SV 64 Zweibrücken In Drucksituationen noch nicht ganz gefestigt
Zweibrücken · Die Handballerinnen des SV 64 Zweibrücken haben eine starke Saison in der Oberliga auf Rang drei abgeschlossen. Im Gespräch mit dem Merkur erzählt Trainer Rüdiger Lydorf, warum er sich auf die handballfreie Zeit freut, wo er noch Steigerungspotenzial sieht und was ihm an seiner jungen Mannschaft am meisten imponiert.
„Jetzt heißt es erstmal durchpusten“, sagt Rüdiger Lyforf und klingt dabei ein klein wenig erleichtert. Für den Trainer der Handballerinnen vom SV 64 Zweibrücken gibt es zwar auch nach der Saison in der Oberliga keine echte Pause – denn die Vorbereitungen auf die kommende Spielzeit sind längst angelaufen. „Trotzdem ist es ganz schön, nicht drei Mal in der Woche zum Training oder zu den Spielen in die Halle fahren zu müssen und ein bisschen Zeit für Familie und Freunde zu haben“, sagt Lydorf. Und ergänzt lachend: „Außerdem bin ich froh, die Mädels ein paar Wochen nicht sehen zu müssen. Und ihnen geht es mit mir genauso.“
Dritter sind die Damen des SV 64 in der abgelaufenen Runde geworden. Eine Platzierung, mit der Lydorf „sehr gut leben“ kann. Ein wenig ärgert er sich aber dennoch. Seine Mannschaft hatte das Erreichen der Vizemeisterschaft am letzten Spieltag in den eigenen Händen, unterlag aber mit 27:33 beim TV Bassenheim und musste die HSG Hunsrück noch passieren lassen. „Klar, die Vizemeisterschaft ist eigentlich ein wertloser Titel, aber ich hätte ihn trotzdem gerne gewonnen“, sagt Lydorf. Verspielt habe seine Mannschaft den zweiten Platz aber nicht in Bassenheim, sondern schon in den Partien davor. Nachdem die Zweibrückerinnen zwischenzeitlich elf Spiele in Folge nicht verloren hatten (zehn Siege), ging die Mannschaft im Saisonendspurt in den letzten sechs Ligaspielen vier Mal als Verlierer vom Platz. Die Gründe sind laut Lydorf vielfältig: Zum einen stand Renta Szabo in den letzten Wochen der Saison nicht zur Verfügung. Die Ungarin, die in ihrem Heimatland in der zweiten Liga spielte und sich in ihrer ersten Saison im SV-Trikot auf Anhieb als die erhoffte Verstärkung erwies, hat seit einigen Wochen mit Rückenproblemen zu kämpfen. „Nichts Ernstes“, gibt Lydorf Entwarnung, „sie wäre sogar bereit gewesen zu spielen, aber wir wollten sie nicht verheizen“.
Probleme gab es aber auch auf der Torhüterposition. Denn Torfrau Eva Menzerath stand der Mannschaft ab Ende vergangenen Jahres aus beruflichen Gründen nicht mehr zur Verfügung. Neben Daphne Huber hüteten deshalb B-Jugendtalent Nina Schillo und im Saisonendspurt die kurzfristig reaktivierte Lena Erbelding das Tor. Erbelding hatte ihre Handballschuhe nach einem Kreuzbandriss eigentlich längst an den Nagel gehängt. „Es ist ganz toll, dass sich Lena zur Verfügung gestellt hat, aber nachdem sie so lange keinen Handball gespielt hat, war es eine Notlösung. In den letzten sechs Spielen haben wir jedesmal über 30 Tore kassiert“, sagt Lydorf. Zudem seien einige der jüngeren Spielerinnen „trotz einer ganz tollen Entwicklung“ noch nicht ganz gefestigt, so dass sie – gerade in Drucksituationen – nicht jedes Spiel eine konstant gute Leistung abrufen, so Lydorf.
Insgesamt ist der Trainer mit der Entwicklung der Mannschaft aber vollkommen zufrieden: „Unsere Deckungsarbeit hat sich verbessert, und im Angriff sind wir flexibler. Nach Ballgewinnen spielen wir schneller und variabler nach vorne, auch wenn ich da noch Steigerungspotenzial sehe“, zählt der Trainer auf. Was ihm aber am meisten imponiert habe, sei die Mentalität der Mannschaft. „Die Mädels sind nie zufrieden. Die sagen nach drei Siegen nicht: ‚Jetzt ist es nicht tragisch, wenn wir mal wieder verlieren‘. Die wollen dann das nächste Spiel erst recht gewinnen.“
Ausschlaggebend für die Siegesserie von zehn Spielen sei ausgerechnet eine Niederlage gewesen. Nach einem eher durchwachsenen Saisonstart samt der heftigen 30:39-Abreibung bei Schlusslicht und dem späteren Absteiger TV Engers sei Lydorf schon ein wenig bange gewesen. „Verdammt – und jetzt müssen wir auch noch in den Hunsrück“, habe sich der Trainer gedacht. Beim späteren Vizemeister habe sich seine Mannschaft dann trotz der knappen 25:27-Niederlage aber ganz stark präsentiert – und gewann anschließend zehn Spiele in Folge. Unter anderem gegen Meister HSG Marpingen (27:21). Die SV-Damen waren die einzige Mannschaft, die den Nordsaarländerinnen in der Liga überhaupt eine Niederlage zufügen konnten. „Die Halle war rappelvoll und wir haben ein tolles Spiel gemacht. Das war das Saisonhighlight und der Lohn der harten Arbeit. Für die Mädchen – aber auch für mich“, sagt Lydorf.
Er will in der kommenden Runde weiter auf die Talente des Clubs setzen. Unter anderem sollen Nina Schillo, Vera Jännicke, und Jasmina Zimmermann, die als B-Jugendliche unter Lydorf Oberligaluft schnuppern konnten, weiter punktuell eingesetzt werden. Den Abgängen von Katharina Koch und Laura Witzgall, die künftig in der zweiten Mannschaft spielen sowie Pauline Hartfelder, die voraussichtlich studienbedingt umziehen wird, stehen im Augenblick keine Neuzugänge gegenüber. „Wir sind mit zwei jungen Spielerinnen, die in unser Konzept passen, im Gespräch. Aber im Augenblick ist noch nicht absehbar, ob das funktioniert“, sagt Lydorf. Ein Saisonziel für die kommende Runde sei vor diesem Hintergrund noch nicht formuliert worden. „Nach sechs bis acht Wochen Vorbereitung fahren wir ins Trainingslager. Dann sieht man: Wie ist die Mannschaft zusammengewachsen? Konnten die Abgänge kompensiert werden? Wie sind die anderen Mannschaften aufgestellt? Dann können wir uns langsam Gedanken darüber machen, was möglich ist“, sagt Lydorf.
Um überhaupt ein Wort um den Aufstieg mitreden zu wollen, brauche man aber „mindestens ein oder zwei erfahrene Spielerinnen von außerhalb“, vermutet Lydorf. Ein Weg, den der Verein voraussichtlich nicht beschreiten wird. „Was bringt es, wenn man viele tolle Jugendspielerinnen hat, die man die ganze Saison nur zehn Minuten auf das Feld lässt?“, fragt Lydorf. Und ergänzt: „Unser erstes Ziel ist es, die jungen Wilden auszubilden und an die Oberliga ranzuführen.“
Ein wenig Kopfzerbrechen macht dem Trainer aber, wie und ob der Abgang von Spielführerin Katharina Koch kompensiert werden kann. „Allein von der Altersstruktur war sie diejenige, die die Mannschaft angeführt hat“, sagt Lydorf über die 37-Jährige: „168 Tore sprechen außerdem für sich. Dazu kommt ihre starke Deckungsarbeit. Und das ist nur was, was sie selbst geleistet hat. Sie hat auch alle Spielerinnen um sich herum besser gemacht“, erklärt der Trainer.
Dennoch freut er sich schon wieder auf die kommende Saison. „Klar, mache ich mir Gedanken, was wir anders, was wir besser machen können und bin gespannt, ob das, was ich plane, auch greift.“ Am 1. Juli wird Lydorf mit der Mannschaft wieder ins Training einsteigen. Ein paar Wochen bleiben ihm also – um vorher nochmal kräftig durchzupusten.