwurst, Schnitzel, aber auch Lammfleisch. Wir hatten 2000 Schafe auf den Weiden vom Flugplatzgelände in Richtung Bitsch", schwärmt die Seniorin von ihrer Zeit in der Gastronomie und fügt stolz hinzu: "Bei unseren Jahresfesten im November kamen immer bis zu 35 Hasen und vier bis fünf Rehe am Wochenende auf den Tisch".

Dorle, die seit 1970 im Ehrgartenweg in Zweibrücken wohnt, hat zwei Söhne und zwei Enkel, die regelmäßig zu Besuch kommen und ihr auch den heutigen Ehrentag verschönern. Auch alle Frauen aus der Gymnastikgruppe gratulieren natürlich und der nächste Trainingstag dürfte ein ganz besonderer werden.

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