1. FC Kaiserslautern Die Realität heißt Abstiegskampf

Kaiserslautern · Der Fußball-Drittligist 1. FC Kaiserslautern war mal wieder mit großen Zielen in die Saison gestartet – spielt bislang aber eine verkorkste Runde und muss sogar um den Klassenerhalt bangen. Doch auch abseits des Rasens geben die Pfälzer keine allzu gute Figur ab. Am Samstag startet die Restsaison zu Hause gegen Viktoria Köln.

 Große Unzufriedenheit: FCK-Kapitän Carlo Sickinger (links) und  Kevin Kraus hadern mit dem bisherigen Saisonverlauf der Roten Teufel.

Große Unzufriedenheit: FCK-Kapitän Carlo Sickinger (links) und  Kevin Kraus hadern mit dem bisherigen Saisonverlauf der Roten Teufel.

Foto: dpa/Michael Deines

Zum Glück gibt es den KFC Uerdingen. Die Krefelder sind seit mehreren Jahren so etwas wie der Lieblingsgegner des 1. FC Kaiserslautern und verloren Ende Dezember auch den fünften Vergleich mit den Roten Teufeln in der 3. Fußball-Liga. Ohne den 2:0-Sieg im letzten Spiel des Jahres stünde der FCK auf einem Abstiegsplatz. Die Stimmung in der Pfalz wäre wohl noch frostiger als sie es ohnehin schon ist. Denn der leidlich versöhnliche Jahresabschluss kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der FCK insgesamt eine verkorkste Hinrunde spielte. Das Team, das von Sportdirektor Boris Notzon im Spätsommer als „eine der Top-Mannschaften der Liga“ bezeichnet wurde, dümpelt mit 18 Punkten aus 17 Spielen im unteren Tabellendrittel. Die Roten Teufel träumten vor der Saison einmal mehr vom Aufstieg in die 2. Liga. In der Realität steht ihnen in der Restrunde, die am Samstag um 14 Uhr mit einem Heimspiel gegen Viktoria Köln beginnt, aber der Kampf gegen den Absturz in die Viertklassigkeit bevor.

Unruhe keimte in Kaiserslautern allerdings schon auf, lange bevor der Ball im Fritz-Walter-Stadion rollte. Wegen eines Schuldenbergs von rund 24 Millionen Euro und der drohenden Zahlungsunfähigkeit beantragte die FCK-Kapitalgesellschaft Ende Juni 2020 ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Der Silberstreif am Horizont: Zwei potenzielle Geldgeber stellten in Aussicht, den Pfälzern mit einer dringend benötigten Finanzspritze unter die Arme zu greifen. Doch als die Wahl auf eine regionale Investorengruppe um den Homburger Giuseppe Nardi – geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Theiss Naturwaren GmbH – und nicht auf einen Investor aus Dubai fiel, krachte es beim FCK. Aufsichtsratschef Jörg E. Wilhelm, der sich zuvor für das Dubai-Angebot ausgesprochen hatte, giftete, er habe „innerhalb einer Stunde noch nie so viele Lügen gehört“ wie bei der Pressekonferenz, in deren Rahmen die Entscheidung für die regionalen Investoren begründet wurde. Der FCK reichte eine Unterlassungsklage gegen Wilhelm ein. Wenige Tage später trat dieser von seinen Ämtern zurück.

Der Saisonstart der Roten Teufel taugte nicht dazu, die Wogen im Umfeld zu glätten. Der FCK unterlag im DFB-Pokal – wenn auch unglücklich im Elfmeterschießen – gegen Zweitligist Jahn Regensburg (3:4). Und setzte Mitte September vor damals noch 4150 Zuschauern auf dem Betzenberg auch den Auftakt in der Liga gegen Dynamo Dresden in den Sand (0:1). Sportdirektor Notzon äußerte treuherzig sein Unverständnis darüber, dass nach dem ersten Saisonspiel bereits eine Trainerdiskussion entbrannte (Notzon: „Wir stehen hinter Boris Schommers“). Doch nur eine Partie später (0:3 gegen Aufsteiger Türkgücü München) war der Coach beim FCK dann bereits Geschichte.

Dass sich der Verein derweil in Fußballdeutschland keine Freunde machte, war angesichts dieser Turbulenzen noch sein geringstes Problem. Mehrere Clubs äußerten ihr Unverständnis darüber, dass die Pfälzer trotz des Anfang September eröffneten Insolvenzverfahrens sieben zum Teil namhafte Neuzugänge verpflichteten. Unter der Saison erhöhte sich deren Zahl sogar auf neun. Der Gläubigerausschuss hatte zuvor einer Reinvestition der Ablösesummen zugestimmt, die der FCK vor der Runde erzielt hatte. Dass die Pfälzer auf dem Transfermarkt den Kraftprotz mimten, während sie laut Medienberichten ausstehende Zahlungen an andere Vereine aus älteren Transfers nicht beglichen, mochte wegen des Insolvenzverfahrens rechtlich zu rechtfertigen sein. Moralisch ließ es zumindest Fragen offen.

Als die FCK-Gläubiger dem Insolvenzplan des Vereins Ende Oktober zustimmten, entfielen die Schulden der Kapitalgesellschaft 1. FC Kaiserslautern GmbH & Co. KGaA fast komplett. Die regionale Investorengruppe überwies vier Prozent der Außenstände an die Gläubiger. Den eingetragenen Verein 1. FC Kaiserslautern drücken indes weiter Schulden von rund fünf Millionen Euro.

Noch nicht ad acta gelegt ist auch der Rechtsstreit zwischen der im März entlassenen Vereinsikone Gerry Ehrmann und dem 1. FC Kaiserslautern. Das Jahr und den Rahmen rund um den 100. Geburtstag von Vereinslegende Fritz Walter am 31. Oktober hatten sich die Roten Teufel gewiss anders vorgestellt.

Sportlich lief es für den FCK auch unter dem neuen Trainer Jeff Saibene nicht viel besser. Zwar schienen sich die Pfälzer unter dem Luxemburger gerade defensiv zu stabilisieren, doch der erste Saisonsieg gelang erst am neunten Spieltag (2:1 gegen den FSV Zwickau). In den folgenden fünf Partien zeigte die Mannschaft weiter aufsteigende Tendenz, sammelte immerhin sieben Punkte und schien sich langsam an das Tabellenmittelfeld heranzukämpfen. Doch nach zwei desaströsen Auftritten gegen die SpVgg. Unterhaching (0:2) und 1860 München (0:3) stürzte Kaiserslautern auf einen Abstiegsplatz. „Beschämend für den ganzen Verein“, nannte Verteidiger Kevin Kraus die Leistung gegen München. Mit neun Unentschieden aus 17 Partien sind die Pfälzer die Remis-Könige der Liga. Das mühsame Punktesammeln bringt den FCK aber nicht aus den Untiefen der Liga heraus.

Trainer Saibene wirkte angesichts der um sich greifenden Rat- und Hilflosigkeit zwar meist wie der besonnene Fels in der Brandung. Er irritierte zuweilen aber auch damit, dass er nach einem erfolglosen Spiel die Einstellung seiner Mannschaft zumindest zwischen den Zeilen in Frage stellte – nur um den Leistungswillen der Spieler vor der folgenden Partie plötzlich wieder über den grünen Klee zu loben.

Ende Dezember sind die Roten Teufel nach einer kurzen Weihnachtspause wieder in die Vorbereitung auf die Restrunde eingestiegen. „Wichtig“, sei der Sieg im letzten Spiel des Jahres gewesen, sagte Kapitän Carlo Sickinger dem Internetportal „Der Betze brennt“ am Rande des ersten Trainings. „Als Sportler brauchen wir solche positiven Erfolgserlebnisse. Wir müssen aber über keine anderen Regionen in der Tabelle zu reden, sondern schauen, dass wir schleunigst hinten raus kommen. Daran müssen wir alles setzen“, forderte Sickinger. Und damit sollte der Vorjahres-Zehnte besser schon am Samstag im Heimspiel gegen Viktoria Köln beginnen. Denn der 1. FC Kaiserslautern hat in dieser Saison noch 21 Spiele vor der Brust. Und nur noch einmal heißt der Gegner KFC Uerdingen.

 Ende September musste Trainer Boris Schommers (li.) gehen, Jeff Saibene übernahm dessen Amt beim 1. FC Kaiserslautern. Trotz eines erkennbaren Aufwärtstrends musste dieser bis zum neunten Spieltag auf den ersten Sieg warten – dem bislang nur zwei weitere folgten.

Ende September musste Trainer Boris Schommers (li.) gehen, Jeff Saibene übernahm dessen Amt beim 1. FC Kaiserslautern. Trotz eines erkennbaren Aufwärtstrends musste dieser bis zum neunten Spieltag auf den ersten Sieg warten – dem bislang nur zwei weitere folgten.

Foto: dpa/Torsten Silz
 FCK-Coach Jeff Saibene.

FCK-Coach Jeff Saibene.

Foto: dpa/Matthias Balk

Steven Dooley hat sein Vorstandsmandat beim 1. FC Kaiserslautern e.V. niedergelegt. „In einer schwierigen Zeit hat er sich dem FCK ehrenamtlich zur Verfügung gestellt“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Rainer Keßler. Der Vorstand besteht somit aus Wolfgang Erfurt (Vorsitzender), Tobias Frey (stellvertretender Vorsitzender), Dagmar Eckel und Gero Scira, wie der FCK mitteilt.

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