Judo-WM mit JCZ-Beteiligung „Druck ist nie ein guter Begleiter“

Zweibrücken/Budapest · Bei der Weltmeisterschaft in Budapest bestreiten die deutschen Judoka ihre Generalprobe für die Olympischen Spiele. Einige müssen jedoch das Tokio-Ticket noch absichern. Zu denen gehört auch Jasmin Grabowski vom 1. JC Zweibrücken.

 Für JCZ-Judoka Jasmin Grabowski ist es um die sicher geglaubte Olympia-Qualifikation noch einmal spannend geworden. Mit einem guten WM-Auftritt kann sie das Tokio-Ticket aber absichern.

Für JCZ-Judoka Jasmin Grabowski ist es um die sicher geglaubte Olympia-Qualifikation noch einmal spannend geworden. Mit einem guten WM-Auftritt kann sie das Tokio-Ticket aber absichern.

Foto: dpa/Felix Kastle

Der Kampf um das Olympia-Ticket ist nochmal spannend geworden. Deutlich spannender als es Jasmin Grabowski lieb ist. Nach dem Rückzug der deutschen Athleten vom Grand Slam in Tiflis Ende März, wo es mehrere Corona-Fälle gab, und nach dem folgenden Verzicht auf den Start beim Grand Slam im türkischen Antalya ist die Judoka des 1. JC Zweibrücken in der Olympia-Rangliste um fünf Plätze abgerutscht. Und damit genau einen hinter die direkten Quali-Plätze. Die zuvor so sicher geglaubte Teilnahme an ihren zweiten Olympischen Spielen ist für die Schwergewichtskämpferin (über 78 Kilogramm) in Gefahr geraten. Doch ein letzter Wettkampf bleibt der 29-Jährigen, um noch Punkte für die Tokio-Rangliste zu sammeln: Die Weltmeisterschaft im ungarischen Budapest.

Für die einen bedeuten die Titelkämpfe in dieser Woche die letzte Chance, um noch sicher auf den Zug zu den Olympischen Spielen (23. Juli bis 8. August) aufzuspringen, die anderen nutzen diese als letzten Formtest vor dem Großereignis im Mutterland des Judo in Japan. So auch die zweite JCZ-Starterin Martyna Trajdos, die als derzeit Achte des Olympia-Rankings der Gewichtsklasse bis 63 Kilogramm bereits fest für Tokio planen kann.

An das Worst-Case-Szenario, dass ihr der lang ersehnte Start bei den aus 2020 verschobenen Sommerspielen doch noch verwehrt bleiben könnte, daran will Jasmin Grabowski „auf keinen Fall“ denken. Daran, dass die harte Arbeit der vergangenen fünf Jahre, das Zurückkämpfen nach ihren Schulteroperationen, all das Quälen für Nichts gewesen wäre.

Und trotz des Verlustes ihrer Anfang des Jahres noch so komfortablen Ausgangssituation, trotz der Ungewissheit, die nun auf den letzten Metern vor Tokio mitschwingt, sieht es die Pfälzerin als die richtige Entscheidung, nach Tiflis auch auf den Start in Antalya verzichtet zu haben. „Mir war bewusst, dass ich im Olympia-Ranking abrutschen kann, aber das hat auf meine Entscheidung, nicht zu starten, keinen Einfluss genommen“, erklärt Grabowski, dass die Athleten sich für den Verzicht auf den Türkei-Grand-Slam ausgesprochen hatten. „In der Situation waren mir meine Gesundheit und alles andere einfach wichtiger als die Tatsache, dass ich dadurch mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit in der Olympia-Quali abrutsche.“ Was dann auch geschehen ist. Von Rang 21, den die JCZ-Judoka noch im März belegt hatte, ging es auf 26. Nur die besten 18 der „bereinigten Liste“ einer Gewichtsklasse lösen jedoch das Tokio-Ticket. Pro Nation und Gewichtsklasse ist nur ein Athlet bei den Sommerspielen dabei. Da aber Länder wie Japan, Brasilien, Frankreich, China oder Südkorea im Schwergewicht der Frauen zwei oder sogar drei Athletinnen in ihren Reihen haben, die aktuell vor Grabowski platziert sind, rutscht diese in dem bereinigten Ranking wieder einige Positionen nach oben. Als derzeit 19. wäre sie aber nicht mehr direkt qualifiziert. Weitere Olympiatickets werden allerdings über sogenannte „kontinentale Quotenplätze“ vergeben, wo Grabowski gute Chancen hätte, wie dem Olympia-Ranking der International Judo Federation (IJF) zu entnehmen ist. Lediglich zwölf mickrige Punkte trennen Grabowski (2246) – in Anbetracht des langen Quali-Zeitraums – aber auch nur von der vor ihr liegenden Slowenin Anamari Velensek (2258). Nicht unmöglich also, die Konkurrentin durch einen guten Auftritt in Ungarn nochmal zu überholen. Doch mit diesem Herumrechnen will sich die EM-Zweite von 2015 vor der WM gar nicht erst beschäftigen. „Es ist doof gelaufen, aber ich habe mir die Qualifikations-Liste jetzt auch nicht weiter angeschaut. Und das werde ich auch nicht. Ich kann momentan ohnehin nichts an der Situation ändern“, erklärt Grabowski und fügt an: „Und weil ich den aktuell genauen Stand nicht weiß, bin ich auch relativ entspannt.“

Eine zu große Last spürt die Schwergewichtskämpferin vor den Kämpfen in Budapest demnach nicht. „Mit Druck machst Du das ja eh nie besser, egal, was du kämpfst. Ob das eine Deutsche ist, eine Landesmeisterschaft oder eben eine WM“, sagt die erfahrene Judoka. „Druck ist nie ein guter Begleiter“, betont die gebürtige Böhl-Iggelheimerin, die am Samstag auf die Matte geht und sich vornimmt, „einfach mein Bestes zu geben, mit meiner Leistung zufrieden zu sein und natürlich mit einem bestmöglichen Ergebnis nach Hause zu fahren. Im besten Falle heißt das eben, dass ich weit vorne lande“.

Das war ihr bei dem für die Quali ebenfalls so wichtigen Grand Slam im russischen Kasan Anfang Mai nicht gelungen. „Da lief es einfach nicht“, erklärt Grabowski, dass sie keinen bestimmten Grund dafür ausmachen könne, warum für sie nach nur einem Kampf schon wieder Schluss war. „Ich habe mir das mit meinem Stützpunkttrainer nochmal angeschaut. Wir haben beschlossen, wir haken den Wettkampf einfach ab, der existiert einfach nicht.“, sagt sie mit einem Lachen. „Es war eigentlich ein guter Kampf – man will es ja nie darauf schieben – aber es war an dem Tag schon auch eine schlechte Kampfrichterleistung, die mich den Sieg in der Gruppenphase gekostet hat. Es hat einfach nicht sollen sein.“

Mit der nötigen Sicherheit und Wettkampfhärte, die Grabowski vor den Spielen hatte sammeln wollen, hat es somit nicht wie erhofft funktioniert. Dass will sie am Samstag in der László-Papp-Arena in Budapest nachholen. Allerdings hat die JCZ-Kämpferin nicht gerade eine leichte Auslosung erwischt. Die Nummer 26 der Welt, die am Dienstag nach Ungarn aufbricht, bekommt es in ihrem Auftaktkampf mit der Weltranglisten-32. Milica Zabic (Serbien) zu tun. Für die Siegerin dieses Kampfes geht es anschließend gegen Nazgul Maratova aus Kasachstan (58. der Welt).

Bereits am Mittwoch greift Grabowskis Vereins- und Nationalmannschaftskollegin Martyna Trajdos in den Kampf um die WM-Medaillen ein. Die Achte der Weltrangliste trifft in der Klasse bis 63 Kilogramm nach einem Freilos dann auf die Siegerin des Duells zwischen der Italienerin Maria Centracchio (Nummer 26 der Welt) und der Serbin Anja Obradovic (Nummer 55). Bei ihrer Olympia-Generalprobe soll es für die EM-Dritte des Vorjahres auch wieder weiter nach vorne gehen als zuletzt beim Grand Slam in Kasan, wo Trajdos Siebte wurde.

 Der EM-Dritten Martyna Trajdos (in Blau) dienen die WM-Titelkämpfe in Budapest vor allem als Formtest für Tokio.

Der EM-Dritten Martyna Trajdos (in Blau) dienen die WM-Titelkämpfe in Budapest vor allem als Formtest für Tokio.

Foto: dpa/Vít Šimánek

„Es ist die letzte Möglichkeit vor den Olympischen Spielen, dass wir schauen, wo wir insgesamt als olympisches DJB-Team stehen“, sagte Daniel Keller, Präsident des Deutschen Judo-Bundes (DJB) vor dem Start der WM am Wochenende. Das wird dann auch Jasmin Grabowski nach Budapest, wo die lange Olympia-Qualifikationsphase zu Ende geht, sehen. Und, dass sie nach dem unverhofft nochmal so engen Rennen um die Tickets dann in Tokio bei ihren zweiten Olympischen Spielen nach Rio 2016 tatsächlich dabei sein wird, „davon gehen wir jetzt einfach mal ganz fest aus“, sagt die 29-Jährige selbstsicher.

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