Augenringe vorprogrammiert

Kaum zu spüren bekamen Sportfans in diesem Jahr das Sommerloch. Kurzes Durchschnaufen nach der Fußball-EM und schon standen die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro vor der Tür. Seit Freitag brennt das Feuer im Maracana-Stadion, bei mir allerdings ist die Begeisterung für das Großereignis noch nicht so richtig entflammt.

Und das liegt sicher nicht daran, dass die Deutschen bei der stündlichen Medaillenzählung ach so lange auf ihr erstes Edelmetall warten müssen. Mir ist sehr wohl klar, dass die Athleten, geht es um Förderung und die Zukunft ihres Sports, genau daran gemessen werden, dass die Erinnerungen, die bleiben werden von den Spielen, meist auch mit den Medaillengewinnern zusammenhängen. Aber eigentlich geht es gerade bei den Spielen doch um so viel mehr. Sollte es zumindest.

Der deutsche Turner Andreas Toba - ob man ihn nun für verrückt erklären mag oder nicht - hat genau das mit seinem beherzten Auftritt für die Mannschaft am Pauschenpferd trotz zuvor zugezogenen Kreuzbandrisses bereits demonstriert und auch mich trotz meiner noch vorhandenen Olympia-Lethargie ins Staunen versetzt.

Woran diese ansonsten bislang fehlende Begeisterung liegen mag? Vielleicht daran, dass mein der mitteleuropäischen Zeit angepasster Schlafrhythmus eine Live-Verfolgung vieler Entscheidungen vor dem Fernseher nicht zulässt und ich noch nicht bereit bin, mir die Nächte um die Ohren zu schlagen, um live mitzufiebern. Es könnte auch damit zusammenhängen, dass von den Wettkampfstädten vor Ort noch keine überschwängliche Euphorie von den Zuschauern herüberschwappt. Vielleicht bin ich einfach auch kritischer geworden in Sachen "überraschende Helden", "unglaublichen Steigerungen" oder "unbegreiflichen Leistungen". Weil immer im Hinterkopf herumgeistert, ob der Sieger in drei Jahren auch noch als solcher geführt wird oder bereits des Dopings überführt worden ist.

Als Sportbegeisterte und Fan davon, auch einmal die ansonsten weniger von Medien als ausstrahlungstauglich bewerteten Sportarten wie Kajak, Kanu, Beachvolleyball, Fechten oder Trampolinturnen zu verfolgen, werde ich mich sicher aber auch noch vom Olympiafieber anstecken lassen. Spätestens an diesem Freitag, wenn Judoka Jasmin Külbs vom JC Zweibrücken bei ihren ersten Olympischen Spielen auf die Matte geht. Ganz sicher werden auch noch die Momente kommen, in denen ich zitternd, anfeuernd, schreiend vorm Bildschirm sitze. Vor allem dann, wenn es mit den Leichtathletik-Wettkämpfen, die für mich immer noch vor allem die Sommerspiele bedeuten, im Maracana losgeht.

Allerspätestens wenn die Zweibrücker Athleten, Stabhochspringer Raphael Holzdeppe bei seinen dritten Spielen und Speerwerferin Christin Hussong bei ihren ersten, jeweils nach ein Uhr nachts unserer Zeit ins Stadion treten. Dann werde auch ich die Augenringe am nächsten Tag ohne zu zögern in Kauf nehmen.

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