„Die WM ist ein riesiger Zugewinn“

Ralf Steffen: · Zweibrücken/Saarbrücken. Für Marlene Hüther steht der Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere kurz bevor. Ab diesem Wochenende startet die 16-jährige Schwimmerin der Wsf Zweibrücken bei der Langbahn-Weltmeisterschaft im russischen Kasan. Drei Mal könnte die Dietrichingerin dort in Staffeln zum Einsatz kommen, ein Einsatz ist ihr sicher. In Kasan geht es neben den WM-Titeln für die DSV-Schwimmer auch um die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2016 in Rio. Daran will Steffen Hüther, Landestrainer von Marlene Hüther, aber noch nicht denken. Er spricht mit Merkur -Redakteurin Svenja Kissel zudem über die Entwicklung seines Schützlings sowie die Ziele Hüthers bei der WM.

 Erstmals schwimmt die Dietrichingerin Marlene Hüther bei einer Langbahn-Weltmeisterschaft für das deutsche Team. Foto: Wieck/pma

Erstmals schwimmt die Dietrichingerin Marlene Hüther bei einer Langbahn-Weltmeisterschaft für das deutsche Team. Foto: Wieck/pma

Foto: Wieck/pma

Herr Steffen, Marlene Hüther steht kurz vor ihrem ersten Start bei einer Langbahn-Weltmeisterschaft. Kam die Nominierung für das Nationalteam überraschend oder haben Sie nach den Leistungen des vergangenen Jahres damit gerechnet?

Überrascht waren wir am Ende nicht. Wir haben ja systematisch darauf hingearbeitet. Es wäre gelogen, wenn wir behaupten, dass wir nicht enttäuscht gewesen wären, wenn nach der herausragenden Leistung bei der Kurzbahn-WM in Doha im Dezember, nun etwas anderes herausgekommen wäre. Es bleibt aber natürlich immer ein Unsicherheitsfaktor. Etwa, wie viele Sportlerinnen in den Bereich von Marlene reinschwimmen können. Wir hatten Glück. Wir haben uns hinsichtlich der Nominierung aber nicht unter Druck gesetzt - die Weltmeisterschaft ist für uns ein riesiger Zugewinn.

Sehen Sie die Teilnahme an der WM in Kasan auch als großen Schritt Richtung Olympia 2016?

Steffen: An Olympia denken wir erst mal gar nicht. Wir richten den Blick jetzt auf die WM. Wir müssen einen Schritt vor den anderen setzen. Wenn die Mädels mit der 4x200-Meter-Staffel nicht unter die ersten zwölf kommen in Kasan, dann wird es mit der Olympia-Qualifikation ohnehin sehr schwer für Rio 2016. Neben den zwölf erstplatzierten Teams der WM werden die vier weiteren Plätze an die vier schnellsten noch nicht qualifizierten Staffeln der Weltjahres-Bestenliste vergeben - im Olympiajahr werden die Nationalteams Mann und Maus an den Start schicken. Aber wir blenden das olympische Geschehen erst einmal aus. 2016 ist kein Muss für Marlene. Wenn die Staffel unter die ersten zwölf kommen sollte, dann will man natürlich auch bei Olympia zu den Vieren gehören, die an den Start gehen - das ist klar. Es wäre schön, wenn es klappt, aber wir müssen abwarten.

Im Rückblick auf die bisherige Saison. Wie zufrieden sind Sie mit den Leistungen und der Entwicklung Ihres Schützlings?

Steffen: Es ist schade, dass Marlene krank war bei der Mare-Nostrum-Tour. Aber sie ist wieder fit und gut drauf. Im Trainingslager vor der WM in Belek ist sie eine Bestzeit über 100 Meter Freistil geschwommen. Die Steigerungen auf der Kurzbahn im ersten Halbjahr waren schon immens. Über alle Strecken ist Marlene Mega-Bestzeiten geschwommen. Auch auf der langen Bahn hat sie sich gesteigert - auch wenn die Steigerungsrate dort nicht ganz so hoch ist. Aber es ist immer noch stark, was sie da zeigt. Über 200 Meter Kraul hat sie such um drei Sekunden auf 1,59,1 Minuten verbessert. Es wird die spannende Frage sein, welche Steigerungsrate noch möglich ist.

Sie wird wohl nicht einfach beliebig nach oben gehen?

Steffen: Nein. Die Leistungsentwicklung ist nicht linear. Es gibt immer Auf und Abs. Die enorme Steigerung kann man nicht in jedem Jahr erwarten. Die gute Leistung muss sich auch mal festigen. Das wäre wichtig. Nach oben ist auf jeden Fall aber noch Luft, was die Leistung und die Trainingsumfänge angeht. Was den Arbeitsaufwand betrifft an Stunden, können wir nicht mehr viel rausholen, aber die Möglichkeiten sind noch nicht erschöpft.

Die 16-jährige Dietrichingerin ist für mindestens eine Staffel nominiert. Gibt es auch noch Hoffnungen auf einen Einzelstart?

Steffen: Nein, dafür hätte Marlene die Quali-Norm über die Einzelstrecken unterbieten müssen. Über die 100 Meter Brust und auch die 200 Meter Lagen wäre die Zeit drin gewesen. Zwei Zehntel war sie hier langsamer als die Norm. Ganz sicher ist der Start über die 4x200-Meter-Freistil, die am 6. August stattfinden. Eventuell startet Marlene auch in der 4x100-Meter-Staffel an diesem Sonntag sowie in der 4x100-Meter-Mixed-Staffel am Samstag, 8. August. Wenn Marlene bei ihrer ersten Langbahn-WM zu drei Einsätzen käme - einen schöneren Start könnte es nicht geben.

Erstmals startet Hüther bei der Aktiven-WM auf der Langbahn, in Doha durfte sie Ende des vergangenen Jahres erste Erfahrungen im Nationalteam auf der Kurzbahn sammeln. Wie groß ist der Unterschied?

Steffen: Man kann das nicht vergleichen. Man sieht es zum Beispiel an der 4x100-Meter-Staffel, mit der Marlene in Doha das Finale erreicht hatte. Das wird hier mit Sicherheit nicht der Fall sein - dann müsste die Mannschaft schon über Nacht lernen, übers Wasser zu laufen.

Mit welchem Ziel geht Marlene Hüther in dieses internationale Turnier?

Steffen: Die Top Zwölf und damit die Olympia-Quali wäre schon schön. Aber man muss ja ehrlich sein. Marlene ist national sehr stark. Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland im Schwimmsport hinterher. Bis auf ein paar Ausnahmesportler wie Paul Biedermann und Marco Koch. Für den deutschen Schwimmsport insgesamt wird die WM daher eine Standortbestimmung sein. Durch den neuen Bundestrainer (Henning Lambertz, Anm. d. Red.) hat er viele Veränderungen erfahren. Wir werden sehen, ob diese Mechanismen nun greifen. Wir verspüren in dieser Hinsicht aber keinen Druck. Ich hoffe einfach, dass Marlene die Nerven behält und taktisch vernünftige Rennen schwimmt - dann ist alles gut.

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