Fan-Sein zwischen Jubel und Tränen

Überraschungen im Sport gehören einfach dazu. Negative wie positive. Meist sind es doch genau die, die es für Fans so spannend und emotional machen. Solch ein unerwartetes Auf und Ab gab es für Anhänger deutscher Sportler auch am vergangenen Wochenende. Angefangen bei dem tollen Auftritt des Tennisspielers Mischa Zverev im Viertelfinale der Australien Open. Als der Hamburger mit "dem besten Match seines Lebens" den Weltranglistenersten Andy Murray überraschend aus dem Turnier warf. Erstmals in seiner Karriere schaffte Zverev den Sprung in ein Major-Viertelfinale. Mit seinem Spiel und den Jubelschreien danach verzückte der 29-Jährige nicht nur die Tennis-Welt. Wenn Zverev gestern auch gegen Rekord-Grand-Slam-Champion Roger Federer ausgeschieden ist, kann ihm diesen Erfolgsmoment gegen Murray niemand mehr nehmen.

Fast untergegangen ist bei den Lobeshymnen auf Mischa Zverev danach das unerwartet frühe Ausscheiden der Weltranglistenersten und Titelverteidigerin Angelique Kerber . Nach der klaren Achtelfinal-Niederlage gegen die US-Amerikanerin Coco Vandeweghe schleicht sie mit hängendem Kopf, völlig enttäuscht vom Center Court. Wer Kerber in den Partien zuvor beobachtet hat, konnte sehen, wie schwer sie sich tat. Das Spiel ging der Weltranglistenersten nicht erst gegen die Nummer 35 nicht mehr so locker von der Hand. Nach ihrem Erfolg bei den Australien Open vor einem Jahr musste die Deutsche erfahren, was der Spagat zwischen dem immensen Interesse von Medien und Werbepartnern sowie dem weiteren Abrufen von Spitzenleistungen bedeutet. Nicht jeder kann das einfach wegstecken.

Nur schwer zu realisieren war für mich - genau wie für die Spieler selbst - dann am Abend aber vor allem das überraschende WM-Aus der deutschen Handballer. Irgendwie noch berauscht von den Siegen der Vorrunde kam dieses Ende jäh. So konsterniert wie die Spieler auf dem Feld saßen auch wir vor dem Bildschirm. Ganz treffend der Kommentar meines vierjährigen Neffen, nachdem ich die letzten fünf Minuten der Achtelfinal-Partie gegen Katar fluchend neben ihm hockte: "So, das war's dann wohl." Es ist ein undankbares Ende der Ära von Dagur Sigurdsson.

Doch so unterschiedlich können die Bilder im Sport eben sein: vor einem Jahr die Tränen des Triumphes von Kerber in Melbourne, der Jubel der deutschen Handballer über den EM-Titel. Und nun: beide am Boden. Nur zu gerne hätte auch ich zu meinen unfassbaren Erinnerungen des Handball-WM-Finales 2007 in der überfüllten Kölnarena, das ich als Sportstudentin live vor Ort verfolgen durfte, mit dem nachgerückten Christian Schwarzer , mit den Siegestänzen samt Krone und Heiner-Brand-Schnauzer im Anschluss nun zehn Jahre später weitere schöne Bilder hinzugefügt. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", dachte ich mir während der Vorrunde. Doch es hat nicht sollen sein. So schnell können Träume im Sport platzen. Doch, so bitter es ist, auch diese Momente gehören einfach dazu. Man darf sich davon nur nicht unterkriegen lassen. Dann stehen auch neuen Überraschungen nichts im Weg.

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