„Das kann ganz bitter enden“

Zweibrücken. Die Tage und Monate bis zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) schwinden dahin. Mitten im Kampf um ein Ticket für das große Sportereignis steckt Judoka Jasmin Külbs vom 1. JC Zweibrücken. Die Schwergewichtlerin liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit ihrer Nationalmannschaftskollegin Franziska Konitz. Über den bescheidenen Auftakt beim ersten Wettkampf des Jahres sowie den harten Weg Richtung Olympia sprach die 23-Jährige mit Merkur -Redakteurin Svenja Hofer.

Frau Külbs, den Wettkampfstart ins Olympiajahr haben Sie hinter sich. Diesen hätten Sie sich beim Grand-Prix in Havanna aber sicher anders vorgestellt?

Jasmin Külbs: Ganz klar. Mit Havanna bin ich überhaupt nicht zufrieden. Melissa Mojica war keine besonders starke Gegnerin. Ich habe klar in Führung liegend den Kampf noch aus der Hand gegeben. Es war nicht mehr lange zu kämpfen, sie hätte fast die vierte Bestrafung bekommen, dann wäre ich als Siegerin von der Matte gegangen. Aber so war es nicht. Es ist echt ärgerlich, gerade wenn man so eine weite Reise macht. Aber ich habe den Kampf verloren. Mojica ist am Ende Fünfte geworden. Wenn ich das sehe, weiß ich, was für eine bessere Platzierung auch für mich drin gewesen wäre.

In diesem Jahr schweben die Olympischen Spiele über allem. Auch Franziska Konitz, Ihre deutsche Konkurrentin in der Schwergewichtsklasse im Kampf um das Olympiaticket für Rio, ist auf Kuba gleich in ihrem ersten Kampf gescheitert. Damit haben Sie auf sie immerhin keine Punkte verloren. Wie sieht der Modus für die Vergabe des Olympia-Startplatzes nun genau aus?

Külbs: Wir sammeln Punkte für die Olympia-Rangliste. Seit dem Masters in Marokko im vergangenen Mai zählen die Punkte, die wir bei Wettkämpfen erzielen komplett. Bis zum Mai läuft die Rangliste, dann wird sie geschlossen. Die 14 Besten der Welt sind normal automatisch qualifiziert. In jeder Gewichtsklasse darf allerdings nur ein Athlet eines Landes starten.

Die bessere Platzierung bedeutet am Ende aber nicht unbedingt, dass diese Athletin dann auch nominiert werden muss?

Külbs: Richtig. Wir werden in der Rangliste beide sicher unter den ersten 14 und damit grundsätzlich qualifiziert sein. Schlussendlich müssen der Judobund beziehungsweise die Bundestrainer entscheiden, wer dann tatsächlich mit nach Rio fährt. Das kann ganz bitter enden. Denn man weiß, man hat in den vergangenen Jahren bis hierhin immer 100 Prozent gegeben - und am Ende liegt die Entscheidung nicht mehr in deiner Hand.

Da Sie und Franziska Konitz sich von den Leistungen nicht enorm unterscheiden, wird es egal für wen bitter.

Külbs: Klar, wir haben beide hart dafür gearbeitet. Franziska und ich haben uns auch in Gesprächen schon klar gemacht, dass es ein ganz bitteres Brot für eine werden kann.

Wie sehen Sie Ihre Chancen, hat eine von Ihnen die Nase vorne?

Külbs: Nein, eigentlich hat keine die Nase wirklich vorne. Die Wettkampf-Ergebnisse sind überschneidend, wir sind nie weit auseinander. Es kommt jetzt darauf an, wer jetzt die besseren Performances abliefert, wer mehr Häkchen hinter starke Gegner machen kann. Diejenige hat dann die besseren Karten. Klar wird die Entscheidung wohl nur dann, wenn eine von uns zwei, drei Podestplätze erkämpft und die andere weit dahinter landet. Danach sieht es derzeit aber nicht aus. Ich sehe uns bislang beide gleichauf.

Könnte die EM-Silbermedaille im Einzel aus dem vergangenen Jahr Ihnen helfen?

Külbs: Solch eine Platzierung hilft bei der Entscheidung sicher, dafür wurde Franziska Konitz bei der WM aber Siebte. Eine Medaille wirkt da sicher etwas besser, aber es gibt sich wirklich nicht viel.

Ist die Konkurrenz zwischen Ihnen und Franziska Konitz groß? Wie ist Ihr Verhältnis?

Külbs: Wir verstehen uns sehr gut. Wir sind auch füreinander da, wie jetzt in Havanna, wenn der Wettkampf einmal nicht so gut läuft. Gerade im Schwergewicht, wenn nicht so viele Athleten da sind, ist es wichtig, dass man jemanden hat. Klar sind wir Konkurrentinnen um das Olympiaticket. Jeder von uns will nach Rio. Dafür ist man Sportler, dafür hat man seit Jahren hart gearbeitet. Aber das findet auf der Matte statt, außerhalb darf man ruhig auch mal Mensch sein.

Spüren Sie nun, wo Olympia näher rückt, mehr Druck?

Külbs: Es ist nicht unbedingt mehr Druck. Aber das Rollenverhalten ändert sich. Immer ist man hinterhergejagt. Jetzt gehört man mit zu den Gejagten, zur Spitze und kämpft um die vorderen Plätze mit. Man darf durch die Olympischen Spiele den Druck nicht zu sehr wachsen lassen, dann geht das eigentliche Ziel verloren.

Wie stabil ist Ihre Schulter nach der Operation vor mehr als einem Jahr?

Külbs: Meine Schulter hat zuletzt wieder etwas Probleme gemacht. Es ist eine operierte Struktur, sie wird nie wieder bei 100 Prozent sein, ist einfachanfälliger. Aber sie hält und ich fühle mich absolut fit. Und mit dem Trainingslager in Österreich bin ich auch wirklich gut ins Jahr gestartet, unabhängig von dem schwachen Wettkampf in Havanna.

Wie sieht Ihr Fahrplan für die kommenden Monate aus?

Külbs: Überhaupt stehen bis zum Mai höchstens noch sechs Wettkämpfe an, wir tendieren sogar eher zu fünf. Franziska Konitz und ich werden parallel an den gleichen Turnieren teilnehmen. Am übernächsten Wochenende steht der Grand-Slam in Paris an, zwei Wochen später der Grand-Prix in Düsseldorf. Danach werden wir sehen, wie es Richtung Olympia läuft.

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