Amelie Berger bei der Handball-WM Amelie Berger hat ihren Platz gefunden

Zweibrücken · Bei der Handball-Weltmeisterschaft in Spanien, die am Mittwoch beginnt, bestreitet die Zweibrückerin bereits ihr viertes großes Turnier. Bei den Titelkämpfen gehört sie in der DHB-Auswahl damit zu den alten Hasen. Und das mit erst 22 Jahren.

  Reife Leistung: Anfang November bezwangen die deutschen Handballerinnen in einem Freundschaftsspiel den Olympia-Zweiten Russland. Die Leichtigkeit, die die DHB-Auswahl dort an den Tag legte, müsse sie mit in die WM nehmen, fordert die Zweibrückerin Amelie Berger, die sich hier mit Xenia Smits über den Triumph gegen die Russinnen freut.

Reife Leistung: Anfang November bezwangen die deutschen Handballerinnen in einem Freundschaftsspiel den Olympia-Zweiten Russland. Die Leichtigkeit, die die DHB-Auswahl dort an den Tag legte, müsse sie mit in die WM nehmen, fordert die Zweibrückerin Amelie Berger, die sich hier mit Xenia Smits über den Triumph gegen die Russinnen freut.

Foto: imago images/wolf-sportfoto/Marco Wolf via www.imago-images.de

Amelie Berger muss Verantwortung übernehmen. Bei der am Mittwoch beginnenden Handball-Weltmeisterschaft in Spanien (bis 19. Dezember) gehört die Linkshänderin aus Zweibrücken mit gerade einmal 22 Jahren schließlich schon zu den erfahreneren Spielerinnen in der deutschen Mannschaft von Bundestrainer Henk Groener. Die WM ist bereits Bergers viertes großes Turnier.

Als Bürde empfindet sie das aber nicht. „Ich übernehme diese Verantwortung gerne“, sagt Berger. „Ich spüre, dass ich hier meinen Platz gefunden habe. Es kommen jetzt immer wieder neue Spielerinnen in die Nationalmannschaft, die eigentlich genauso alt sind wie ich, die ich aber schon heranführen kann“, erzählt sie und ergänzt: „Diese Rolle gefällt mir und ich nehme sie gerne an.“

Dass Amelie Berger den Titelkämpfen auf der iberischen Halbinsel voller Freude und Tatendrang entgegenblickt, ist ihrer Stimme deutlich anzuhören. Selbstverständlich ist es nicht, dass sie wenige Wochen vor dem Jahreswechsel noch so vor Energie sprüht. Schließlich war 2021 ein turbulentes, ein kräftezehrendes Jahr für Berger. Im April erkrankte sie an Corona. „Man merkt schon ziemlich krass, wie schnell man abbaut in den zwei Wochen“, sagte sie dem Merkur damals. Doch schon im Mai feierte sie mit ihrem damaligen Club SG BBM Bietigheim den Triumph im DHB-Pokal. Im Sommer wechselte Berger dann zum amtierenden deutschen Meister Borussia Dortmund. Und auch dort ging es Schlag auf Schlag weiter: Bundesliga, Champions League, EM-Qualifikation mit einem neu formierten Nationalteam – und nun die Weltmeisterschaft.

Zwar schwebt die dunkle Corona-Wolke auch über den Titelkämpfen in Spanien, Angst haben Berger und ihre Mitspielerinnen aber nicht (siehe auch Text unten). „Wenn man die Zahlen in Spanien anschaut, sieht es da deutlich besser aus als in Deutschland. Es gibt einem ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass dort darauf geachtet wird und man nicht so sehr eingeschränkt ist wie im Vorjahr im Hotel bei der EM in Dänemark. Dass man ein bisschen den Kopf frei kriegen kann und trotzdem weiß: Man ist sicher“, sagt die Zweibrückerin.

Ihr Debüt in der deutschen A-Nationalmannschaft gab Berger, die 2015 vom SV 64 Zweibrücken zum Nachwuchs des TSV Bayer Leverkusen gewechselt war und alle DHB-Nachwuchsteams durchlaufen hat, am 29. September 2018 gegen Russland. In Spanien wird die Linkshänderin nach Japan 2019 (Platz acht) somit bereits ihre zweite Aktiven-WM bestreiten. Im Vorjahr war sie bei der EM in Dänemark (Rang sieben) ebenso dabei, wie 2018 bei ihrem ersten internationalen Turnier mit den „Großen“ bei der EM in Frankreich (Rang neun).

Seit der EM im letzten Jahr hat sich im deutschen Nationalteam einiges bewegt. Nach den Rücktritten der früheren Spielführerinnen Julia Behnke und Kim Naidzinavicius musste sich das Team neu finden. Bei der WM-Qualifikation im Frühjahr lief daher noch nicht alles rund. Aber nach dem Ende der vergangenen Saison, nach Vereinswechseln verschiedener DHB-Spielerinnen, „muss ich sagen, dass sich viele im Verlauf der letzten Monate gut weiter entwickelt haben“, lobt Berger. Das sei bei den zahlreichen Lehrgängen mit der Auswahl deutlich geworden. „Die individuellen Fortschritte, die die Spielerinnen in ihren Clubs machen, die helfen dann natürlich, um auch international zu bestehen“, weiß die 22-Jährige.

Auch sie selbst hat in diesem Jahr den nächsten Schritt gewagt. Nach zwei Spielzeiten im Trikot des Bundesligisten SG BBM Bietigheim wechselte die Rechtsaußen im Sommer zum amtierenden Meister nach Dortmund. Dass sie mit ihrem alten Team im Mai noch den DHB-Pokal gewonnen hat und sie sich demnach nicht ohne Titel verabschieden musste, sei „natürlich ein schöner Abschluss“ gewesen. Dennoch ist die Zweibrückerin „sehr zufrieden“ mit ihrem Wechsel. „Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Trainer, ich bekomme viel Vertrauen und werde auch individuell gefordert“, erzählt sie und ergänzt: „Ich merke einfach, wie präsent ich im Spiel bin, dass ich mit einem guten Gefühl auflaufen kann.“ Das bringt Selbstsicherheit. Die Mannschaft, auch Berger selbst, könnten sehr stolz auf das mit dem BVB bislang Geleistete in dieser Saison sein: „Wir sind sogar ein bisschen überrascht über das gute Ergebnis, gerade in der Champion League. Es ist ziemlich eng in der Gruppe und mit sieben Punkten haben wir jetzt in der Vorrunde schon mehr Zähler als mit Bietigheim insgesamt in der vergangenen Champions-League-Runde. Das spricht auch für sich.“ In der Bundesliga liegen Dortmund und ihr Ex-Club Bietigheim beide noch ohne Punktverlust an der Spitze.

Ihre internationale Erfahrung mit dem BVB konnte Berger in der EM-Qualifikation im Oktober (36:10 gegen Griechenland und 24:24 gegen Belarus) sowie in den WM-Vorbereitungsspielen bereits einbringen. Ein schöner Beweis für die Fortschritte war der 28:27-Sieg beim Tag des Handballs Anfang November in Düsseldorf gegen den Rekord-Weltmeister und Olympiazweiten aus Russland. Obwohl das deutsche Team dort noch auf einige Akteurinnen, die im Ausland spielen, verzichten musste. „Ich glaube, diese Partie hat uns nochmal einen Ruck gegeben, uns gezeigt, dass wir auch gegen ein Spitzenteam bestehen und sogar in letzter Sekunde eine Partie drehen können – wenn wir ein bisschen freier aufspielen“, erklärt Berger, die fünf Tore erzielte. „Ich hoffe, dass wir diese Leichtigkeit mit in die WM nehmen“, ergänztdie 22-Jährige, die mit der DHB-Auswahl auch am letzten Wochenende noch einmal Selbstvertrauen getankt hat. Beim Vier-Länder-Turnier in Madrid musste sich Deutschland nach Siegen gegen Polen (31:29) und die Slowakei (32:25) nur Vize-Weltmeister Spanien knapp geschlagen geben (22:23).

Mit zu großer Euphorie wollen die deutschen Handballerinnen die Weltmeisterschaft trotz der gelungenen Vorbereitung aber nicht angehen. Zu präsent sind noch die Auftritte bei den vergangenen internationalen Titelkämpfen. Bei der WM in Japan vor zwei Jahren vergab die DHB-Auswahl die große Chance aufs Halbfinale und verpasste als Achter die Olympia-Qualifikation für Tokio. Bei der EM in Dänemark im Vorjahr war Deutschland zwar stark ins Turnier gestartet, am Ende wurde es aber nur Rang sieben.

Dieses Mal gab der Deutsche Handballbund offiziell keine großen Ziele vor. „Wir schauen eigentlich immer von Spiel zu Spiel“, betont auch Berger. „Da wir in die Hauptrunde die Punkte aus der Vorrunde mitnehmen würden, müssen wir aber von Anfang an Gas geben.“ Und genau das will Amelie Berger tun. „Ich versuche, meine Stärken einzubringen und eine sichere Bank auf Außen zu sein“, erklärt sie. Fügt aber warnend an: „Ich muss sagen, dass wir eine sehr starke Vorrundengruppe haben.“ Zum Auftakt trifft Deutschland an diesem Donnerstag, 18 Uhr, in Llíria auf Tschechien. Es folgen die Partien gegen die Slowakei (4. Dezember, 18 Uhr) und Ungarn (6. Dezember, 20.30 Uhr). Zu sehen sind die Spiele im Internet auf sportdeutschland.tv. „Bei einer WM sagt man immer so schön, dass man ein bisschen die Kulturen der anderen Kontinente kennenlernen darf. Dieses Mal haben wir aber nur Europäer in der Vorrunde“, sagt Berger. Das sei einerseits ein Vorteil, weil man ungefähr wisse, wie die Gegner spielen. Andererseits „starten wir gegen starke Teams. Da gibt es keine Begegnung, mit dem man locker in das Turnier einsteigt“.

Amelie Berger wird also gleich Verantwortung übernehmen müssen. Doch das ist für die 22-jährige Zweibrückerin schließlich keine Bürde. Sondern eine Rolle, die sie gerne annimmt.

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