„Ich erwarte offenes Rennen bis zum Schluss“

Jörg Clemens: · Zweibrücken. Nach einer durchwachsenen Saison in der Handball-Oberliga, die für die VT Zweibrücken-Saarpfalz mit dem ordentlichen dritten Platz endete, spricht Jörg Clemens, einer der Vorsitzenden, mit Merkur -Redakteurin Svenja Kissel über die großen Verletzungssorgen, die Ziele für das neue Jahr und die Pläne, wieder ein solides Fundament durch den Nachwuchs und die Zweite zu schaffen.

 Den langen Ausfall von Philip Wiese hat die VTZ deutlich zu spüren bekommen. Foto: norbert schwarz/pma

Den langen Ausfall von Philip Wiese hat die VTZ deutlich zu spüren bekommen. Foto: norbert schwarz/pma

Foto: norbert schwarz/pma

Herr Clemens, als Dritter hat die VTZ die Oberliga-Runde beendet. Mit etwas Abstand betrachtet, wie lautet Ihr Fazit?

Klar haben wir hohe Ansprüche, aber der dritte Platz ist ja nicht schlecht. Vor allem mit Blick auf unser großes Verletzungspech. Philip Wiese kann man nicht für fünf, sechs Monate ersetzen. Was Philip dann noch rausgeholt hat, in den Spielen, in denen er auflief, ist beeindruckend. Das zeigt seine professionelle Haltung. Trotz des ein oder anderen Spiels, in dem wir nicht zu 100 Prozent auf der Höhe waren, hat man auch in dieser Runde das Potenzial der Mannschaft gesehen. Etwa zu Saisonbeginn gegen Mundenheim, gegen die wir mit über 20 Toren Unterschied gewonnen haben. Auch zum Schluss, als die Verletzen nach und nach zurückkehrten haben wir unser Können gezeigt. Etwa beim Sieg in Haßloch, wo zuvor eineinhalb Jahre niemand gewonnen hat. Wer das gesehen hat, weiß, welches Potenzial in der Mannschaft gesteckt hat. Schade, dass es aufgrund der Personalprobleme nicht immer gezeigt werden konnte.

Es gab einige Auf und Abs. Sind die schwankende Leistung allein mit den Verletzungsproblemen zu begründen?

Clemens: Etwas mehr Konstanz hätte sicher gut getan und wird es auch in Zukunft tun. Auch die hundertprozentige Motivation, das Aufbäumen, hat ein ums andere Mal gefehlt. Aber mit dem wenigen Personal ist Handball auf dem Niveau über 60 Minuten nicht möglich. Hoffnungslos unterlegen waren wir in zwei Spielen in Budenheim und in Illtal. Das sind aber Mannschaften, bei denen man verlieren kann.

Mit Steffen Kiefer und Tomas Mazar haben zwei wichtige Spieler die VTZ verlassen. Mit Sven-Malte Hoffmann (Illtal), Alexey Wetz (Dansenberg) und Philip Serr (SV 64) kommen drei neue hinzu. Schafft es das Team von Mirko Schwarz damit, die Abgänge zu kompensieren?

Clemens: Nach der Torschützenliste der vergangenen Runde verlieren wir mit Steffen Kiefer 180 Treffer - Sven-Malte Hoffmann hat in Illtal 150 geworfen. Dabei hat er konsequent immer nur 30 Minuten gespielt. Da ist noch Potenzial. Philip Wiese hat trotz seiner langen Pausen noch 108 Treffer erzielt. Auch Martin Mokris hat 150 gemacht. Da muss uns nicht bange sein. Wetz, das Dansenberger Eigengewächs, auf das sein ehemaliges Team nach einem Mittelfußbruch nicht mehr setzte, verhilft uns mit Hoffmann zu extrem vielen Variationsmöglichkeiten im Rückraum und auf Außen. Wir können den guten Spielern Ruhepausen gönnen. Das war in der zurückliegenden Saison das große Manko. Ob Wetz, Mokris, Trifanovs, Wiese oder Galla spielt, ist fast egal. Durch den Wechsel von Serr sind wir auf der Torwart-Position gut aufgestellt. Das ist extrem wichtig. Mazar werden wir dennoch nicht adäquat ersetzen können, er hat unfassbare Qualitäten.

Sind weitere Zugänge geplant?

Clemens: Ja, wir wollen noch was machen. Aber nicht um jeden Preis. Wenn uns das Risiko zu groß, wenn der Spieler zu teuer ist, dann lassen wir die Finger weg. Wir sind ja auch privat in der Verantwortung und wollen kein Risiko eingehen. Wenn dann wohl auf der Kreisläufer-Position. Aber selbst, wenn wir keinen mehr nehmen, haben wir mehr Möglichkeiten. Auch Philip Wiese kann am Kreis auflösen. Er ist dort gefürchtet. Wenn er hoch angespielt wird, ist er nicht zu verteidigen. Dieses Jahr war das nicht so oft möglich. Wir hoffen auf den Durchbruch von Linkshänder Maurice Kauffeld. Er hat ein paar gute Spiele gemacht, etwa zum Abschluss in Merzig. Aber die Konstanz muss her. Er ist einer der Spieler mit dem größten Talent. Er wird absolut gefordert sein. Auch Mokris, mit dem wir den Vertrag um zwei Jahre verlängert haben, was wir sonst eher nicht machen. Er passt spielerisch und menschlich aber einfach super rein.

Im Laufe der Runde hat die VTZ aufgrund des personellen Engpasses die dritte Mannschaft zurückgezogen. War die Breite der Kader insgesamt zu dünn?

Clemens: Die Abmeldung war der Tatsache geschuldet, dass aus der zweiten Mannschaft Spieler in die erste, aus der dritten dann in die zweite hochgezogen wurden. Wir haben uns daher entschlossen, den Schritt zu gehen, der uns ganz und gar nicht leicht gefallen ist.

Ist absehbar, ob in naher Zukunft wieder eine dritte Mannschaft am Spielbetrieb teilnimmt?

Clemens: In naher Zukunft planen wir mit zwei Teams. Hätten wir wieder eine Dritte gemeldet, hätte sie Bezirkliga gespielt. Wir wollen lieber warten, bis von unten wieder etwas nachwächst. Dann können wir darüber nachdenken, eine Dritte zu melden. Mit aller Gewalt macht das keinen Sinn. Erst muss die Zweite stabilisiert werden.

Diese tritt als Saarlandliga-Schlusslicht freiwillig in die Verbandsliga zurück, obwohl sie in der höheren Liga hätte bleiben können. Soll hier mit dem neuen Trainer Marek Galla ein Neuanfang gestartet werden?

Clemens: Ja, die zweite Mannschaft soll stabilisiert werden. Sie hat eine deprimierende Saison hinter sich, hat nur zwei Punkte geholt. Oft war sie nah an weiteren dran, aber es hat nicht gereicht. Rein sportlich gesehen wäre das Team abgestiegen, hätte Homburg nicht zurückgezogen. Es ist uns sicher nicht leicht gefallen, aber wir sehen es als den konsequenten Weg, runter zu gehen. Nun wollen wir von dort etwas heranziehen, über die nächsten Jahre einen Stamm an Spielern aufbauen, die beständig in der Saarlandliga spielen und in die Erste aufrücken können. Wir brauchen diesen Weg zur Konsolidierung. Kann sein, dass wir es nochmal geschafft hätten, die Saarlandliga zu halten, aber das wäre nur Kampf gewesen. So sehen wir es als richtigen Schritt.

Sehen Sie die Verpflichtung Gallas als Trainer für das Team als wichtigen Schritt in die Zukunft?

Clemens: Wir spielen schon längere Zeit mit dem Gedanken, dass Marek die Zweite übernimmt. Er ist jemand, den wir gerne auf lange Zeit im Verein halten und ihm im Gegenzug eine Heimat geben wollen. Er steht für Leistungshandball, er war in der Slowakei lange als Vollprofi tätig. Marek wird die Mannschaft wieder da hinbringen, wo sie hingehört - aber das braucht Zeit. Daher darf niemand erwarten, dass wir gleich in der Verbandsliga vorne mitspielen. Es geht vor allem darum, für die Zukunft etwas aufzubauen. Dazu gehört es auch, Philip Wiese langfristig auf irgendeine Form zu binden. Er steht und lebt für die VTZ.

Wie sieht es mit dem Nachwuchs darunter aus?

Clemens: Es ist schön, was dort passiert, vor allem bei den Mädchen. Die E-Jugend wurde Saarlandmeister und Pokalsieger. Mit Rebecca Knoll, Johanna Gab, Hannah Ölke und Aalyah Heyner haben vier den Sprung in die Saarland-Auswahl geschafft. Auch in den anderen Bereichen sind wir wieder ganz gut aufgestellt. Wir lassen uns die Jugendtrainer viel Geld kosten. Mit unter anderem Philip Wiese, Marek Galla, Jadran Pesic, Raimonds Trifanovs oder Valdis Gutmanis, der richtig was aufgebaut hat, haben die Kleinen Vorbilder. Wir wollen wieder ein solides Fundament schaffen.

Wieder zurück zur Ersten. Glauben Sie, dass die Oberliga nach dem Aufstieg der TSG Haßloch ausgeglichener wird?

Clemens: Ein Favorit ist schwer definierbar. Man weiß von keinem richtig, was sich tut. Mundenheim und Saulheim werden gute Mannschaften haben. Man weiß nicht, was Dansenberg noch macht. Bis zum Saisonbeginn ist das nicht eindeutig zu sagen. Es wird aber sicher keine Übermannschaft geben. Wir werden auch nicht so schlecht aufgestellt sein. Ich denke, dass es ein offenes Rennen wird, bis zum Schluss - aber wir wollen uns nicht unter Druck setzen.

Welches Ziel setzt sich die VTZ in der kommenden Runde?

Clemens: Ziel ist, oben mitzuspielen. Wir wollen eine ähnliche Anzahl an Toren werfen, hinten viel weniger zulassen. Etwa 100 Tore weniger wären gut, wenn wir vorne die Quote halten. In der Abwehr sind wir besser aufgestellt, Sven-Malte Hoffmann ist gerade defensiv stärker als Steffen Kiefer. Gemeinsam mit Wetz werden wir dort sicherer stehen. Auch die Auswärtsschwäche müssen wir wegkriegen. Zudem haben wir fünf Punkte daheim gelassen. Das ist zu viel, wenn man sieht, dass es im Aufstiegsjahr kein einziger war. Ob das alles umgesetzt wird und wo es dann endet, weiß jetzt noch keiner.

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