Jahresrückblick 2018 Mit einem Traumwurf in die Weltspitze

Zweibrücken · Ein Name steht beim Blick auf das Sportjahr in Zweibrücken ganz oben: Christin Hussong, die sich in Berlin den EM-Titel sicherte. Ein außergewöhnliches Jahr hat auch Handballerin Amelie Berger hinter sich.

 Kaum zu fassen: LAZ-Speerwerferin Christin Hussong kann ihren Goldwurf auf sagenhafte 67,90 Meter bei der Europameisterschaft in Berlin selbst kaum glauben.

Kaum zu fassen: LAZ-Speerwerferin Christin Hussong kann ihren Goldwurf auf sagenhafte 67,90 Meter bei der Europameisterschaft in Berlin selbst kaum glauben.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Den internationalen Durchbruch zu schaffen, ist das ganz große Ziel eines jeden Sportlers. Trotz harter Arbeit ist dieser nicht jedem tatsächlich vergönnt. Einer Athletin des LAZ Zweibrücken ist der Sprung in die Weltspitze 2018 allerdings in eindrucksvoller Manier gelungen: Speerwerferin Christin Hussong.

Schon mit Tränen in den Augen lief sie bei der Europameisterschaft zu ihrem letzten Versuch an – da stand der Sieg schon fest. Auf der Anlaufbahn sackte Hussong danach auf die Knie, schlug die Hände vors Gesicht, konnte es kaum fassen: Gerade hatte sie sich vor 48 457 Zuschauern im Berliner Olympiastadion die Goldmedaille gesichert. Mit neuer Bestleistung von 67,90 Meter katapultierte sich die 24-Jährige zum bislang größten Erfolg ihrer Karriere. Was für ein Traumwurf! Gleich im ersten Versuch blies sie alle Nervosität weg – und schockte die Konkurrenz. Erneut. Denn es war eine Medaille mit Ansage. Bereits in der Quali hatte Hussong ein dickes Ausrufezeichen gesetzt. Gleich mit ihrem ersten Wurf stellte sie mit 67,29 Metern eine neue Bestmarke auf. Mit der Weite, der Drittbesten einer deutschen Speerwerferin überhaupt, hätte sie bei den vergangenen fünf Europameisterschaften den Titel gewonnen. Im Finale warf die LAZ-Athletin in ihrer eigenen Liga, distanzierte die Kontrahentinnen um sagenhafte 6,05 Meter. „Ich wusste, wenn ich super drauf bin, kann ich um eine Medaille mitwerfen. Aber dass es Gold wurde, kann ich kaum glauben“, sagte Hussong nach ihrem Erfolg. Dabei hätte sogar ihr zweitbester Wurf des Abends zum ersten internationalen Aktiventitel gereicht. Der Durchbruch auf der ganz großen Bühne für die 24-Jährige aus dem gut 800-Seelen-Dorf Herschberg.

Und für genau diesen hat Hussong, die schon U18-Welt- und U23-Europameisterin war, unglaublich hart gearbeitet. Von der Verunsicherung nach dem jeweils bitteren Aus in der Quali bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 sowie bei der WM 2017 in London war nichts mehr zu spüren. Schon im ersten Freiluftwettkampf, den Halleschen Werfertagen, schleuderte die Studentin ihr Wurfgerät auf 66,36 Meter. Damit blieb sie gerade einmal fünf Zentimeter unter ihrer Bestleistung, mit der sie 2016 deutsche Meisterin wurde. Nach Belieben hat Hussong auch die Konkurrenz bei der DM in Nürnberg beherrscht, und mit fast sieben Metern Vorsprung (63,36 m) ihren zweiten Titel gewonnen. Dann folgte ihr Glanzstück bei der EM. „Viele Leute sagten, dass ich nicht in der Lage sei, bei einem großen Aktiven-Wettbewerb und in einem großen Stadion weit zu werfen.“ Christin Hussong hat 2018 das Gegenteil bewiesen.

Eine harte Bruchlandung bei der Heim-EM erlitt hingegen Hussongs Vereinskollege Raphael Holzdeppe. Der Stabhochspringer kam überhaupt nicht ins Fliegen. Er scheiterte in der Quali an seiner Einstiegshöhe von 5,51 Metern. Erneut ein Salto nullo bei einem Großereignis. Bereits im WM-Finale 2017 musste der heute 29-Jährige diese bittere Erfahrung machen. Bereits bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 war nach der Quali Schluss. „Es ist extrem enttäuschend. Die letzten drei Jahre sind ernüchternd“, sagte Holzdeppe nach dem Wettkampf. In den spektakulären Fight um die EM-Krone konnte der Zweibrücker nicht eingreifen. Im Finale setzte sich der erst 18 Jahre alte Schwede Armand Duplantis mit sensationellen 6,05 Metern vor dem Russen Timur Morgunow (6,00 m) und dem französischen Hallen-Weltrekordler Renaud Lavillenie (5,95 m) durch.

Dabei hatte das Wettkampfjahr für Holzdeppe ordentlich angefangen. Im Februar sprang er in Karlsruhe mit 5,88 Metern Weltjahresbestleistung, bezwang den französischen Überflieger Renaud Lavillenie. Hoffnung kam auf, in diesem Jahr wieder ganz hoch fliegen, in der Weltspitze mitmischen zu können. Nach der Verteidigung des deutschen Hallentitels in Dortmund (5,68 m) sicherte sich Holzdeppe erstmals die Teilnahme an einer Hallen-WM im britischen Birmingham. „Ich habe gezeigt, dass ich wieder da bin“, zeigte er sich davor selbstsicher. Obgleich ihm bewusst war, „dass 5,88 für den Titel hier nicht reichen werden“. Mit 5,80 Metern und Rang fünf zeigte der Zweibrücker einen guten WM-Auftritt, der Sieg aber ging an Lavillenie (5,90 m). Nach dem Athletics World Cup in London (5,75 m) kam Holzdeppe nicht mehr richtig in Schwung und musste die Saison mit der großen Enttäuschung von Berlin beenden.

Ein Seuchenjahr hat LAZ-Sprinterin Sina Mayer hinter sich. Nach der überragenden Saison 2017, in der sie mit 11,25 Sekunden die fünftschnellste Frau Deutschlands war, zudem mit Bronze bei der U23-EM ihre erste internationale Medaille feierte, musste die 23-Jährige die Wintersaison wegen einer hartnäckigen Erkältung sausen lassen. Im Sommer kam Mayer nur schwer in Tritt. Ohne große Erwartungen angereist, sicherte sie bei der DM über 100 Meter Platz sechs (11,69 sek). Mit einer Saisonbestmarke von 11,52 Sekunden ging sie in die Pause.

Eine neue Bestleistung stellte nach fünf Jahren Wartezeit Stabhochspringer Daniel Clemens auf. Beim vereinseigenen Himmelsstürmer-Cup überflog er 5,61 Meter und knackte damit erstmals die Norm für eine internationale Meisterschaft. Als DM-Dritter verpasste er die EM-Teilnahme jedoch denkbar knapp. Disziplinkollege Nico Fremgen ließ mit 5,10 Metern aufhorchen. Bei der U23-DM landete er mit 4,90 Metern auf Rang sieben. Die deutsche Vizemeisterschaft holte Fremgen im Leichtathletik-Fünfkampf. Um nur 0,29 Punkte verpasste der 21-Jährige in Einbeck seinen siebten Titel in Folge haarscharf. Ebenfalls Silber ging dort im Jahn-Sechskampf an Amelie Kiehm von der VT Zweibrücken. Bei den deutschen Mehrkampf-Meisterschaften lag die 17-Jährige lange auf Goldkurs. Mit nur 0,058 Punkten Rückstand auf die Erstplatzierte musste sie sich geschlagen geben.

Einen starken DM-Auftritt legte Moritz Bartels hin. Bei den deutschen Freiwassermeisterschaften in Mölln sicherte der Schwimmer der WSF Zweibrücken die Goldmedaille über zehn Kilometer der Männer. Eigentlich hatte er sich „nur“ zum Ziel gesetzt, den Titel in seiner Altersklasse 20 zu verteidigen. Dass es am Ende für ganz vorne in der offenen Klasse reichte, hat Bartels selbst überrascht. „Das ist ziemlich cool“, erklärte der US-Student, der Platz vier über fünf Kilometer nachlegte. Bei der DM im Becken landete Bartels über die 800 und 1500 Meter je auf Rang drei der Junioren. Im Feld der Männer wurde er damit Vierter.

Bartels ehemalige Vereinskollegin Marlene Hüther, die im vergangenen Jahr zur Neckarsulmer Sport-Union gewechselt war, sicherte bei der Langbahn-DM im Juli Bronze über 100 Meter Brust. Edelmetall gab es zudem mit der Staffel. Als Startschwimmerin fuhr die 20-Jährige mit ihrem Team in neuem deutschen Rekord (3:53,91min) den Titel über die 4x100-Meter-Lagen ein. Silber gab es in der Freistilstaffel. Bei der Kurzbahn-DM fischte die Dietrichingerin zum Jahresabschluss Einzelsilber über die 100 Lagen aus dem Becken. Auch hier sicherte die 20-Jährige mit der Staffel zwei Mal Edelmetall. Den Sieg erkämpfte Neckarsulm mit der Mixed-Staffel, Bronze gab es zudem über die 4x50-Meter-Lagen.

In den DSV-Nachwuchskader ist der zwölfjährige WSF-Schwimmer Michael Raje berufen worden, der den deutschen Jahrgangstitel im Brustmehrkampf gewonnen hatte. Daraufhin wurde der zwölfjährige Saarlandmeister der offenen Klasse in den DSV-Nachwuchskader berufen.

Ein wahrhaft ereignisreiches Jahr hat Handballerin Amelie Berger hinter sich: Deutsche A-Jugendmeisterin mit Bayer Leverkusen, mit dem Bundesliga-Damenteam knapp den Europacup verpasst, daneben erfolgreich das Abitur abgelegt, sich bei der U20-WM in Ungarn mit dem deutschen Nachwuchs-Nationalteam bis ins Achtelfinale gespielt, dann das Studium an der Deutschen Sporthochschule in Köln aufgenommen. Das allein hätte für ein außergewöhnliches Jahr ausgereicht – doch der ganz große Höhepunkt sollte noch folgen. Erstmals ist die Zweibrückerin für die Aktiven-Europameisterschaft nominiert worden. „Es ist der Wahnsinn, jetzt noch in Frankreich dabei zu sein“, freute sich die 19-Jährige, die ihr Debüt im A-Nationalteam Ende September beim Test gegen Russland (31:35) gab, nach der Berufung in den EM-Kader. Gleich im ersten Gruppenspiel bekam Berger die Chance, sich zu zeigen. Sie tat es mit zwei Toren. „Das waren unglaubliche Momente. Ich bin sehr stolz.“ Wenn der Medaillentraum der deutschen Frauen mit Platz neun auch platzte, wird das Turnier in Frankreich für Amelie Berger unvergessen bleiben – wie das gesamte Jahr 2018.

Lieber vergessen würde Judoka Jasmin Külbs die schwere Zeit nach ihrer erneuten Schulterverletzung, der zweiten Operation im März und diese quälenden Momente der Ungewissheit, ob sie, überhaupt noch einmal auf die Judomatte, auf der sie seit 23 Jahren steht, zurückkehren kann. Doch sie kann. Im November bestritt die Schwergewichtskämpferin des 1. JC Zweibrücken ihren ersten Wettkampf nach Reha und Aufbautraining. Den harten Schlag mitten in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Tokio 2020 hat die 27-Jährige weggesteckt. „Das war schon eine harte Zeit für mich“, erklärte Külbs. Doch mit neuem Mut blickt sie nach vorne. Mit einem ganz großen Traum vor Augen: ihre zweite Olympia-Teilnahme.

Auf ein großes Ziel hat Oliver Spurzem hin gearbeitet. Zwar hat der Triathlet der WSF Zweibrücken in diesem Jahr auf die Ironman-WM auf Hawaii verzichtet, sich auf neue Wege begeben. Doch alles mit dem Plan, sich perfekt auf seine vierte Teilnahme am legendärsten Triathlon der Welt 2019 vorzubereiten. In einer nahezu perfekten Saison ist es dem 41-Jährigen gelungen, diesen Plan umzusetzen. Mehr noch. Die für ihn ungewohnte Kurzdistanz-Saison mit der Militärnationalmannschaft beendete der Stabsfeldwebel mit Bronze bei CISM-WM in Schweden. Beim kräftezehrenden und nicht ungefährlichen Ironman 70.3 Coronado in Kalifornien (USA) sicherte Spurzem durch den Top-Ten-Platz und Altersklassen-Rang zwei bereits das Ticket für Hawaii 2019. Als Bonus erhielt er das Startrecht für die Halbdistanz-WM in Nizza. Ohne großen Druck, noch die Quali schaffen zu müssen, kann sich der Zweibrücker vollkommen befreit auf Hawaii vorbereiten – um womöglich endlich die Zehn-Stunden-Marke zu knacken.

Schnell geplatzt ist der große Traum vom WM-Gold für Jakob Styben. Bei den Muaythai-Titelkämpfen im mexikanischen Cancun im Mai musste er sich in seinem Auftaktkampf knapp geschlagen geben. Der Zweibrücker hat sich dann aber nur einen Monat später den Europameistertitel der IKBF (International Kick Boxing Federation) gesichert. „Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“

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