Videobeweis „Davon halte ich gar nichts“

Zweibrücken/Moskau · Der Zweibrücker Schiedsrichter Alexander Seiberth über den Viedeobeweis bei der WM.

 Schiedsrichter Alexander Seiberth aus Zweibrücken sieht den Videobeweis kritisch.

Schiedsrichter Alexander Seiberth aus Zweibrücken sieht den Videobeweis kritisch.

Foto: Picasa

Der Videobeweis feiert in Russland seine WM-Premiere. Doch Chaos scheint vorprogrammiert. Das zumindest prophezeien Experten. Nach einem Jahr in der Bundesliga sieht auch der Zweibrücker Unparteiische und Kreisschiedsrichterobmann Alexander Seiberth die Anwendung kritisch: „Ich habe vorher nichts davon gehalten und ich halte jetzt nichts davon.“ Die Torlinientechnik sei noch okay. Alles andere gehe zu weit. Als echte Hilfe für den Unparteiischen oder gar die Mannschaften sieht Seibert den Videobeweis nicht. „Für mich wirkt es so, als ob der Schiedsrichter sich sehr darauf verlässt, den Videobeweis anfordern zu können, wenn er sich nicht sicher ist.“ Für Mannschaften und Fans sei das keine schöne Lösung. „Die Emotionen bleiben völlig auf der Strecke. Man weiß gar nicht mehr, ob man jubeln darf oder Angst haben muss, dass es zu einer nachträglichen Entscheidung kommt.“ Es sei zudem schlimm, wenn eine Entscheidung, die jeder sieht, die auch der Schiri sehen müsste, von diesem dennoch falsch bewertet wird. Trotz Videobeweis.

Gerade bei der WM sieht Seiberth Probleme auf die Unparteiischen zukommen. „Viele Schiedsrichter haben keinerlei Erfahrung mit dieser Technik.“ Die Mehrheit der 35 Unparteiischen, 63 Assistenten und Videoassistenten um den deutschen WM-Schiedsrichter Felix Brych, hatte noch nie damit zu tun. Sie wurden geschult, „aber sicher hatten sie nicht so einen langen Vorlauf wie die deutschen Bundesligaschiedsrichter, und selbst da hat man die Probleme deutlich gesehen“, betont Seiberth. Und bei aller Theorieschulung, „die WM-Schiris haben die Technik noch nicht unter der Drucksituation angewandt“, sieht Seiberth großes Diskusisionspotenzial. „Es geht bei solch einer WM um einiges.“ Gerade in den K.o-Runden. „Vor allem im Endspiel.“ Sollte Jogis Elf weiterkommen, würden die deutschen Unparteiischen in Russland ausscheiden. „Für die anderen Mannschaften wäre es sicher besser, die deutschen, videobeweiserfahrenen Männer würden im Turnier bleiben – es wäre leider nur schlecht für das deutsche Team.“ Das System sei einfach noch nicht ausgereift genug für solch ein Großereignis.

Die Fifa sieht das naturgemäß anders. Schließlich hat das Council um den DFB-Präsidenten Reinhard Grindel den Einsatz des Hilfsmittels beschlossen. Man sei optimistisch, „dass dieses System bei der WM gut funktionieren wird“.

 Der Videobeweis hat bei der WM in Russland Premiere – nicht jeder sieht das positiv.

Der Videobeweis hat bei der WM in Russland Premiere – nicht jeder sieht das positiv.

Foto: dpa/Dmitri Lovetsky

Dazu beitragen soll ein transparenter Ablauf. Für die Zuschauer innerhalb und außerhalb der Stadien sollen keine Fragen offen bleiben. Laut der Fifa werden Wiederholungen und Grafiken auf den Anzeigetafeln zu sehen sein. Zudem sollen relevante Informationen aus den Gesprächen zwischen Schiedsrichtern und Video-Assistenten an die TV- sowie Radio-Kommentatoren weitergeleitet werden. „Das sehe ich sehr kritisch“, sagt Alexander Seiberth kopfschüttelnd. Wenn der Unparteiische und der Videoassistent einer Meinung sind, sei alles okay. „Man muss sich aber nur Mal vorstellen, der Schiedsrichter- und der Videoassistent sind anderer Meinung, und der Schiri entscheidet womöglich fälschlicherweise anders als der Videoassistent – und man hört das mit. Das öffnet Tür und Tor“, macht Seiberth das Konflikt- und Chaospotenzial deutlich.

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