Fliegende Menschen unterm Zeltdach

Merzig · Mit übersprungenen 5,40 Metern hat sich der Leverkusener Karsten Dilla den Sieg beim Neujahrsspringen in Merzig gesichert. Daniel Clemens und Raphael Holzdeppe vom LAZ Zweibrücken belegten die Ränge drei und vier.

 Noch läuft nicht alles rund bei Raphael Holzdeppe (LAZ). Bei der Premiere des Neujahrsspringens im Merziger Zeltpalast reichte es für den Weltmeister von 2013 nur zu Rang vier. Foto: Rolf Ruppenthal

Noch läuft nicht alles rund bei Raphael Holzdeppe (LAZ). Bei der Premiere des Neujahrsspringens im Merziger Zeltpalast reichte es für den Weltmeister von 2013 nur zu Rang vier. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Seit 1922 findet es quasi exklusiv in Garmisch-Partenkirchen statt. Seit Samstag gibt es auch im Saarland ein Neujahrsspringen. Bei der Vierschanzentournee starten die Skiflieger. Im Zeltpalast in Merzig sind Stabhochspringer am Start. Dort, wo sonst Opern und Musicals Kulturfreunde erfreuen, wurde die Bühne in der Mitte geteilt, um eine Anlaufbahn aufzubauen. Die mobile Stabhochsprung-Anlage fand mitten im Zuschauerraum Platz. Der große Star des Abends war Raphael Holzdeppe, Weltmeister von 2013. Der 25-Jährige vom LAZ Zweibrücken hofft nach einem verkorksten Jahr, 2015 wieder in die Erfolgsspur zurückzufinden. "Ich denke, dass der Wettkampf geholfen hat, um gut in die Saison hineinzukommen", sagte er und freut sich auf eine Neuauflage im nächsten Jahr: "Ich wohne direkt hier um die Ecke und bin sofort wieder da."

"Der Anlauf ist mit 35 Metern nicht das Problem", erklärte der Sieger Karsten Dilla. Der Leverkusener sagte: "Die Höhe des Anlaufzeltes reicht nicht ganz aus, um die Stäbe wie gewohnt nach oben zu führen. Wir wussten ja nicht wirklich, auf was wir uns da einlassen. Aber es war richtig cool. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer für jeden einzelnen Springer und diese Nähe zum Publikum gehen im großen Stadion oftmals verloren." Etwa 750 Zuschauer waren von der Mischung aus Hochleistungssport und Show-Akrobatik der Gruppe Magic Artists begeistert.

"Der Name Neujahrsspringen ist so sensationell wie die Idee", lobte Gerd Meyer . Der Ehrenpräsident des Landessportverbandes für das Saarland ergänzte: "Für die Springer, die im Winter große Hallen gewohnt sind, ist es eine Umstellung. Für die Zuschauer ist es eine beeindruckende Vorstellung." Denn sie erlebten am vergangenen Samstag hautnah, wie Menschen nur mit einem Stab mal eben in den dritten Stock eines Wohnhauses springen können.

Während der Leverkusener Dilla schon zu Beginn angekündigt hatte, "ich will immer gewinnen, egal wann im Jahr. Heute wird mich keiner schlagen", taten sich die Weltmeister im Starterfeld schwer. Für den Polen Pawel Wojciechowski, WM-Sieger 2011, war nach übersprungenen fünf Metern Schluss. Raphael Holzdeppe, Weltmeister 2013, quälte sich mit nur acht Schritten Anlauf im dritten Versuch über 5,20 Meter, dann war auch für ihn Schluss. "Selbst die habe ich nur dank des tollen Publikums geschafft", lobte der Zweibrücker die Stimmung. Er erklärte seine Leistung: "Ich komme aus dem Trainingslager in Südafrika und habe nach kleineren Verletzungsproblemen noch etwas Rückstand." Den muss er im Hinblick auf die in diesem Jahr in Peking stattfindende WM aufholen. "Die deutsche Konkurrenz ist so stark, dass wir uns gegenseitig nach oben treiben werden", versprach der Bronzemedaillen-Gewinner von Olympia 2012.

Aufgrund der Nachwirkungen einer Achillessehnen-Verletzung fungierte der Olympia-Zweite Björn Otto nur als Co-Moderator. Er versorgte das Publikum mit Hintergrund-Informationen zu Stäben, Harz und Sprühkleber als Griffhilfe oder gab Einblicke in Technik und Gefühlswelt eines Spitzensportlers bei so einem Wettkampf. Doch Otto gab nicht nur den charmanten Plauderer, er kündigte auch seine Rückkehr an: "Die Saison geht ja erst Ende Januar so richtig los. Ich habe mir einfach nur vorgenommen, verletzungsfrei zu bleiben und hoch zu springen."

Das taten in Merzig Dilla, Holzdeppes Vereinskollege Daniel Clemens und Piotr Lisek. Der Zweibrücker Clemens, der schon aus 14 Anlaufschritten sprang, meisterte die Einstiegshöhe von 4,80 Meter ebenso problemlos wie danach die 5,00 und die 5,20. Bei 5,30 Metern benötigte er einen zweiten Versuch. Höher ging es für ihn nicht. Der Pole Lisek ließ bei seinen Versuchen über 5,20 und 5,30 viel Luft zwischen sich und der Stange, scheiterte dann aber wie Clemens an den 5,40 Metern. Um 19.07 Uhr überquerte Dilla unter tosenden Beifall der Menge diese Höhe und entschied damit im dritten und letzten Versuch die Premiere des Merziger Neujahrsspringens zu seinen Gunsten.

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