„In Nachwuchsausbildung viel Luft nach oben“

Zweibrücken. Vor knapp zwei Wochen hat Raphaél Laghnej überraschend das Traineramt beim SVN Zweibrücken übernommen, nachdem das punktlose Schlusslicht der Fußball-Oberliga Sorin Radu entlassen hatte. Im Gespräch mit Merkur -Redakteurin Svenja Kissel erklärte der 41-Jährige, der einen Vertrag bis 2018 unterschrieben hat, was ihn dazu bewogen hat, die schwierige Aufgabe bei dem im vorläufigen Insolvenzverfahren steckenden Club zu übernehmen, welches Konzept ihm vorschwebt und über die Qualität der derzeitigen Mannschaft.

 Keine Punkte, wenig Tore: Nur vier Mal hat der SVN Zweibrücken in der Oberligasaison bislang getroffen. Hier vergibt Kufulu Augusto im Spiel gegen den FSV Salmrohr. Foto: Norbert Schwarz

Keine Punkte, wenig Tore: Nur vier Mal hat der SVN Zweibrücken in der Oberligasaison bislang getroffen. Hier vergibt Kufulu Augusto im Spiel gegen den FSV Salmrohr. Foto: Norbert Schwarz

Foto: Norbert Schwarz

Herr Laghnej, wie kam es zu der Entscheidung, nachdem Sie vor der Runde das Traineramt beim SVN nicht übernehmen wollten, nun in dieser schwierigen Situation doch das Amt beim punktlosen Schlusslicht der Oberliga zu übernehmen?

Raphaél Laghnej: Der Grund, das Amt beim SVN zu übernehmen, ist der gleiche wie vor der Saison. Ich sehe die Perspektive, das Potenzial und die Tradition, die der Verein in sich trägt. Auch wenn viele Zweibrücker das Geschehen momentan - zum Teil mit Recht - sehr kritisch sehen, habe ich das Gefühl, dass sie sich insgeheim Besserung wünschen. Nämlich einen Club, der leidenschaftlichen, attraktiven und erfolgreichen Fußball spielt und mit dem sie sich identifizieren und mitfiebern können. Vor dem Sichtungstraining im Sommer war dem Verein klar von mir kommuniziert, wie viele Spieler benötigt werden, die sportlich und menschlich meiner Spielphilosophie entsprechen. Die gewünschte Anzahl wurde dann leider deutlich unterschritten. Die von mir vorgeschlagenen Spieler aus dem damaligen Sichtungstraining spielen aber jetzt hier. Außerdem befand ich mich mitten in den Vorbereitungen meiner Examensprüfungen. Den nötigen zeitlichen Aufwand, in kurzer Zeit ein komplettes Team zu stellen und auf die Saison vorzubereiten, konnte ich so nicht leisten. Somit musste ich schweren Herzens absagen, aber dem Verein und der Mannschaft gegenüber fair bleiben.

Was wollen Sie mit dem SVN in dieser Saison noch erreichen? Und was sind Ihre langfristigen Ziele?

Laghnej: Wir wollen ab sofort die Weichen für die Zukunft stellen. Viele konzeptionelle und strukturelle Dinge umsetzen. Auf und außerhalb des Platzes viele Gespräche führen, um Vertrauen zurückzugewinnen. Menschen finden, die unsere Ideale teilen und an das glauben was wir tun und wofür wir stehen. Je größer die Gemeinschaft und der Zusammenhalt, desto wahrscheinlicher ist der Erfolg. Sportlich gilt es, das Team weiter zu entwickeln. Jeder einzelne Spieler soll am Ende der Saison sagen können, dass er sich weiterentwickelt hat.

Reicht die Qualität der derzeitigen Mannschaft für die Oberliga aus? Wäre sie überhaupt gut genug für die Verbandsliga?

Laghnej: Sicherlich gibt es bei der aktuellen Ausbeute von null Punkten wenig Argumente, die für die Mannschaft sprechen. Doch das Team ist besser, als über sie geschrieben oder gesprochen wird. Ich bin davon überzeugt, dass wir zukünftig punkten werden. Was dabei am Ende auf unserer Habenseite steht, werden wir sehen. Die Frage, ob wir Verbandsligaqualität besitzen, ist hypothetisch und bringt uns aktuell nicht weiter.

Die erste Woche, das erste Spiel haben Sie nun hinter sich. Haben Sie trotz der Niederlage bereits erste positive Ansätze gesehen?

Laghnej: Nochmals zum Verständnis: Wer glaubt, dass von jetzt auf gleich alles gut wird, ist fern der Realität. Wir im Trainerteam haben durchaus Ansätze gesehen und erkennen im Training Fortschritte. Es geht langsam in die von uns angestrebte Richtung. Wenn das noch jemand außer uns feststellt, freuen wir uns darüber.

Ist schon klar, ob es in der Winterpause - im Rahmen des im vorläufigen Insolvenzverfahren Möglichen - Veränderungen im Kader geben wird?

Laghnej: Unabhängig des Insolvenzverfahrens gilt, das zukünftig unsere Ausgaben unsere Einnahmen nicht überschreiten werden. Sollte es Veränderungen im Kader geben, dann nur, wenn sie perspektivisch eine Verstärkung darstellt.

Planen Sie dementsprechend auch für eine mögliche Runde in der Verbandsliga?

Laghnej: Es wäre fahrlässig, dieses nicht zu tun! Wir planen ein Team, welches sich in beiden Ligen gut behaupten wird können.

Sie haben einen Vertrag bis 2018 unterzeichnet. Warum gleich diese lange Laufzeit?

Laghnej: Um bei den Worten eines Kollegen von Ihnen zu bleiben: Weil ich nicht mehr wandern möchte. Wir wollen solide, sinnvoll und konzeptionell arbeiten, und das bedarf Zeit und Geduld. Eigenschaften, die heute eher selten zu finden sind.

Neben dem Trainerposten haben Sie auch das Amt des sportlichen Leiters übernommen. Wie sieht Ihr Konzept für die kommenden Jahre aus, wo sehen Sie beim SVN Potenzial?

Laghnej: Zweibrücken ist eine Stadt mit knapp 35 000 Einwohnern. Ich halte es durchaus für realistisch, den Fußball hier höherklassig zu etablieren. Das funktioniert jedoch nur mit einem guten Fundament, der Jugend und gut ausgebildeten Jugendspielern. Grundsätzlich gibt es immer irgendwas zu optimieren. Stillstand bedeutet Rückschritt. Mein Konzept ist sehr vielschichtig. Zum Beispiel sehe ich im Bereich der Nachwuchsausbildung viel Luft nach oben. Wir wollen den Kindern und Jugendlichen zukünftig im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten eine qualitativ hochwertige Ausbildung ermöglichen. Darüber hinaus werden wir eine Anlaufstelle für junge Spieler sein, die sich bei uns weiterentwickeln können und werden.

Sie bringen große Erfahrung aus dem Jugendbereich mit. In den vergangenen Jahren lag beim SVN auf dem Nachwuchsbereich nicht gerade ein Schwerpunkt. Soll sich das künftig ändern?

Laghnej: Unsere Trainer sollen zukünftig unter anderem interne Traineraus- und Trainerfortbildungen erhalten. Wir wollen sie dabei unterstützen, sich als Trainer weiter zu entwickeln. Zudem werden Fördertrainingsmaßnahmen für Spieler durchgeführt. Darüber hinaus werde ich oft bei Jugendspielen unserer Teams, aber auch von Mannschaften im Umkreis zu Gast sein. Ich freue mich ebenfalls über Spieler, die das Interesse und den Mut haben, sich bei uns vorzustellen. Der Fokus wird zukünftig also verstärkt auf der Nachwuchsausbildung liegen. Sichtbar wird dieses zum Beispiel jetzt schon durch einen U19-Spieler, der mittlerweile regelmäßig am Training des Oberligateams teilnimmt. Sollte seine Entwicklung so weiter gehen, wird er zukünftig sein Platz bei uns im Team finden. Jüngstes Beispiel ist ein U17 Spieler, der bei uns im Training einen guten Eindruck hinterlassen hat.

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