Handball-Oberliga „Wir hätten viel lieber sportlich gekämpft“

Budenheim/Homburg · Die Frage, wer in die 3. Handball-Liga aufsteigt, wird doch nicht auf dem Platz geklärt. Die Entscheidung wird diese Woche nach „sportlichen Kriterien“ getroffen – und voraussichtlich auf die Sportfreunde Budenheim fallen. Der Club wehrt sich indes vehement gegen die Darstellung, er habe nicht alles dafür getan, eine sportliche Lösung herbeizuführen. Denn den Sportfreunden ist es bis heute schlicht verboten zu trainieren.

 Die Sportfreunde Budenheim (blaue Trikots) – hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 2019 im Spiel gegen die Handballfreunde Illtal – haben bei der Entscheidung, wer in die 3. Handball-Liga aufsteigen darf, die Nase vermutlich vor dem TV Homburg. In dieser Woche soll die Entscheidung fallen. 
  Archivfoto: Klos

Die Sportfreunde Budenheim (blaue Trikots) – hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 2019 im Spiel gegen die Handballfreunde Illtal – haben bei der Entscheidung, wer in die 3. Handball-Liga aufsteigen darf, die Nase vermutlich vor dem TV Homburg. In dieser Woche soll die Entscheidung fallen. Archivfoto: Klos

Foto: Klos Horst/Horst Klos

Die Nachricht, die den Handballern des TV Homburg so gar nicht schmecken dürfte, versendete die Geschäftsstelle der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar am vergangenen Donnerstagnachmittag. Die Relegationsspiele um den Aufstieg gegen die Sportfreunde Budenheim, die die RPS-Liga rund eine Woche zuvor noch neu angesetzt hatte, sind nun endgültig vom Tisch. Denn die Sportfreunde dürfen weiterhin nicht in der Halle trainieren und hätten vor den beiden Partien, die Ende Juni stattfinden sollten, keine vier Wochen Vorbereitungszeit gehabt. Diese waren als Grundvoraussetzung für die Durchführung der Spiele festgelegt worden. „Das Land RLP untersagt jedes Handballtraining und Handballspiel, somit werden die veröffentlichten Durchführungsbestimmungen zu den Aufstiegsspielen der 3. Liga zurückgenommen. Da wir auf eine spielerische Lösung gesetzt haben, bedauern wir diesen Schritt, müssen aber deren Entscheidung akzeptieren“, teilte die Liga den Vereinen mit.

Der Spielausschuss und die Präsidenten der Landesverbände würden in dieser Woche nun die weitere Vorgehensweise besprechen – und einen Entschluss fassen, heißt es in dem Schreiben weiter. Da der nun anzuwendende Paragraf 52 der DHB-Spielordnung weder einen Losentscheid noch die Möglichkeit, niemanden aufsteigen zu lassen, vorsieht, muss die Entscheidung zwischen den beiden Bewerbern unter „sportlichen Gesichtspunkten“ getroffen werden. Und bei dieser Entscheidung dürften die Sportfreunde die deutlich besseren Karten haben. Zwar ist nicht klar definiert, welche Kriterien in die Wahl miteinfließen. Doch die Budenheimer sind seit Jahren eines der Topteams in der Oberliga RPS, verfügen zudem über eine ausgezeichnete Jugendarbeit. Schwer vorstellbar, dass der TV Homburg, der erst zu Saison 2020/21 in die Oberliga aufgestiegen war und bis zum Abbruch der Saison keine Partie in der Spielklasse bestritten hatte, in einer für die Wahl relevanten Kategorie die Nase vorn hat.

Die Sportfreunde Budenheim werden also in der kommenden Runde aller Voraussicht nach in der dritthöchsten deutschen Spielklasse auf der Platte stehen. So ganz glücklich ist man in der Gemeinde vor den Toren von Mainz aber nicht. Zum einen, weil sie den Aufstieg lieber sportlich geschafft hätten. Zum anderen, weil im Pfälzischen Merkur in zwei Berichten (20.05 und 25.05) das genaue Gegenteil vermittelt worden war. Dort kamen ausschließlich Vertreter des TV Homburg zu Wort, die direkt oder indirekt den Vorwurf äußerten, Budenheim kehre absichtlich nicht in das Training zurück, um den Aufstiegsspielen aus dem Weg zu gehen und eine Entscheidung am grünen Tisch zu erzwingen. Damit einher ging von Seiten der Homburger Verantwortlichen die kaum verklausulierte Forderung, dass wenn Budenheim nicht trainieren wolle oder könne, der TVH zum Aufsteiger erklärt werden müsse.

Diese Argumentation sorgte in Budenheim für großes Stirnrunzeln. Denn bei den Corona bedingten Hallenschließungen oder -öffnungen handele es sich schließlich um rein politische und keine sportlichen Gesichtspunkte. Der Behauptung jedenfalls, sie würden kampflos aufsteigen wollen und es daher ablehnen, ins Training zurückzukehren, widersprechen die Sportfreunde vehement. „Wir haben definitiv nicht die Hände in den Schoß gelegt und gehofft, dass wir am grünen Tisch aufsteigen“, sagt Ingo Fischer, der Pressesprecher der Sportfreunde. Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Immer wieder habe der Verein bei der Gemeinde nachgefragt, ob und wann es möglich sei, wieder in die Halle zurückzukehren. Doch nach Rücksprache der Verwaltung mit dem zuständigen Ministerium hätten sich die Sportfreunde ebenso oft „eine blutige Nase“ abgeholt. Das Angebot eines Verbandsoffiziellen, im rund 100 Kilometer entfernten Haßloch zu trainieren, sei zwar „gut gemeint“ – aber ebenfalls nicht erlaubt gewesen, so Fischer. Denn in Haßloch gelten dieselben Landesgesetze wie in Budenheim.

Zudem handele es sich bei der Behauptung, dass die Budenheimer nicht antreten wollen, weil sich mehrere Spieler der Sportfreunde bereits in Urlaub befänden, um eine unzutreffende Unterstellung. „Nicht einer unserer Jungs ist verreist. Alle sind hier, haben sich im Rahmen ihrer eingeschränkten gesetzlichen Möglichkeiten auf die Aufstiegsspiele vorbereitet und dem Zeitpunkt entgegengefiebert, dass die Waldsporthalle wieder freigegeben wird“, stellt Fischer klar. Sieben Monate ohne handballspezifisches Training seien die längste Pause, die die Budenheimer Spieler je hatten. Daher seien vier Wochen Vorbereitungszeit in der Halle unter Wettkampfbedingungen das absolute Minimum gewesen, um Relegationsspiele austragen zu können. Alleine schon wegen der hallenspezifischen Abstopp-Bewegungen, die sich außerhalb der Halle nicht simulieren lassen. Schwere Knieverletzungen seien bei einer zu kurzen Vorlaufzeit vorprogrammiert, so Fischer. Zumal der Wiedereinstieg in den Wettkampfhandball dann ja keinen „lockeren Aufgalopp“ darstelle, sondern es in den Aufstiegsspielen sofort um „Alles oder Nichts“ ginge.

Doch wie kam es eigentlich zu der Verwirrung darum, dass die Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar die Relegationspartien noch vor kurzem neu ansetzte und damit den Eindruck vermittelte, dass die Erlaubnis dafür nun vorliegt? Das ist auch in dem Umstand begründet, dass die dritten Ligen der Olympischen Sportarten zum Profisport zählen – die vierten hingegen nicht mehr. Für die „Profis“ wie Drittligist SV 64 Zweibrücken sind die Hallen in Rheinland-Pfalz daher seit Anfang März wieder geöffnet. Bei den Aufstiegsspielen von der vierten Richtung dritte Liga handelt es sich indes um einen „Graubereich“. Am 3. März hatte die Oberliga RPS in einem Schreiben an die Aufstiegskandidaten klargestellt, dass nach Rücksprache mit dem rheinland-pfälzischen Innenministerium die Aufstiegsspiele dem Spielbetrieb der vierten Liga zuzurechnen seien. Ausnahmen hierzu würden seitens des Ministeriums „nicht erlaubt,“ hieß es darin ausdrücklich. Am 21. Mai bestätigte der DHB diesen gesetzlichen Rahmen – ergänzte jedoch: „Für die Qualifikation zur 3. Liga müssen (...) die teilnehmenden Vereine in einer Qualifikation ausgespielt werden. Eine vorherige Vorbereitung im Rahmen eines Trainingsbetriebs für die Vereine ist unabdingbar, um eine erhöhte Verletzungsgefahr zu verhindern. Um eine bundesweite einheitliche Vorgehensweise zu gewährleisten (...) bitten wir den Zugang zu Sportstätten für die teilnehmenden Vereine an der Qualifikation zur 3. Liga von den zuständigen Behörden mit sofortiger Wirkung zu ermöglichen.“

Die Oberliga RPS interpretierte diese Bitte offenbar so, dass die Aufstiegsspiele in die Dritte Bundesliga nun rechtlich gesehen doch dem Profibereich zuzurechnen seien und setzte die Spiele am Freitag vor Pfingsten für den 25. und 27. Juni neu an. Doch die Rücksprache mit dem Innenministerium in Rheinland-Pfalz ergab rasch: Nein, die Hallen bleiben geschlossen. Erst am 2. Juni dürften die Budenheimer wieder ins Training zurückkehren. Und selbst dann nur in Kleingruppen und auf Abstand.

„Auch wir Sportfreunde hätten viel lieber sportlich um den Aufstieg gekämpft“, sagt Ingo Fischer. Doch er weiß: „Jetzt haben die Verbände das letzte Wort.“

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