„Du musst viel feinfühliger sein“

Zweibrücken. Nach den Abgängen von Torjägerin Joline Müller und von Amelie Berger muss Rüdiger Lydorf bei den Oberliga-Handballerinnen vom SV 64 Zweibrücken einen kleinen Umbruch einläuten. Merkur -Redaktionsmitglied Martin Wittenmeier hat sich mit dem Neu-Trainer, der vor der Runde das Amt von Martin Schwarzwald übernommen hat, über die Ziele unterhalten und dabei auch erfahren, warum ein guter Herrentrainer nicht zwangsläufig auch als Damencoach erfolgreich sein muss.

 Seit dieser Runde trainiert Rüdiger Lydorf die SV-Damenmannschaft um Anne Wild. Foto: cos

Seit dieser Runde trainiert Rüdiger Lydorf die SV-Damenmannschaft um Anne Wild. Foto: cos

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Herr Lydorf, Ihre Mannschaft ist am Wochenende mit einem Heimsieg gegen den TV Moselweiß in die Saison gestartet. Wie zufrieden sind Sie mit dem Auftakt und der Vorbereitung auf die Oberligarunde allgemein?

Rüdiger Lydorf: Die Vorbereitung war am Anfang etwas schwierig. Es hat einfach ein bisschen gedauert, bis man sich richtig kennengelernt hat. In den letzten drei Wochen sind noch zwei Spielerinnen dazugestoßen und seitdem läuft es eigentlich richtig gut. Im ersten Spiel haben wir schnell die Nervosität abgelegt und dann den Gegner über 60 Minuten dominiert. Ich hatte da nie Angst, dass das in die Hose gehen kann.

Mit welchen taktischen Vorgaben haben Sie Ihre Mannschaft auf die Partie vorbereitet?

Lydorf: Zu allererst wollten wir aggressiver in der Deckung stehen. Da habe ich noch Steigerungspotenzial zur letzten Saison erkannt. Es geht einfach darum, weniger Gegentore zu bekommen. Auch weil wir jetzt nicht mehr so viele einfache Tore durch Joline (Joline Müller; Anm. d. Red.) erzielen. Deshalb ist es wichtig, aus einer kompakten Abwehr mit Tempo hinten raus zu spielen und vorne einfache Treffer zu machen, ohne, dass wir uns großartig im Angriff aufreiben.

Mit Joline Müller und Amelie Berger haben zwei Führungsspielerinnen den SV 64 im Sommer verlassen. Wie sollen diese Abgänge kompensiert werden?

Lydorf: Wir müssen unser System schon ein wenig umstellen. Es ist einfach keine mehr da, die jedes Spiel zwölf bis 15 Tore wirft. Vielleicht, wenn eine Mal einen guten Tag hat, aber nicht in dieser Regelmäßigkeit. Das muss jetzt einfach auf mehrere Schultern verteilt werden. Dafür muss aber auch jeder mehr Verantwortung übernehmen. Im ersten Spiel hat man gemerkt, dass alle darauf warten, dass sich jemand den Schuss holt, weil bislang immer zwei da waren, die sich die Würfe genommen haben. Jetzt brauchen die Mädels einfach das Selbstbewusstsein, auch selbst die Würfe zu nehmen.

Gibt es Spielerinnen im Kader, die in diese Führungsrolle reinwachsen können?

Lydorf: Mit Marion Weick und Nadine Zellmer, um mal zwei zu nennen, haben wir diese Last schon auf mehrere Schultern verteilt. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass sich im Laufe der Runde eine Spielerin herauskristallisieren wird, die dann sowohl in der Abwehr als auch im Angriff das Heft in die Hand nimmt. Und wenn Katha Koch nach ihrer Schwangerschaft zurückkommt - sie ist jetzt schon lange dabei und bei den Mädels akzeptiert -, glaube ich, dass sie auf der Rückraum-Mitte-Position eine wichtige Rolle ausfüllen kann.

Mit welchen Zielen geht der SV 64 in die Saison?

Lydorf: Über ein richtiges Saisonziel haben wir uns eigentlich noch keine Gedanken gemacht. Wichtig ist, dass das Team zusammenfindet und damit verbunden das Maximale rausholen. Die Liga ist in dieser Saison noch ausgeglichener als im letzten Jahr. Damals war vom dritten bis zum vorletzten Platz alles eng zusammen, das wird diesmal nicht anders sein. Mit dem Abstieg werden wir sicher nichts zu tun haben, aber für ganz vorne reicht es in dieser Saison wohl noch nicht. Ich wäre zufrieden, wenn wir uns im oberen Mittelfeld etablieren könnten.

Sie haben in der vergangenen Saison die Damen der FSG Dudweiler-Fischbach in der Saarlandliga trainiert. Wir groß sind die Unterschiede im Vergleich zur Oberliga?

Lydorf: Das Niveau ist ein komplett anderes. Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich mir den Schritt nicht so groß vorgestellt hätte. Im Pokal haben wir mit der FSG auch mal gegen Zweibrücken, Püttlingen oder Marpingen gespielt, da hat man den Unterschied nicht so gemerkt. Aber im Training ist es jetzt viel intensiver. Sowohl vom Einsatz als auch von dem, was man von den Spielerinnen fordern kann. Hier haben wir beispielsweise dreimal die Woche Training, in der Saarlandliga nur zweimal. An den Inhalten ändert sich nichts, aber man kann es viel intensiver gestalten und es wird auch viel schneller umgesetzt. Hier ist jeder fokussiert, während in der Saarlandliga drei, vier fokussiert sind und der Rest einfach spielt, weil es Spaß macht. In der Oberliga ist der Leistungsgedanke sehr viel höher.

Braucht es als Trainer einer Damenmannschaft andere Qualitäten als bei einem reinen Männerteam?

Lydorf: (lacht). Das ist schon ein anderes arbeiten. Bei den Mädels muss man das anders verpacken. Bei den Jungs oder Herren kann ich sagen: "Du machst das jetzt so", und der geht dann aufs Feld und macht das auch so. Wenn eine Spielerin nicht an das glaubt, was ich ihr erzähle, kann man ihr das hundertmal sagen, aber sie wird es nicht machen. Man muss ihnen die Sicherheit geben, dass sie das auch können. Da muss man als Trainer sehr viel feinfühliger sein. Bulli (Stefan Bullacher, Trainer der SV64-Herrenmannschaft; Anm. d. Red.) hat das mal ganz gut ausgedrückt: Es gibt Frauentrainer und es gibt Herrentrainer. Und ein guter Herrentrainer schafft es in der Regel nicht, ein guter Frauentrainer zu werden. Umgekehrt ist das eher möglich. Die Führungsart ist da einfach eine komplett andere.

Beim SV 64 wird bei den Männern ab der B-Jugend dasselbe System eintrainiert. Ist das bei den Frauen auch so?

Lydorf: In der Abwehr ändert sich vom Grundprinzip erstmal gar nichts. Im Angriff habe ich etwas umgestellt, weil einfach weniger Schussgewalt da ist, und wir mehr ins Eins-gegen-eins gehen müssen. Es geht einfach darum, dass wir die Spielweise den Spielerinnen anpassen, die da sind.

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