LAZ-Speerwerferin Christin Hussong Die längere Zeit bis zu den Spielen „gut genutzt“

Zweibrücken · Christin Hussong biegt in der Olympia-Vorbereitung auf die Zielgerade ein. Die Speerwerferin des LAZ Zweibrücken, die die Norm bereits in der Tasche hat, hofft nach einem ungewöhnlichen Jahr, sich zuvor in Wettkämpfen die nötige Sicherheit holen zu können – um dann eine Medaille aus Tokio mitzubringen.

 Bei den aus dem Vorjahr verschobenen Olympischen Spielen in Tokio peilt LAZ-Speerwerferin Christin Hussong eine Medaille an.

Bei den aus dem Vorjahr verschobenen Olympischen Spielen in Tokio peilt LAZ-Speerwerferin Christin Hussong eine Medaille an.

Foto: maw/Martin Wittenmeier

Dass die aus 2020 verschobenen Olympischen Spiele in Tokio, die in gut 140 Tagen beginnen sollen, in diesem Jahr auch tatsächlich stattfinden, daran will Christin Hussong einfach nicht zweifeln. „Ich gehe davon aus. Wenn ich jetzt einfach sagen würde: Oh ich glaube das findet eh nicht statt – keine Ahnung, wofür ich dann trainieren sollte“, macht die Speerwerferin des LAZ Zweibrücken deutlich, dass der Glaube an die Austragung allein für die Motivation enorm wichtig ist. „Ich bin aber auch grundsätzlich jemand, der positiv denkt.“ Ob oder in welchem Rahmen die Wettkämpfe in Tokio dann letzten Endes tatsächlich ablaufen, „das kann mir keiner sagen. Auch kein Thomas Bach (Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Anm. d. Red.).“ Es könne schließlich sein, dass die Situation im Juli oder August wieder eine ganz andere ist. „Vor zwölf, 13 Monaten hätte auch keiner gedacht, dass Corona uns ein Jahr später immer noch so belastet. Aber ich persönlich plane auf Olympia hin.“

In den letzten Zügen auf ihre zweite Olympia-Teilnahme hingearbeitet, das hatte die 26-Jährige auch im vergangenen Jahr bereits. Bis die Corona-Pandemie kam. Und die Sommerspiele verschoben wurden. Nach der ersten Bestürzung sei es Hussong aber nicht schwer gefallen, sich nochmal für die verkürzte Sommersaison, für das Training anzuspornen. „Bei mir ging das erstaunlicherweise richtig gut. Ich hatte keine Probleme damit, dass ich in ein Motivationstief gefallen wäre.“ Und so hat die Herschbergerin 2020 wie im Vorbeigehen ihren vierten DM-Titel eingefahren und mit der Saisonbestleistung von 64,10 Metern erneut die Olympianorm geknackt. „Ansonsten habe ich mir einfach gesagt: Du musst die Zeit, die du jetzt mehr hast bis zu den Spielen, einfach nutzen. Um mich für die kommenden Jahre, die mir noch bevorstehen – es geht ja nicht nur um diese Olympia-Saison – insgesamt nochmal zu steigern“, erklärt die noch immer amtierende Europameisterin. Denn auch die für den vergangenen August geplante EM in Paris fiel der Corona-Pandemie zum Opfer.

Statt um EM- und Olympia-Medaillen zu kämpfen, hat die Speerwerferin so eben gemeinsam mit Vater und Trainer Udo Hussong ihre Technik umgestellt und fleißig im Kraft- sowie Athletikbereich gearbeitet. „Diese Zeit hätte ich ansonsten ja nie gehabt“, sagt die LAZ-Athletin. „Von daher habe ich das alles positiv genommen. Es war ja eine Situation, die ich ohnehin nicht beeinflussen konnte. Ich musste es so nehmen, wie es ist – das hat mir eigentlich ganz gut weitergeholfen, auch vom Kopf her“, würde die Herschbergerin trotz Verschiebung der Spiele, trotz EM-Absage nie behaupten, dass das vergangene Jahr für die Katz’ gewesen sei. „Ich denke, ich habe die Zeit ganz gut genutzt.“ Daher geht sie auch zuversichtlich in die erneute Olympia-Saison.

Die Vorbereitung darauf in den vergangenen Monaten sei bislang reibungslos gewesen. „Ich bin gesund, das Training läuft sehr gut – von daher ist alles im Plan“, sagt Hussong. Nach der Technikumstellung im Vorjahr, dem Aufbau ab Oktober, schweißtreibendem Krafttraining, liegt der Schwerpunkt seit dieser Woche darin, möglichst viele Würfe zu absolvieren. „Ich kann ja Gott sei Dank trainieren. Ich bin auch dankbar dafür, dass wir Leistungs- beziehungsweise Berufssportler das dürfen“, erklärt sie, dass der Lockdown sie bei ihrem täglichen Schuften auf das große Ziel hin kaum beeinträchtigt. „Aber ich denke, es ist klar, dass die Lockdown-Situation mittlerweile jeden Menschen belastet. Wir alle hoffen, dass es bald besser wird, dass es dann immer weniger wird, was man nicht machen darf, dass alles wieder ein bisschen normaler wird.“

Läuft für die deutsche Meisterin, die eine Bestweite von 67,90 Metern stehen hat, weiter alles wie vorgesehen, dann „geht es hoffentlich nächste Woche ins Trainingslager“ ins türkische Belek. „So ist es geplant“, erklärt Hussong, die in dieser unsicheren Lage gerade nicht über mehrere Wochen im Voraus, sondern von Woche zu Woche schaut.

Nur zu gerne hätte sie ihre Form erstmals wieder Mitte März beim Europäischen Winterwurf-Cup in Portugal getestet. Aber dieser Wettkampf wurde abgesagt. „Ich hätte werfen wollen, dann hätten wir auch das Trainingslager ein bisschen anders gelegt.“ Obwohl auch das zu Pandemie-Zeiten schwierig geworden wäre. „Es ist ja eine etwas besondere Planung, weil wir dieses Mal alle zur gleichen Zeit ins Trainingslager müssen. Das findet ja in einer Blase statt, vorgegeben durch das Hygienekonzept von DLV und Hotel“, erklärt die LAZ-Athletin.

Grundsätzlich passe der Zeitpunkt des Trainingslagers aber in ihre Saisonplanung. Das grobe Gerüst dafür steht. „Wir müssen jetzt abwarten, ob das alles letztendlich ausgetragen wird oder nicht.“ So bleibt diese gewisse Unsicherheit mit Blick auf das gesamte Wettkampfjahr. „Die Meetings werden normal geplant. Aber wie es dann letztendlich aussieht?“ Da bleiben weiter viele Fragen offen: Finden die Wettkämpfe alle statt? Dürfen die Athleten einreisen? Wie sieht es mit den Impfungen aus? Liegt in manchen Ländern eine Impfpflicht vor? „Das werden wir sehen – aber momentan gehen wir einfach mal davon aus, dass alles stattfindet.“ Auch die Olympischen Spiele.

Für die Christin Hussong die Sicherheit der bereits mehrfach absolvierten Norm (64,00 m) im Rücken hat. Daher ist der WM-Vierten von 2019 zumindest die Ungewissheit genommen, ob es überhaupt ausreichend Qualifikationsmöglichkeiten auf dem Weg nach Tokio geben wird. „Ich denke, durch meine Weiten in den vergangenen beiden Jahren stehe ich schon ganz gut da“, ist sie zuversichtlich. Wichtig sei es jedoch sich über die Wettkämpfe im Vorfeld die nötige Sicherheit zu holen. „Einfach, dass sich alles stabilisiert – das ist etwas anderes als im Training. Man braucht diese Sicherheit, um dann bei Olympia, wenn es stattfindet, auch weit werfen zu können.“

Dass im vergangenen Sommer und nun sogar unterm Hallendach ein paar Meetings durchgezogen werden konnten, stimmt Hussong optimistisch. „Ich denke, wir hoffen alle, dass möglichst viele Wettkämpfe stattfinden werden. Und draußen ist es dann ja doch nochmal einfacher, Meetings auszurichten, als in der Halle.“

Bevor Christin Hussong sich aber erstmals in diesem Jahr mit der Konkurrenz misst, steht Anfang Mai ein weiteres Trainingslager an. „Danach werde ich hoffentlich mit den ersten Wettkämpfen in die Saison starten.“ Mit der Zwischenstation Deutsche Meisterschaften in Braunschweig Anfang Juni geht es dann auf die Zielgerade Richtung Tokio. „So weit ist es dann gar nicht mehr“, sagt die 26-Jährige. „Wenn das erste Trainingslager rum ist, haben wir Ende März, dann ist plötzlich schon Ostern und dann stehen schon die ersten Wettkämpfe bevor. Für uns Sportler geht das jetzt relativ schnell.“ Für Hussong selbst zu ihren zweiten Olympischen Spielen. Nach Rio 2016. Von wo sie damals nicht ganz zufrieden nach Hause zurückkehrte. Nach einem starken Jahr, in dem die LAZ-Athletin zuvor mit 66,41 Metern erstmals deutsche Meisterin wurde, sich im Vierkampf mit Christina Obergföll, Linda Stahl und Katharina Molitor um die drei Olympia-Tickets durchsetzte, kam sie im Finale im Maracana-Stadion über 57,70 Meter nicht hinaus. Platz zwölf.

 Bei ihrem Debüt bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 war Christin Hussong mit ihrem Finalauftritt nicht zufrieden.

Bei ihrem Debüt bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 war Christin Hussong mit ihrem Finalauftritt nicht zufrieden.

Foto: picture alliance / dpa/Lukas Schulze

Dass dieser Rang der derzeit besten deutschen Speerwerferin am Freitag, 6. August, im Finale der Olympische Spiele 2021 in Tokio bei weitem nicht reichen würde, zeigt ihr Wunsch für das Sportjahr. Christin Hussong hofft, „dass wir alle in Tokio tolle Spiele haben und ich von dort auch etwas mit nach Hause bringe – und kein Corona“, sagt die Speerwerferin beim Gedanken an eine Olympia-Medaille mit einem Lachen – und ganz ohne Zweifel.

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