Eishockey-Regionalliga Für die Hornets ist der Titel-Traum zu Ende

Zweibrücken · Eishockey-Regionalligist EHC Zweibrücken verliert das entscheidende dritte Spiel um den Finaleinzug gegen Stuttgart mit 2:5. Die Partie wird von einem üblen Foul gegen Zweibrückens Joshua Mikes überschattet. Am Ende fliegen sogar die Fäuste.

 Matthew Genest-Schön sitzt wie ein Häuflein Elend auf der Auswechselbank. Die Hornets haben den Einzug ins Finale der Eishockey-Regionalliga Südwest verpasst. 
  Fotos: Martin Wittenmeier

Matthew Genest-Schön sitzt wie ein Häuflein Elend auf der Auswechselbank. Die Hornets haben den Einzug ins Finale der Eishockey-Regionalliga Südwest verpasst. Fotos: Martin Wittenmeier

Foto: Martin Wittenmeier

Die Entscheidung fällt in Minute 58: Die Spieler des Eishockey-Regionalligisten EHC Zweibrücken belagern am Freitagabend beim Stand von 2:3 in der heimischen Ice-Arena das Tor der Stuttgart Rebels. In Überzahl wollen sie im entscheidenden dritten Spiel der Playoff-Halbfinalserie den Ausgleich erzwingen. Die Hornets suchen die Lücke in der Abwehr der Schwaben. Doch die hält stand. Stuttgart gewinnt den Puck und feuert ihn aus der Gefahrenzone: Ist das ein Befreiungsschlag oder ein genialer Pass? Den Stuttgartern ist es vor allem egal. Denn die Scheibe kommt genau in den Lauf von Rebel-Spieler Mathias Vostarek, der erst einen Moment zuvor die Strafbank verlassen hat. Vostarek bricht über links durch, EHCZ-Torwart Steven Teucke macht die kurze Ecke zu – rutscht bei der Rettungstat aber aus seinem Tor. Der Puck liegt frei vor dem Gehäuse der Hornets. Erleichterung bei den EHCZ-Fans unter den 718 Zuschauern, als Zweibrückens Pierre Wex als erster an der Scheibe ist. Doch dann der Schock: Ehe Wex sich entscheiden kann, wohin damit, hat Lukas Fröhlich ihm das Spielgerät auch schon abgeluchst und trifft zum 2:4 ins verwaiste Tor. „Ich weiß nicht, was er da gedacht hat, ich habe noch nicht mit ihm geredet“, gab EHCZ-Trainer Ralf Wolf nach der Partie konsterniert zu Protokoll.

Mit zwei Toren in Rückstand und nur noch 150 Sekunden auf der Uhr nahmen die Hornets Teucke aus dem Tor, um einen Feldspieler mehr auf dem Eis zu haben. Doch das Risiko wurde nicht belohnt. Patrick Eisele traf eine Minute vor Schluss zum 5:2 für Stuttgart – die Hornets wussten spätestens jetzt, dass das Finale ohne sie stattfindet. Und der Frust war groß. Nach dem letzten Treffer der Stuttgarter verpasste EHCZ-Verteidiger Leon Kremer Torschütze Eisele einen Check, obwohl der Puck schon im Tor lag. Eine Unsportlichkeit.

Sollte es der Plan von Jonah Hynes gewesen sein, diese in den Schatten zu stellen, ging er auf. Bei nur noch drei Sekunden auf der Uhr hätte sich der Stuttgarter über den Finaleinzug seiner Mannschaft freuen können. Stattdessen verpasste er Zweibrückens Stürmer Joshua Mikes aus vollem Lauf einen Bandencheck der ganz üblen Sorte. Mikes, der mit solch einem Angriff angesichts des längst entschiedenen Spiels nicht rechnete, hatte keine Körperspannung aufgebaut, um sich zu verteidigen, Der 29-Jährige krachte mit dem Rücken gegen die Spielfeldbegrenzung und sank bewusstlos zu Boden. Hinter den Sanitätern, die Mikes umgehend versorgten, eilte der erzürnte Felix Stokowski aufs Eis. Der Abwehrhüne der Zweibrücker liefert sich eine Schlägerei mit Stuttgarts Lukas Willer. Nachdem er diesen aufs Eis geschickt hatte, tat er selbiges mit Christian Bauhof – und knöpfte sich dann auch noch Vostarek vor. Hynes kassierte für seinen Check ebenso eine „Matchstrafe“, die für die vorsätzliche Verletzung eines Gegenspielers verhängt wird, wie Stokowski. Es war ein trauriger Schlusspunkt, der das packende Duell, das sich beide Mannschaften zuvor sportlich geliefert hatten, trübte. Denn die Partie wurde trotz der drei Sekunden verbleibender Spielzeit gar nicht mehr angepfiffen.

Zweibrücken hatte die Anfangsphase in der Ice-Arena dominiert, begegnete den technisch gefälligeren Schwaben mit großem Einsatz. Die giftigen Hornets hatten die Chancen – aber sie stachen nicht zu. Das Tor trafen zunächst nur die Gäste. Marcel Göttfert schloss eine Kombination über drei Stationen zum 1:0 für die Rebels ab (9. Minute). Dann verlor Zweibrückens Fabian Fellhauer den Puck im Aufbauspiel. Querpass Willer – und am zweiten Pfosten schob Fröhlich zum 2:0 ein (16.). Stuttgart war zu diesem Zeitpunkt nicht besser – aber deutlich effizienter.

  Am Ende fliegen die Fäuste: Zweibrückens Felix Stokowski nimmt es nach einem üblen Check gegen Joshua Mikes mit der halben Stuttgarter Mannschaft auf.

Am Ende fliegen die Fäuste: Zweibrückens Felix Stokowski nimmt es nach einem üblen Check gegen Joshua Mikes mit der halben Stuttgarter Mannschaft auf.

Foto: Martin Wittenmeier

Doch die Hornets antworteten noch vor der ersten Pause. Mikes spazierte aus dem eigenen Drittel über den linken Flügel ins Stuttgarter Hoheitsgebiet, ließ einen Gegenspieler ins Leere laufen und schweißte das Spielgerät in die lange Ecke (18.). Zwei Minuten später glich der EHCZ aus. In Überzahl ließen die Hornets die Scheibe vor dem Tor der Schwaben flüssig laufen. Wex zog aus zentraler Position ab. Rebels-Torwart Patrick Golombek war die Sicht versperrt – 2:2 (20.).

In zweiten Abschnitt wurde Stuttgart stärker. Zweibrückens Claudio Schreyer traf aus spitzem Winkel zwar den Außenpfosten (26.), doch ansonsten dominierten die Gäste, die sich nach 34 Minuten mit dem 3:2 belohnten. Die Zweibrücker hatten gerade eine Unterzahlsituation überstanden, waren aber noch unsortiert, als Eisele die Rebels mit einem satten Schuss vom linken Bully wieder in Führung brachte. Fast hätte Tim Bernhardt nach tollem Solo wieder ausgeglichen – doch Golombek verhinderte den Einschlag (37.).

Im finalen Drittel wurde es dramatisch. Zweibrücken hatte allein durch Schreyer mehrfach die Gelegenheit zum Ausgleich auf der Kelle, auf der Gegenseite hatte Stuttgart Chancen, die Partie zu entscheiden. Teucke hielt die Hornets mit einer Wahnsinnsparade gegen einen Schuss von Christian Leers im Spiel (48.). In den letzten zehn Minuten bekamen die Zweibrücker noch zwei Mal die Chance, den Ausgleich in Überzahl zu erzwingen. Doch Stuttgart verteidigte geschickt – und traf die Hornets mit dem Ende ihrer zweiten Überzahl durch Fröhlich mitten ins Herz. Damit haben die Zweibrücker die Halbfinal-Serie trotz einer 1:0-Führung mit 1:2 verloren (6:5, 3:9, 2:5). Im Finale trifft Stuttgart auf den Heilbronner EC.

 Kein Durchkommen: Dustin Bauscher und Claudio Schreyer suchen vergeblich die Lücke in der massiven Stuttgarter Abwehr.

Kein Durchkommen: Dustin Bauscher und Claudio Schreyer suchen vergeblich die Lücke in der massiven Stuttgarter Abwehr.

Foto: Martin Wittenmeier

Dementsprechend groß war die Tristesse beim EHCZ. Verteidiger Matthew Genest-Schön kauerte nach dem Ende des Final-Traums minutenlang regungslos auf der Auswechselbank. Stürmer Dustin Bauscher meinte mit geröteten Augen. „Zwei Mannschaften auf Augenhöhe. Nur eine kann weiterkommen. Wir waren uns sicher, dass wir das sind. Aber das ist Eishockey. Das ist der Sport. Wir haben heute zwei, drei Chancen nicht genutzt, die wir hätten nutzen müssen.“

In der Kabine habe sich Wolf „bei der Mannschaft bedankt für den Aufwand, den sie betrieben hat. Und mich dafür entschuldigt, dass es nicht für den Titel gereicht hat“, berichtete der Trainer. Besonders leidgetan habe ihm Dan Radke. Den Kanadier verschlägt es beruflich nach Kopenhagen, er wird nicht mehr für die Hornets auflaufen. „Ich habe viel von ihm gelernt. Was Eishockey angeht. Aber auch menschlich. Dass er sich ohne Titel verabschieden muss, tut weh“, sagte Wolf und ergänzte: „Ihn zu ersetzen, wird eine Sommer füllende Aufgabe.“

Auch Kapitän Stephen Brüstle richtete noch einige Worte an die Mannschaft. Sprach von einer guten Leistung in den Playoffs – und forderte genau daran in der kommenden Saison wieder anzuknüpfen. Dann verabschiedete sich der Trainer von seinem Team – denn der Familie Wolf blieb an diesem Tag nichts erspart. Die Ehefrau des Coaches, die die Partie in der Ice-Arena verfolgte, war während der Partie von einem Puck getroffen worden.

Eine gute Nachricht gab es für Ralf Wolf und die Zweibrücker einen Tag später. Die Befürchtung, Joshua Mikes habe eine schwere Rückenverletzung erlitten, bewahrheitete sich nicht. Der Stürmer, der am Freitag auf einer Liege vom Eis getragen werden musste, kam mit einer schweren Gehirnerschütterung davon und konnte das Krankenhaus am Samstag verlassen. „Ich war froh, ihn schon wieder lächeln zu sehen“, sagte Wolf, der mit dem US-Amerikaner ein Video-Telefonat geführt hatte. Verständnis für die Attacke von Hynes hatte Wolf auch mit einem Tag Abstand und trotz des glimpflichen Ausgangs nicht: „Da hat sich wohl über die Serie etwas angestaut. Und kurz vor Schluss hat der Spieler die Gelegenheit gesehen, alles rauszulassen – und meiner Meinung nach eine schwere Verletzung mindestens in Kauf genommen. Da fehlt mir immer noch das Bewusstsein, was bei so einer dummen Aktion an der Bande passieren kann. Das war ja mit Anlauf – da wirken Kräfte wie bei einem Verkehrsunfall“, kritisierte der 42-Jährige. Felix Stokowski nahm er dagegen in Schutz: „Da muss man doch die Zeitschiene beachten. Das war eine Reaktion. Er sieht Josh dort am Boden liegen, die Stuttgarter stehen im Weg und dann räumt er eben auf. Wir können froh sein, jemanden zu haben, der sich so bedingungslos vor die Mannschaft stellt wie er.“

Im Hinblick auf die abgelaufene Runde zog Wolf ein gemischtes Fazit: „Es war eine komplizierte Saison. Natürlich vor allem wegen Corona. Positiv ist, dass wir die Runde trotz der Personalprobleme gerade auf der Torwartposition durchziehen konnten. Dass wir nie ein Spiel absagen mussten.“ Aufgrund der Transfers im Winter – der EHCZ sicherte sich aufgrund der personellen Engpässe die Dienste von Wex, Tim Bernhardt und Josef Lala – „haben wir die Erwartungshaltung bewusst hochgehalten“, sagte der Trainer. „Deshalb sind wir natürlich enttäuscht, dass wir den Titel nicht gewonnen haben.“ Nun wolle er die „Saison erstmal sacken lassen, und dann stellen wir die Weichen für die neue Saison“. Dann werden die Hornets wieder Anlauf nehmen – um den Titel nach 2017 endlich wieder in die Rosenstadt zu holen.

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