Triathlon „Es könnte eine perfekte Saison werden“

Zweibrücken · Obwohl der Hawaii-Ironman 2018 nicht auf seinem Plan steht, hat sich Triathlet Oliver Spurzem für dieses Jahr viel vorgenommen.

 Kurz, aber sehr intensiv. So sieht derzeit das Training von Triathlet Oliver Spurzem aus.

Kurz, aber sehr intensiv. So sieht derzeit das Training von Triathlet Oliver Spurzem aus.

Foto: Spurzem

Wer nicht weiß, welche Qualen damit verbunden sind, könnte neidisch werden. Anfang des Jahres vier Wochen in den USA, jetzt zwei in Südfrankreich. Auch die Bräune von Oliver Spurzem lässt erkennen, dass der Triathlet die vergangenen Monate nicht nur auf deutschen Straßen unterwegs war. Doch der Stabsfeldwebel des Fallschirmjägerregiments 26 macht das nicht – zumindest nicht nur – zum Vergnügen. Harte, kräftezehrende Trainingseinheiten mit dem Nationalteam der Bundeswehr standen auf dem Plan. „Alles für das übergeordnete Ziel Militär-WM in Schweden“, erklärt Spurzem, der seinem Arbeitgeber dankbar ist, dass er ihn in dem Maße auf seinem sportlichen Weg unterstützt.

Zunächst seltsam mutet aus dem Mund des 41-Jährigen an, dass nicht erneut die Ironman-WM auf Hawaii als Saison-Höhepunkt ausgegeben wird. Dahinter steckt allerdings ein großer Gesamtplan. „Ich habe bemerkt, dass mir der Zwei-Jahres-Hawaii-Rhythmus besser bekommt. Es ist sonst einfach anstrengend.“ Die hohen Belastungen für Körper und Geist, die Reisestrapazen. Das alles muss er 2018 nicht unbedingt haben. Abgeschlossen mit dem legendären Ironman hat der Zweibrücker deshalb aber noch lange nicht. „Die bisherigen drei Teilnahmen hatten alle eher Lerneffekt“, sagt Spurzem mit einem Lachen. Bei der Premiere 2014 bremste den ehrgeizigen Sportler eine Radpanne aus, im folgenden Jahr machten Wind und Regen den Athleten zu schaffen, im vergangenen Oktober zwang ihn bei seinem dritten Start ausgerechnet die Laufstrecke fast in die Knie. Doch Aufgeben ist für Spurzem noch nie eine Option gewesen. So quälte er sich unter Schmerzen erneut bis ins Ziel. Und da will er auch 2019 wieder hin. „Ich will unbedingt ein wirklich ordentliches Hawaii-Rennen – so lange mir das nicht gelingt, kann ich das nicht abhaken.“ 2018 sei nun ein Übergangsjahr. „Im Prinzip gehört das alles schon zur Vorbereitung auf Hawaii 2019, darauf liegt mein Fokus.“

Mit der nun veränderten Saisonplanung hat sich für Spurzem auch die Vorbereitung geändert. Ganz anders als die sonst nach Hawaii eher lockeren Einheiten, hat der Triathlet schon im November sehr intensiv gearbeitet. „Die Tempohärte musste her. Und die kann ich auch im nächsten Jahr nutzen.“ Die Leistungsdiagnostik zeigt, dass die Umstellung lohnt. Die Werte sind verbessert. Im Schwimmen und auf dem Rad sieht sich Spurzem auf Wettkampfstand. Im Laufen, seiner Paradedisziplin, eher nicht. „Das muss ich in den nächsten vier Wochen ausbügeln“, blickt er auf kräftezehrende Einheiten voraus. Aber dieses Quälen „ist eigentlich genau mein Ding“.

Und obwohl dem Zweibrücker die ungewohnt kurzen Einheiten „weh tun“, fühle er sich dabei frischer. Auch mental. „Die Einheiten sind häufiger und viel härter, aber nicht so ermüdend wie das ganze lange Zeug.“ Auch für den erfahrenen Triathleten, der 2006 mit Sprintdistanzen begann, sich über mehrere Mitteldistanzen bis 2010 zum ersten Ironman arbeitete, waren die Trainingslager mit den Kurzdistanzlern sehr lehrreich. „Die ticken total anders. Sie sind wild und unruhig, gehen oft aus ihrer Komfortzone heraus und können sich so richtig weh tun.“ Dass das sein muss, um Topleistungen abzurufen, weiß auch Spurzem. „Aber eben nicht nur.“ Es sei auch bemerkenswert zu spüren, wie schnell sich der Körper den neuen Trainingsumständen anpasst. Dabei ärgert es Spurzem, dass die langen Strecken ihm nun schwerer fallen. „Man merkt einfach, dass der Körper – dieses faule Stück – sich sofort nach unten reduziert, und eben nur noch 15 Kilometer laufen will statt 30. Doch es geht schließlich immer darum, was das Ziel ist“. Und das nächste ist nach einem Test-Wettkampf in Holland eben die WM des CISM (Conseil International du Sport Militaire) über die olympische Distanz.

Für die sich Spurzem in seiner Klasse vorgenommen hat, unter die Top Ten zu kommen. „Das Gute ist, dass ich auf der kurzen Strecke nicht so abergläubisch bin. Beim Ironman habe ich Respekt vor der langen Distanz.“ Die kurzen Strecken scheinen eher wie eine lockere Trainingseinheit. Dennoch erwartet der für Deutschland an den Start gehende Athlet einen harten Wettkampf. „Es gibt wirklich super starke Nationen.“ Etwa Belgien, Frankreich, auch Norwegen. Ein Kanadier sei zudem unfassbar gut.

Das war allerdings auch die Bundeswehr-Mannschaft um Spurzem im vergangenen Jahr bei der WM in Warendorf – als sie Gold gewann. „Mal sehen, was wir dieses Mal mit dem Team rocken“, ist der 41-Jährige, der bereits bei drei Militär-Weltmeisterschaften über die lange Distanz, einer über die kurze dabei war, gespannt. Denn dieses Mal sind keine Spitzensportler im Team dabei. „Wir alle trainieren hart, wir alle können ordentliche Leistungen abrufen, was ohne das intensive Training nicht möglich wäre, aber wir müssen sehen, für was es dieses Mal reicht.“

Nach dem internationalen Kräftemessen ist für Spurzem noch lange keine Pause angesagt. Nach Schweden wird der Schalter auf Mitteldistanz umgelegt. Und für die erste in diesem Jahr hat er sich einen wirklich „verrückten Wettkampf“ ausgesucht: den Triathlon Alpe d´Huez am 2. August in den französischen Alpen. Solche vom Erlebnis her tollen Rennen habe er in den in den vergangenen Jahren zurückgestellt. „Weil es nur das vorrangige Ziel Hawaii gab.“ Auf seine vierte WM-Teilnahme auf der mystischen Vulkaninsel im Pazifik will Spurzem dann nur gut einen Monat später hinarbeiten. Beim Ironman 70.3 Coronado in Kalifornien (USA) Mitte September, dem einzigen weltweit mit Militärwertung, geht es bereits um Qualipunkte für 2019. „Es ist eine wirklich turbulente Saison – und es könnte die perfekte werden“, hofft Oliver Spurzem mit Blick auf seine körperliche und mentale Verfassung sowie die womöglich frühzeitige WM-Quali für das kommende Jahr. „Sollte das schon im September klappen, wäre das einfach perfekt.“ Dann hätte der Zweibrücker, der bei seiner fünften Ironman-EM 2017 seine Bestzeit auf 9:14 Stunden verbesserte, ein Jahr lang Zeit, sich auf Hawaii vorzubereiten. Ohne Druck, ohne großen Wettkampfstress. Und so könnte Oliver Spurzem erneut die Kurzdistanz-Saison mit dem deutschen Militärteam absolvieren, sich danach ein halbes Jahr auf die besondere Qual in der Hitze von Hawaii vorbereiten. Um sich dann beim Zieleinlauf in Kona endlich den Traum von einer Zeit unter zehn Stunden zu erfüllen.

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