Ein Flüchtling stiehlt allen die Show

Rio de Janeiro · Das Olympia-Debüt von Flüchtling Yusra Mardini hat für großes Aufsehen gesorgt. Die in Berlin lebende Schwimmerin aus Syrien steckte den Trubel lässig weg und freut sich schon auf ihren zweiten Start.

Etwa 50 Journalisten zückten aufgeregt ihre Diktiergeräte und drängten sich ungeduldig um Yusra Mardini. Die zierliche Schwimmerin stand in der Interviewzone auf einem kleinen Podest, damit sie jeder sehen und vor allem hören könnte. Und sie genoss die große Aufregung um ihre Person.

Stolz und überhaupt nicht eingeschüchtert schwärmte die aus Syrien nach Deutschland geflüchtete 18-Jährige über ihr Olympia-Debüt, das weltweit große Beachtung fand. "Es war wirklich cool, hier bei Olympia schwimmen zu dürfen und die ganzen Champions zu sehen", sagte Mardini nach Platz 41 unter 45 Schwimmerinnen über 100 Meter Schmetterling.

Vor versammelter Weltpresse schickte sie in gutem Englisch einen herzlichen Gruß nach Berlin. Dort hat sie nach ihrer dramatischen Flucht aus dem vom Krieg zerrissenen Syrien eine neue Heimat und in den Wasserfreunden Spandau 04 einen neuen Verein gefunden. "Ich möchte ihnen für die Unterstützung danken. Sie sind in meinem Herzen", sagte sie.

Mardini stahl zum Auftakt der Schwimmwettbewerbe im Olympic Aquatics Stadium von Rio allen die Show. Dass sie im Vorlauf in 1:09,21 Minuten knapp 13 Sekunden langsamer war als die schwedische Weltmeisterin Sarah Sjöström und ihre eigene Bestmarke (1:08,51) nicht knackte, war zweitrangig.

Aber sie soll nicht sportliche, sondern politische Signale in die Welt senden. Sie soll die Menschen auf ihre Geschichte und die von Millionen anderen Flüchtlingen aufmerksam machen. "Ich will allen zeigen, dass man es trotz Krieg und Elend schaffen kann."

Mardini ist eine von zehn Athleten im ersten Flüchtlingsteam (RTO), das das Internationale Olympische Komitee (IOC) in Rio unter olympischer Flagge an den Start schickt. Das IOC will "ein Zeichen der Hoffnung für flüchtende Sportler auf der ganzen Welt" setzen, sagte IOC-Chef Thomas Bach .

Die Geschichte von Mardini hat es sogar nach Hollywood geschafft, ein Film ist geplant. Denn schon ihre Flucht aus Damaskus war dramatisch. Vor der griechischen Insel Lesbos entdeckten sie und ihre ältere Schwester Sarah ein Leck in ihrem Schlauchboot. Trotz Todesangst sprangen die beiden Mädchen ins Wasser und zogen das Boot mehrere Stunden bis an die sichere Küste. Ein Jahr danach schwimmt Yusra Mardini bei Olympia.

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Auf einen Blick Der Start in die Schwimmwettbewerbe verlief aus deutscher Sicht mäßig. Jacob Heidtmann schlug im Vorlauf über 400 Meter Lagen in deutscher Rekordzeit von 4:11,85 Minuten an - wurde aber disqualifiziert, weil er bei der Brustwende zwei Delfinkicks gemacht hatte. Die Zeit hätte für den Endlauf gereicht. Christoph Fildebrandt von der SSG Saar Max Ritter schied über 200 Meter Freistil als Siebter seines Vorlaufs mit einer Zeit von 1:47,81 Minuten aus. Bei den ersten Entscheidungen krönten sich die Ungarin Katkinka Hosszu (400 Meter Lagen/Weltrekord), der Australier Mack Horton (400 Meter Freistil ), der Japaner Kosuke Hagino (400 Meter Lagen) und die 4x100-Meter-Freistil-Staffel Australiens mit den Schwestern Cate und Bronte Campbell (Weltrekord) zu Olympiasiegern. dpa

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