Zeitstrafen im Saar-Fußball eingeführt Von „unsinnig“ bis „interessant“
Homburg · Im saarländischen Amateurfußball gibt es ab dieser Runde keine Gelb-Roten Karten mehr. Geteilte Meinung bei den Teams.
(mh/sem/ski) Die Punktrunde für die saarländischen Amateurfußballer ist angepfiffen – und damit ist eine heiß diskutierte Regeländerung in Kraft getreten: Für die Kicker im Saarländischen Fußballverband (SFV) gibt es ab dieser Saison keine Gelb-Roten Karten mehr. Stattdessen kann der Schiedsrichter eine zehnminütige Zeitstrafe für Vergehen wie Foul, Kritik und Fehlaktion aussprechen. „Die bereits im Jugendbereich gültige Regelung haben wir auf den Aktivenbereich übertragen, um im Bereich der Disziplinarstrafen modernere Wege zu gehen“, erklärt der Vorsitzende des Verbandsspielausschusses, Josef Kreis.
Nachdem es in Hessen bereits in der Vorsaison ein Pilot-Projekt mit der Zeitstrafe gab, erlaubte der DFB nun bundesweit den Landesverbänden deren Einführung in den Amateurligen. Neben dem Saarland hat diese etwa auch der Bayrische Fußballverband für die kommende Saison eingeführt. Im Südwesten (SWFV) soll die Zeitstrafe laut dem Vorsitzenden des Kreises Pirmasens/Zweibrücken, Reiner Ehrgott, zur Spielzeit 2023/24 eingeführt werden (wir berichteten).
Ganz neu ist diese Regel im Saarland allerdings nicht. Vor der Einführung der Gelb-Roten Karte im Jahr 1991 gab es diese bereits im Aktivenbereich des SFV. Dann wurde sie abgeschafft. Der Wiedereinführung der Zeitstrafe stehen Trainer und Spieler nun mit gemischten Gefühlen gegenüber.
„Diese Strafe halte ich für überflüssig“, sagt etwa Rizgar Daoud, Coch des Saarlandligisten FC Homburg. „Zudem stellt sich die Frage, was passiert, wenn mein Torhüter diese Strafe kassiert und ich schon mehrfach ausgewechselt habe.“ Unter diesen Umständen müsste – bei Erschöpfung des Auswechselkontingents – ein Feldspieler zwischen die Pfosten.
Diese Gedanken beschäftigen auch Philip Luck, Torhüter vom Verbandsligisten FC Palatia Limbach: „Ich finde diese Regelung unsinnig. Als Torhüter müsste ich dann zehn Minuten draußen bleiben. Doch der Trainer wird für mich dann ja einen neuen Keeper einwechseln. Damit wäre ich komplett draußen, weil er ja kaum wieder zurückwechseln würde.“
Jan Berger, Spielertrainer des Bezirksligisten ASV Kleinottweiler, wollte sich weder mit einem Ja noch einem Nein zur Zeitstrafe äußern: „Man wird sehen, was das bringt. Ich sehe diese Regeleinführung erst einmal neutral, weil ich weder etwas Positives noch was Negatives für den Spielbetrieb sehe.“
Dirk Lang dagegen findet diese Bestrafung für Spieler durchaus gut. „Oft wartet der Schiedsrichter bei Fouls oder anderen Vergehen mit der Gelben Karte oder gar dem Platzverweis. Nun hat er die Möglichkeit, bei Verstößen den Spieler zum Abkühlen erst einmal für zehn Minuten rauszustellen, wo vielleicht Gelb zu wenig gewesen wäre, Rot aber zu hart“, sagt der Coach des Bezirksliga-Aufsteigers SV Bexbach. Taktisch werden die Trainer nun einiges zu feilen haben. Sie müssten bedenken, wie sie das Team verändern, wenn es zeitweise in Unterzahl spielen muss. „Interessant wird es dann, wenn gleich mehrere Spieler auf einmal wegen der Zeitstrafe nicht auf dem Rasen stehen.“ Lang spreche sich aber klar für die neue Regel aus.
Auch Verbandsliga-Coach Patrick Gessner vom FC Palatia Limbach sieht die Zeitstrafe, als „gar nicht so verkehrtes Mittel für die Schiedsrichter, um Spieler zu bestrafen.“ Auf dem Platz werde sich zeigen, wie sich die Mannschaften, die kurzfristig für zehn Minuten in Unterzahl sind, verhalten und ob der Gegner in Überzahl seinen Vorteil ausnutzen kann. „Im Training werde ich auf jeden Fall auch taktisch mein Team darauf schulen, wie man in Überzahl oder Unterzahl reagiert“, erklärt Gessner.
Wenig begeistert zeigt sich hingegen der neue Cheftrainer des Landesligisten SG Erbach, Maurice Schwenk. „Der bestrafte Spieler hält sich von außen warm. Der Gegner in Unterzahl zieht sich zurück, ich denke das bringt nicht viel. Man hätte die Gelb-Rote Karte beibehalten sollen“, sagt der 27-Jährige. So wie in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar. Da diese unter dem Dach des Fußball-Regionalverbandes Südwest organisiert ist, greift die Änderung dort nicht.
Ebenfalls keine Zeitstrafe befürchten müssen Auswechselspieler, ausgewechselte Spieler und Teamoffizielle der Amateurclubs. „Diese können nur mit einer Gelben Karte verwarnt oder mit einem Feldverweis auf Dauer, der Roten Karte, bestraft werden. Auch hier ist eine Gelb-Rote Karte nicht mehr möglich“, erklärt FSV-Schiedsrichterobmann Volkmar Fischer. Er stellt auch klar: „Die Zehn-Minuten Strafe ersetzt nicht die Rote Karte. Vergehen, die bisher eine Rote Karte nach sich zogen, wie Notbremse, brutale Spielweise, Tätlichkeiten oder Beleidigungen bleiben unberührt.“