Gerät-Turnen Der schwierige Spagat des Finn Schneider

Zweibrücken · In knapp einem Monat beginnt für Gerätturner Finn Schneider aus Zweibrücken die neue Saison in der 2. Bundesliga mit der TG Saar. Sein Leben zwischen Sport, Schule und Freizeit ist für den Hofenfels-Schüler mit dem Wunsch vom Medizin-Studium vor Augen ein Balance-Akt.

 Finn Schneider von der TG Saar an seinem Paradegerät – dem Pauschenpferd. In der neuen Saison, die Ende September beginnt, will der 18-jährige Gerätturner aus Zweibrücken aber auch öfter an den Ringen antreten.

Finn Schneider von der TG Saar an seinem Paradegerät – dem Pauschenpferd. In der neuen Saison, die Ende September beginnt, will der 18-jährige Gerätturner aus Zweibrücken aber auch öfter an den Ringen antreten.

Foto: Andreas Noll

Sechs Mal zum Training und stets drei Stunden in der Sporthalle schwitzen. So sieht aktuell die Woche von Finn Schneider aus. Warum die harte Plackerei? Der Zweibrücker, der im August volljährig geworden ist, arbeitet auf den 24. September hin. Dann startet er mit der TG Saar II in die neue Saison der 2. Bundesliga der Gerätturner. Am ersten Wettkampftag ist der KTV Obere Lahn in der Dillinger Kreissporthalle, wo die TG ihre Heimkämpfe austrägt, zu Gast.

Dass der Schüler des Zweibrücker Hofenfels-Gymnasiums sportlich ist, steht außer Frage. Der schwierige Spagat, den er in den kommenden Monaten vollführen muss, ist aber keiner, der mit großen Muckis oder vielen Dehnübungen leichter fällt. Denn sein letztes Schuljahr, das nach den Sommerferien beginnt, wird für Finn Schneider ein wichtiges. Er will nach dem Abitur Medizin studieren. Gute Noten sind die Voraussetzung. Gar nicht so einfach, wenn die Woche so vollgepackt ist. Mit Wettkämpfen in ganz Deutschland. Oder fast täglichem Training

„Es war schon letzte Saison anspruchsvoll. Da habe ich teilweise auf der Anreise zu den Wettkämpfen für die Kursarbeiten gelernt“, erzählt der 18-Jährige. Es ist ein Spagat, der ihn – noch – nicht zu sehr ins Schwitzen brachte. Für Freunde ist immer noch Zeit. In der Schule – dem flexibleren Oberstufen-Stundenplan sei Dank – zwischen dem Unterricht. Aber auch am Wochenende, wenn nicht gerade ein Wettkampf ansteht: „Samstags trainiere ich nur am Vormittag. Und der Sonntag ist frei.“

 Für die TG Saar II soll Finn Schneider in der 2. Liga in den Disziplinen Pauschenpferd, Ringe, Sprung und Boden eingesetzt werden. Die vergangene Saison lief für ihn ziemlich erfolgreich. Beim Deutschland-Pokal in Schwäbisch Gmünd nahm er am Sechskampf teil, erhielt auf dem Pauschenpferd die fünfthöchste Punktzahl aller Teilnehmer. Und auch mit dem Team lief es gut. In der 2. Bundesliga Nord landete die TG Saar II auf Rang drei, verlor nur die Wettkämpfe gegen die turnerischen Schwergewichte aus Grünstadt, Koblenz und Heidelberg. Wobei insbesondere zum Auftakt gegen Grünstadt mehr drin gewesen wäre, findet Schneider. „Wir hatten zu Saisonbeginn noch ein paar Schwierigkeiten. Fehler, Stürze. Auch ich“, sagt der Hofenfels-Schüler, der dem Stotterstart mit Grundlagentraining begegnete. „Es hatte aber weniger mit der Technik zu tun. Sondern mehr mit Nervosität und Leichtsinnsfehlern. Gerade die vermeintlich einfachen Elemente haben nicht immer geklappt“, ergänzt er. Trotzdem erinnert sich Schneider gerne an den Wettkampf gegen Grünstadt zurück. „Da habe ich am Pauschenpferd die ersten Punkte für unser Team sammeln können“, erzählt er mit ein wenig Stolz in der Stimme. Auch viele andere Wettkampftage sind ihm positiv im Gedächtnis geblieben. Der beim KTV Fulda etwa. Nicht weil seine Mannschaft turmhoch gewann. „Die waren einfach total gastfreundlich“, schwärmt Schneider. Und Energie hatten beide Teams offenbar auch dann noch, als der Wettkampf längst zu Ende war. Da tauschten die Turner kurzerhand die Sportart – und bestritten noch ein freundschaftliches Fußballspiel. „Ja, ich glaube, ich habe auch ein Tor geschossen“, erzählt Schneider und lacht. Eine Wiederholung in der kommenden Saison ist ausgeschlossen. „Fulda hat seine Mannschaft leider gerade zurückgezogen“, bedauert Schneider.

Den spannendsten Wettkampf der abgelaufenen Saison bestritten er und seine Teamkollegen beim TV Großen-Linden. Die TG Saar entschied den Turnkrimi auswärts mit 33:32 für sich. „Es kam alles auf das letzte Gerät an. Und da hat Moritz Steinmetz uns den Sieg gerettet“, erinnert sich Schneider. Steinmetz wird der TG Saar II in der bald beginnenden Saison aber ebenso wenig helfen können wie Matteo Levantesi. Sie rücken in die erste Mannschaft auf. „Ich sehe uns trotzdem wieder ähnlich stark aufgestellt“, sagt Schneider. Denn mit Nicklas Sprengart und Philipp Matzke stoßen im Gegenzug zwei Turner zum Team, die vergangene Saison noch in der ersten Liga an die Geräte gegangen sind. „Außerdem verstärkt uns noch ein neuer polnischer Gastturner“, ergänzt der Zweibrücker.

Er ist mit seiner Mannschaft nun in die heiße Phase der Vorbereitung eingestiegen. Aktuell stehen vornehmlich Cardio-Einheiten auf dem Programm. Um die Kräfte zehrenden Übungen überhaupt durchführen zu können. Doch schon bald geht es an den Feinschliff, die „explizite Wettkampf-Vorbereitung“, wie Schneider sie nennt.

Am Pauschenpferd – seiner Paradedisziplin – hat er seine Übung im Vergleich zur Vorsaison um ein neues Element ergänzt. Ob er die Übungen noch schwieriger gestalten kann, wird er mit seinen Trainern, Team-Europameister Eugen Spiridonov (2010), und Mannschaftstrainer Gerald Heil, abklären. „Unseren Trainern geht es in der 2. Liga weniger um den Schwierigkeitsgrad, sondern darum, dass wir die Übungen konstant und sauber ausführen können“, erklärt Schneider. „Je nachdem, wer der Gegner ist, sind wir auch ein wenig freier darin, wie wir die Übungen gestalten. Aber wir sollen vor allem stabiler werden. Das ist auch mein persönliches Ziel. Und mit der Erfahrung der letzten Saison bin ich da zuversichtlich“, sagt der 18-Jährige, der seit 2020 in der 2. Liga an die Geräte geht.

Sein zweites Ziel ist, dass er kommende Saison neben dem Pauschenpferd auch öfters an den Ringen eingesetzt wird. „Daran habe ich viel gearbeitet und mehrere Elemente hinzugefügt. Der Trainer nominiert uns Turner vor dem Wettkampf für die jeweiligen Geräte. Und ich hoffe, dass ich während der Saison auch zwei, drei Mal an den Ringen zu sehen sein werde.“

Der Sport wurde Finn Schneider praktisch in die Wiege gelegt. Schon seine Mutter war Turnerin. Die ersten Schritte ging er bei der VT Zweibrücken. Als Knirps habe er die Olympischen Spiele im Fernsehen verfolgt und gedacht: „Das ist cool, das möchte ich auch können.“ Anfangs spielte er parallel noch Fußball. „Aber ich finde, Turnen ist der vielseitigere Sport“, schwärmt Schneider. Der seinen Traum, einmal für die TG Saar in der ersten Liga anzutreten, zwar nicht beerdigt hat – dem er aber mittlerweile ein wenig zurückhaltender gegenübersteht. „Ich fühle mich in der zweiten Liga in diesem Team gut aufgehoben. Wir sehen uns jedem Tag im Training, machen unsere Späße, sind wie eine Familie“, erzählt der junge Gerätturner. Dessen Zurückhaltung nicht daher rührt, dass sein Sport finanziell wenig lukrativ ist und nur die bekanntesten Gesichter wie Fabian Hambüchen über Werbeverträge so viel verdienen, dass sie keinem Nebenerwerb nachgehen müssen.

Doch seinen zweiten Traum vom Medizinstudium mit Sport auf absolutem Spitzenniveau zu vereinbaren – das würde wohl ein Spagat, der selbst Finn Schneider ins Schwitzen bringen könnte.

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