„Ich hab' hart gearbeitet, um wieder zu spielen“

Robin Chris Lehmann lebt Eishockey. Seit der laufenden Runde läuft der Deutsch-Kanadier für den EHC Zweibrücken auf, ist hier gleich zum Kapitän ernannt worden – nachdem er einmal zu spät zum Treffpunkt kam. Im Gespräch mit Merkur -Redaktionsmitglied Martin Wittenmeier erzählt der 39-Jährige zudem, warum er noch nicht ans Aufhören denkt und was er den Hornets in den am Sonntag beginnenden Playoffs zutraut.

 Gleich in seinem ersten Jahr läuft Robin Chris Lehmann als Kapitän der Hornets auf. Foto: Marco Wille

Gleich in seinem ersten Jahr läuft Robin Chris Lehmann als Kapitän der Hornets auf. Foto: Marco Wille

Foto: Marco Wille

Herr Lehmann, Sie sind im vergangenen Sommer von Hügelsheim nach Zweibrücken gewechselt. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Robin Chris Lehmann: Lange Geschichte, aber ich versuche es kurz zu machen: Ich hatte vor drei Jahren einen Autounfall, vor zwei Jahren musste ich mich dann an der Hüfte operieren lassen. Die Zeit danach war ziemlich schmerzhaft, auch weil ich zu früh wieder mit dem Training angefangen habe. Da war für mich klar, dass ich einfach etwas Neues brauche. Zeitgleich hatte Richard (EHC-Trainer Richard Drewniak, Anm. d. Red.) angefragt. Wir haben uns im Sommer getroffen, alles besprochen: das Konzept, wer alles noch kommt. Marc Lingenfelser und Max Dörr kannte ich aus meiner Zeit vor dem Unfall. Wir haben in Darmstadt kurz zusammengespielt und wollten gerne wieder gemeinsam aufs Eis. Außerdem bin ich umgezogen. Vorher habe ich etwas außerhalb von Frankfurt, wo ich arbeite, gelebt. Jetzt wohne ich zwischen Bingen und Mainz, da ist Zweibrücken näher als Hügelsheim . Man sieht, es gab mehrere Gründe.

Das ständige Pendeln stelle ich mir ziemlich stressig und zeitintensiv vor.

Lehmann: (lacht) Ich bin ja Deutsch-Kanadier und das ist für mich wirklich keine Strecke. Dazu kommt, dass ich unverheiratet bin und alleine wohne. Ich hab' noch nicht einmal einen Goldfisch. Wenn es arbeitstechnisch geht, kann ich also diese Zeit ruhig mal auf mich nehmen, das ist kein Problem. Und wenn es klappt, bilden wir auch Fahrgemeinschaften. Unser vierter Torhüter, Niklas Hirtz, studiert in Mainz und da ich über Kaiserslautern fahre, steigen dann auch Stephen Brüstle und Radovan Pastorek zu.

Wie sind Sie in Zweibrücken aufgenommen worden?

Lehmann: Wunderbar, perfekt! Ich bin generell sehr offen und egal, wo ich hingehe, habe ich eigentlich nie Probleme. Aber ich muss sagen, Zweibrücken ist schon etwas ganz Besonderes. Von der Mannschaft, über die Funktionäre, die anderen Trainer, die Mitarbeiter nebenan beim Bowling oder an der Theke - und natürlich die Fans: einfach unglaublich. Die Leute zeigen Rieseninteresse. Ich fühl mich hier so wohl, dass ich sogar an meinen freien Tagen gerne runter fahre. Ich trink' dann 'nen Kaffee, schau mir das Jugendtraining an oder helfe montags auch selbst mal ein bisschen mit. Leider geht das nicht immer, weil ich in Frankfurt bei der Deutschen Flugsicherung im Tower im Schichtbetrieb arbeite.

Hat es Sie überrascht, dass Sie vor der Runde zum neuen Teamkapitän ernannt wurden?

Lehmann: Absolut. Das ist eigentlich 'ne lustige Geschichte. Ich bin irgendwann mal zu spät zum Spiel gekommen und musste mich alleine aufwärmen. Als ich nach dem Joggen in die Kabine gekommen bin, saßen die Jungs halb angezogen rum und der Richard sagte ,Herzlichen Glückwunsch, du bist jetzt Kapitän' (lacht). Aber es freut mich und ich repräsentiere die Jungs, den Verein und die Region wirklich gerne.

Sehen Sie sich als Kapitän als verlängerten Arm des Trainers Richard Drewniak?

Lehmann: Wir haben ein sehr gutes Verhältnis, es hat von Anfang an gepasst. Ich war ja einer der ersten Neuzugänge, und wir haben damals schnell gemerkt, dass wir ähnliche Vorstellungen haben, wie die Saison laufen soll. Jetzt kommt es ab und zu vor, dass ich das Training leite, wenn Richard beruflich verhindert ist.

Der EHC hat die Hauptrunde als Zweiter beendet. Wie zufrieden sind Sie mit der Saison?

Lehmann: Sehr zufrieden. Schon vor dem Start war mir klar, dass der Verein mit Dörr, Lingenfelser, den beiden Slowaken oder auch Teucke richtig starke Spieler hat und Potenzial vorhanden ist. Es hat da nur etwas an Struktur gefehlt. Der zweite Platz ist absolut in Ordnung, da gibt's überhaupt nichts zu meckern.

Nur Heilbronn scheint auch in diesem Jahr wieder eine Nummer zu groß zu sein.

Lehmann: Die Eisbären sind eine Klasse für sich. Die haben nicht nur herausragende Einzelspieler, sondern auch eine richtig kompakte Mannschaft. Die funktionieren wie ein Uhrwerk, bei dem ein Rad in das andere greift.

Für eine Spitzenmannschaft haben die Hornets relativ viele Gegentore kassiert. Wurmt Sie das, besonders als Abwehrspieler?

Lehmann: Es wäre nicht fair, alles nur auf die Verteidiger zu schieben. Eishockey wird schließlich immer noch fünf gegen fünf gespielt. Und so schlecht habe ich uns defensiv eigentlich gar nicht gesehen. Aber es stimmt schon, dass wir es das ein oder andere Mal versäumt haben, die Räume noch enger zu machen und die Passwege besser zuzustellen. Vielleicht ist hinten auch nicht mehr so konsequent verteidigt worden, weil wir die Spiele trotzdem gewonnen haben. Manche haben dann gedacht: ,Jetzt kann ich mich auch mit nach vorne einschalten', wollten nur noch Einbahnstraßen-Eishockey spielen.

Was rechnen Sie sich für die Playoffs aus?

Lehmann: Ich denke, dass wir ins Finale kommen können. Aber dafür müssen wir uns wieder steigern. Nach Silvester haben wir die Spiele nicht mehr so dominiert. Bei einigen steckt jetzt auch schon die Müdigkeit in den Knochen, das ist völlig normal um diese Jahreszeit. Aber ich bin überzeugt, wenn sich jeder an das Konzept hält und seine Leistung abruft, werden wir sehr gute Spiele gegen die Eisbären abliefern. Man darf sich aber auch nichts vormachen: Heilbronn drei Mal zu schlagen ist verdammt schwer. Aber zuhause, in unserem Hexenkessel, ist definitiv was drin.

Im Endspiel des Rheinland-Pfalz-Pokals wartet wieder der EHC Neuwied . Können die Hornets dem Oberligisten in diesem Jahr ein Bein stellen?

Lehmann: Neuwied ist richtig stark, vom Papier her können wir uns nicht mit ihnen messen. Die haben bezahlte Spieler, zwei hochkarätige Amerikaner und sind mit Neuzugängen wie Artur Teghaev oder Björn Linda hervorragend besetzt. Aber wir haben einen Vorteil: Die Neuwieder, gerade die Neuzugänge, sind es nicht gewohnt, gegen eine Mannschaft wie Zweibrücken zu spielen. Die wissen im Prinzip gar nicht, was sie gegen uns erwartet. Das müssen wir ausnutzen. Abgeschossen werden wir diesmal mit Sicherheit nicht.

Sie sind jetzt 39, werden in wenigen Tagen 40 Jahre alt. Denkt man in diesem Alter ans Aufhören?

Lehmann: Da ich aus Kanada komme, ist Eishockey mehr als nur Sport für mich. (Überlegt kurz) Nee, ich denke nicht ans Aufhören. Dieser Autounfall - da war einer über Rot gefahren - hat mich unheimlich belastet, nicht nur körperlich mit der Hüft-OP. Ich hab' wirklich sehr hart gearbeitet, um zurückzukommen und auch wieder zu spielen. Ich bin einfach froh, dass ich jetzt schmerzfrei bin.

Herr Lehmann, erinnern Sie sich noch an Ihre Anfangszeit in Deutschland?

Lehmann: Ich habe, bevor ich nach Deutschland gekommen bin, sieben Jahre in Kopenhagen gelebt, dort in der ersten dänischen Liga gespielt. 1997, damals war ich 21, 22, bin ich in Freiburg gelandet. Da ich seit meiner Geburt einen kanadischen und einen deutschen Pass habe, war ich anfangs hier nie so richtig gemeldet, hatte weder einen Personal- noch einen Sozialversicherungsausweis, nur meinen Reisepass. Täglich ist Post in den Briefkasten geflattert und nach drei Monaten war ein Musterungsbescheid dabei. Ich erinnere mich noch, dass der Manager vom EHC Freiburg mit zum Kreiswehrersatzamt gefahren ist und versucht hat, den Leuten klarzumachen: ,Der spielt hier nur Eishockey , der wohnt hier gar nicht, den könnt Ihr nicht einziehen'. Aber die haben ihm wohl nicht geglaubt. Drei Tage nach der Musterung durfte ich mich an der Kaserne melden. Das ging ratzfatz (lacht). Nach drei, vier Monaten hatte Freiburg kein Interesse mehr und ich bin nach Hügelsheim , wo ich eine Ausbildung gemacht habe und sechs Jahre geblieben bin. Danach ging es für mich nach Köln und schließlich bin ich im Rheinhessischen heimisch geworden.

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