Handballerinnen des SV 64 Zweibrücken Wenn Löwinnen ganz schnell schwimmen lernen

Zweibrücken · Die Handballerinnen des SV 64 Zweibrücken haben in der Oberliga den Klassenerhalt geschafft. Das wäre ohne die jungen Spielerinnen aus dem Perspektiv-Team, die angesichts zahlreicher Ausfälle in die Bresche sprangen, nicht möglich gewesen, sagt Trainer Rüdiger Lydorf. Am Freitag startete die Vorbereitung auf die kommende Saison.

 Ohne die jungen Spielerinnen wie Lea Bullacher (im Bild), Lucy Hilz, Janine Baus und Hanna Müller wären die SV 64-Handballerinnen in der abgelaufenen Saison aufgeschmissen gewesen.

Ohne die jungen Spielerinnen wie Lea Bullacher (im Bild), Lucy Hilz, Janine Baus und Hanna Müller wären die SV 64-Handballerinnen in der abgelaufenen Saison aufgeschmissen gewesen.

Foto: Martin Wittenmeier

Dem Nachwuchs sei dank! Die Oberliga-Handballerinnen des SV 64 Zweibrücken haben eine schwierige Saison auf dem Mittelfeldplatz zehn abgeschlossen. Den sportlichen Klassenerhalt hatten die Löwinnen mehrere Spieltage vor Saisonende in der Tasche. Trotzdem hätte es für den SV unter Umständen ganz eng werden können. „Wenn wir nicht auf so viele junge Spielerinnen aus dem Perspektiv-Team hätten zurückgreifen können, hätten wir womöglich sogar abmelden müssen“, sagt Trainer Rüdiger Lydorf. Denn der ohnehin schmale Kader der Zweibrückerinnen wurde schon kurz nach Saisonbeginn rasend schnell dezimiert. Sarah Lauer und Vera Jänicke verletzten sich schwer, Renata Szábo erwartete Nachwuchs, Elisa Wagner zog um. Als dann auch noch die 2G-Regelung griff, die nur geimpften oder genesenen Spielerinnen die Teilnahme an den Ligaspielen erlaubte, sah es richtig finster aus. „Wenn wir drei Mal nicht hätten antreten können, wären wir weg gewesen. Die Verunsicherung in der Mannschaft war groß“, erinnert sich Lydorf. Doch die jungen Spielerinnen sprangen in die Bresche. Janine Baus, Lucy Hilz, Lea Bullacher und Hanna Müller stießen aus der Talentschmiede der Löwinnen, die unter Trainerin Dunja Bullacher in der Bezirksklasse spielt, fest zur ersten Mannschaft. Im Saisonendspurt wirbelte auch Lea Luga, die kommende Saison noch in der A-Jugend spielen könnte, im Oberliga-Team mit. „Die Mädels wurden ins kalte Wasser geworfen. Und sie haben ganz schnell schwimmen gelernt“, freut sich der Trainer. Baus avancierte zu einer der Top-Torschützinnen des Teams. Bullacher verlieh der Abwehr mehr Stabilität.

Wie schnell sich die Oberliga-Novizinnen in der höheren Spielklasse akklimatisierten, stimmt Lydorf ungemein optimistisch. „Wir haben jetzt quasi in zwei Jahren die komplette Mannschaft getauscht. Das war ein großer Umbruch, den andere Teams noch vor sich haben. Jetzt hoffen wir, dass wir in den nächsten Jahren auf denselben Kern der Mannschaft zurückgreifen können“, sagt der 36-Jährige, der aber auch künftig zu jeder Saison zwei bis drei weitere junge Spielerinnen an das Team heranführen möchte. Die Jugendarbeit beim SV 64 sieht er als Basis für eine erfolgreiche Zukunft. „Es ist gar nicht leicht, starke, junge Spielerinnen zu bekommen, wenn man nicht eine Menge Geld in die Hand nehmen möchte. Wenn ich andere Vereine sehe: Da kommt hinter der ersten Mannschaft nicht mehr viel. Die werden irgendwann Probleme bekommen. Da sehe ich uns deutlich besser aufgestellt.“

Die Kehrseite der Medaille ist, dass es seinem jungen Team in der abgelaufenen Runde noch an Konstanz fehlte. Ende vergangenen Jahres, als die Personalmisere ihren Höhepunkt erreichte, verloren die Löwinnen vier Spiele in Folge, unter anderem gegen das abgeschlagene Schlusslicht HSG TVA/ATSV Saarbrücken. Im neuen Jahr legten die Zweibrückerinnen dann einen Raketenstart hin, prügelten die starke TSG Frieseheim mit 40:24 aus deren eigener Halle und bezwangen im Anschluss auch den HC Koblenz. Doch danach blieben die Löwinnen erneut vier Spiele in Serie sieglos. „Da haben wir drei Mal knapp verloren. Gerade in der ‚Crunch-Time‘, wenn die Spiele entschieden werden, haben wir noch zu viele Fehler gemacht. Ich wünsche mir für kommende Saison, dass wir ein wenig dreckiger spielen. Nicht unfair. Aber in den entscheidenden Phasen mit mehr Härte und Entschlossenheit“, analysiert Lydorf. Ein weiteres Manko sei die Hektik gewesen, die sein Team zuweilen an den Tag legte. „Wir sind eine Mannschaft, die sich Chancen herausspielen kann. Das klappt aber nicht nach zwei oder drei Pässen. Manchmal haben wir nach zehn Sekunden bei einer Halbchance den Abschluss gesucht. Da müssen wir geduldiger sein.“ Trotzdem sah der Trainer auch viel Positives: „Wir waren in der Vergangenheit eine sehr Rückraum lastige Mannschaft. Letzte Saison haben wir viel öfter die Außen eingebunden, auch wenn unsere Trefferquote dort noch höher werden muss“, sagt Lydorf.

Nach den vier sieglosen Partien zwischen Ende Januar und Anfang März musste seine Mannschaft dann ein wenig um den Klassenerhalt zittern. Weil die Zahl der Oberliga-Absteiger auch vom Ausgang der 3. Liga abhing und demnach lange unklar war, war das Polster der Löwinnen auf einen möglichen Abstiegsplatz zeitweise minimal. „Unsere Spielerinnen können ja rechnen. Klar wurde darüber geredet. Aber wir sind nie in Panik verfallen. Auch weil wir es jederzeit selbst in der Hand hatten“, erinnert sich der Trainer. Und im Anschluss zeigte seine junge Mannschaft dann, was in ihr steckte. Mit teils überdeutlichen Siegen gegen die VTV Mundenheim (26:20), die HF Köllertal (39:21) und den TV Bassenheim (32:22) stellten die Löwinnen die Weichen Richtung Klassenerhalt und landeten am Ende auf Rang zehn. „Ein einstelliger Platz wäre mir zwar lieber gewesen, aber das große Ziel haben wir erreicht“, freut sich Rüdiger Lydorf.

Am Freitag ist er mit seiner Mannschaft in die Vorbereitung auf die kommende Saison gestartet. Ohne Torhüterin Daphne Huber, die künftig für die zweite Mannschaft aufläuft, sowie Lucy Dzialoszynski und Marie-Luise Kiefer, die den Verein verlassen haben. „Natürlich werden wir sie vermissen. Daphne ist beim Finalturnier um den Saarlandpokal völlig zurecht zur besten Torhüterin gewählt werden. Und Lucys Spielintelligenz wird uns fehlen“, sagt der Coach. Er erklärt aber auch: „Vor zwei Jahren standen wir hier und haben uns gefragt: Oh Gott, wie sollen wir nur Katha Koch ersetzen? Letztes Jahr war es dasselbe mit Lucie Krein. Aber wir haben es geschafft. Die anderen Spielerinnen müssen nun mehr Verantwortung übernehmen. Es geht allein um die Frage: Wie nehmen sie diese Rolle an?“, erklärt der Trainer. Zudem stehe Torhüterin Huber im Notfall weiter für die erste Mannschaft bereit. Und mit der 23 Jahre alten Annalena Zahm habe der SV eine weitere talentierte Torfrau in seinen Reihen, die in der abgelaufenen Runde ebenfalls starke Leistungen gezeigt habe. Neue zweite Torhüterin wird Rebecca Knoll, die von den HF Köllertal kommt. Sie ist bislang die einzige „echte“ Neue im Kader der Löwinnen. Ein halber Neuzugang ist Renata Szábo, die nach der Geburt ihres Kindes wieder mitwirken wird. „Eine große Kennenlern-Party wird es deshalb beim Auftakt-Training nicht geben“, sagte Lydorf am Donnerstag.

Ob und inwiefern Corona auch die kommende Spielzeit beeinflussen wird, mag er noch nicht beurteilen. „Was ist relevant für den Spielbetrieb? Was passiert bei einem Coronafall? Wann kann oder muss ich verlegen? Zu diesen Fragen hat sich der Verband noch nicht geäußert“, erklärt der 36-Jährige. Die Ziele für die kommende Saison würden sich erst im Laufe der Vorbereitung herauskristallisieren, so der Trainer. Das erste von sechs Testspielen bestreitet die Mannschaft am 16. Juli in der Ignaz-Roth-Halle gegen die HG Oftersheim-Schwetzingen. Mitte August folgt ein Trainingslager an der Ostsee, in dessen Rahmen die Löwinnen auf einen lokalen Drittligisten treffen. „Zu dem Zeitpunkt sehen wir dann auch, wie andere Teams aufgestellt sind und können eine vorsichtige Prognose wagen“, erklärt Lydorf.

Ernst wird es dann am ersten Spieltag am Wochenende 10./11. September. Mit Drittliga-Absteiger HSG Marpingen/Alsweiler empfängt der SV dann gleich ein richtiges Brett zum Heimspiel. Bange ist Lydorf aber nicht. „Unsere älteste Spielerin ist Jahrgang 1998. Die jüngste 2005. Da werden viele auf der Platte stehen, die erst 17, 18 oder 19 Jahre alt sind. Aber die Mädels haben trotz der kurzen Pause richtig Bock, nächste Saison den Bau abzureißen“, verspricht Lydorf. Und in der Oberliga schwimmen gelernt haben seine Löwinnen ja jetzt schon.

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