Dritte Handball-Liga Corona sperrt Löwen in die eigenen vier Wände

Zweibrücken · Drittliga-Handballer und Trainer des SV 64 Zweibrücken stehen wegen eines Corona-Falls im Team bis Ende Oktober unter Quarantäne. Partie in Kaiserslautern ist abgesagt. Wegen zahlreicher weiterer Spielausfälle in der Liga drohen beim ohnehin straffen Spielplan noch mehr englische Wochen: Das sei für Amateure nicht zu stemmen, sagt SV-Coach Stefan Bullacher.

  So nah kommt Stefan Bullacher (rechts) seinen Spielern vom SV 64 Zweibrücken derzeit nicht. Der Coach und das Team befinden sich bis Ende Oktober in Quarantäne. Das Wichtigste: Keinem Spieler gehe es schlecht, sagt der Trainer.

So nah kommt Stefan Bullacher (rechts) seinen Spielern vom SV 64 Zweibrücken derzeit nicht. Der Coach und das Team befinden sich bis Ende Oktober in Quarantäne. Das Wichtigste: Keinem Spieler gehe es schlecht, sagt der Trainer.

Foto: Norbert Schwarz

Stefan Bullacher klingt am Telefon ganz entspannt. Und das obwohl der Trainer des Handball-Drittligisten SV 64 Zweibrücken derzeit quasi ein Gefangener in den eigenen vier Wänden ist. Bullacher steht unter Quarantäne – genau wie die komplette Mannschaft der Zweibrücker Löwen. „Ja, uns geht es allen gut, nein, einen Lagerkoller hat nach so kurzer Zeit noch niemand“, flachst der 51-Jährige.

Am Montag war der Bescheid des Gesundheitsamtes beim SV 64 eingetroffen, der die 14-tägige Quarantäne anordnete. Zuvor war zunächst eine Person aus dem Umfeld eines Zweibrücker Spielers positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Der Spieler selbst zeigte zwar keine Symptome – doch sein Test ergab, dass auch er sich angesteckt hatte. Daraufhin wurde bereits die Partie der Zweibrücker gegen die TSG Haßloch, die am letzten Samstag hätte stattfinden sollen, abgesagt.

Doch bei diesem Spielausfall wird es nicht bleiben. Auch die für nächsten Samstag angesetzte Partie beim TuS Kaiserslautern-Dansenberg kann der SV 64 nicht bestreiten. Da der Stichtag der 14-tägigen Quarantäne ab dem letzten Kontakt des infizierten Spielers mit dem Rest des Teams berechnet wird, dürfen die Zweibrücker und ihr Coach zumindest schon am Donnerstag kommender Woche wieder ihre Wohnungen verlassen. Der SV 64 könnte also zwei Tage später sein Heimspiel gegen Bullachers Ex-Club TV Hochdorf bestreiten. „Dann würden wir vorher nur ein Mal trainieren – aber das ist dann eben so“, gibt sich der Coach gelassen.

Dabei scheint die Fortsetzung der Handball-Saison derzeit ungewisser denn je. Corona-Fälle gab es in der dritten Liga nicht nur bei den 64ern, sondern auch beim Leichlinger TV und der HSG Groß-Bieberau/Modau. Zahlreiche Partien sind bereits ausgefallen und müssen neu angesetzt werden. In den Spielklassen darunter, der Oberliga RPS und der Saarlandliga fanden am letzten Wochenende gar keine Spiele statt. Und werden es auch am kommenden Wochenende nicht. Schließlich sind das komplette Saarland und Teile der Südwestpfalz Risikogebiet.

Dass die Runde in der dritten Liga unter diesen Umständen im aktuellen Modus fortgesetzt wird, hält Bullacher für fragwürdig: „Man muss keine höhere Mathematik studiert haben, um zu sehen, dass das eigentlich nicht funktionieren kann“, sagt der Trainer. Der „Ur-Plan“ des deutschen Handballverbandes habe 34 Ligaspiele in 34 Wochen vorgesehen. Damit die Spieler zumindest an Weihnachten, Neujahr und Ostern nicht auf der Platte stehen müssen, wurden drei englische Wochen anberaumt. „Jetzt wären es bei uns bereits 32 Spiele in 27 Wochen. Wie das klappen soll – da fehlt mir die Fantasie. Und Corona beginnt ja gerade erst wieder überzuschwappen“, sagt Bullacher und seufzt.

Er befürwortet, die Saison in einem anderen Modus fortzusetzen. Die 72 Teams der dritten Liga sind aktuell auf vier Staffeln verteilt. „Bildet man sechs Staffeln à zwölf Mannschaften, haben wir zehn Partien weniger. Dann müsste man aber in den nächsten zwei bis drei Wochen handeln. Warten heißt, im Januar vor demselben Problem zu stehen“, sagt Bullacher.

So recht daran glauben, dass derlei Gedankenspiele Gehör finden, mag der 51-Jährige aber nicht. Er vermutet, dass die Runde mit noch mehr englischen Wochen durchgepeitscht werden soll. Der sportliche Wert jener Partien sei dann überschaubar. „Bei unserem ersten Auswärtsspiel in Bad Neustadt waren wir zwölf Stunden unterwegs. Wie soll sowas ständig unter der Woche gehen? Wenn man vernünftig draufschaut, ist das mit Amateuren nicht zu bewältigen. Die Jungs sind Leistungssportler – aber sie sind auch berufstätig. Sie können ja nicht ständig Urlaub nehmen. Da werden dann Teams mit einer Rumpftruppe am Mittwochabend in Köln auflaufen, nur damit die Partie irgendwie stattgefunden hat“, glaubt Bullacher. Ein sportlich fairer Wettbewerb sehe anders aus.

Der Forderung des Ligakonkurrenten Groß Bieberau/Modau nach Corona-Schnelltests vor jeder Partie kann der Coach sich nicht anschließen. „Das sind 100 000 Euro pro Verein. Ein Gesamtvolumen von 1,8 Millionen – nur für die Staffel Mitte der dritten Liga. Das ist doch realitätsfern.“

Allzu viel hadern angesichts des Damoklesschwertes, das über der Fortsetzung der Runde schwebt, möchte Bullacher aber nicht. Mit seinen Spielern stehe er über eine WhatsApp-Gruppe in Kontakt. Keiner zeige Symptome, auch der nachweislich infizierte Spieler nicht. „Allen scheint es gut zu gehen, das ist das Wichtigste. Klar wären wir alle lieber bei der Arbeit, an der Uni oder im Handballtraining. Aber dass uns ein bisschen unserer Zeit genommen wird, ist ein Miniproblem. Da gibt es ganz andere Schicksale.“

Die Freude über die Saison in der dritten Liga wollen sich Bullacher und sein Team, das als Aufsteiger bislang einen blendenden Eindruck hinterlassen hat, durch Corona nicht nehmen lassen. Zum Auftakt unterlag der SV 64 zwar ohne Leistungsträger Tim Götz in Bad Neustadt ganz knapp (20:21), gewann aber das folgende Heimspiel gegen den TV Kirchzell deutlich mit 28:21.

„Klar waren da weniger Zuschauer als sonst, aber die Stimmung war trotzdem spitze. Wir fühlen uns in der dritten Liga pudelwohl und wollen jede einzelne Minute genießen.“

Deshalb ist für Bullacher eines klar: „Ob wir so weiterspielen wie bisher oder in einem anderen Modus – wir haben total Bock auf die Saison. Egal wie es dann personell aussieht – wir treten auch unter der Woche an. Hauptsache kein Saisonabbruch – das wäre für uns richtig schlimm.“ Deutlich schlimmer etwa, als ein paar Tage Gefangener in den eigenen vier Wänden zu sein.

Neben der ersten Mannschaft des SV 64 befinden sich auch vier Spieler des Saarlandliga-Teams in Quarantäne, die mit der Drittligamannschaft trainiert hatten. Die Oberliga-Frauen oder Jugendmannschaften des SV sind nicht betroffen.

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