SVN Zweibrücken „Die Kameradschaft ist das A und O“
Zweibrücken · Als spielender Co-Trainer der zweiten Mannschaft ist Andreas Hergert einst beim SVN Zweibrücken eingestiegen. Im Sommer geht der 34-Jährige, der maßgeblich am Neuaufbau der Niederauerbacher nach der Insolvenz beteiligt war, in seine sechste Saison als Erstmannschaftscoach.
Als Andreas Hergert vor sechs Jahren zum SVN Zweibrücken kam, hätte er nicht geglaubt, dass er hier so lange hängen bleiben würde. Und schon gar nicht als Trainer der ersten Mannschaft. „Mein reelles Ziel war es, irgendwann ein B-Klasse-Team zu trainieren. Und ich sagte immer: Richtig geil würde ich es finden, irgendwann mal eine A-Klasse-Elf zu coachen.“ Seit der Saison 2019/2020, nach dem Aufstieg der Niederauerbacher, tut er genau das. Nun hat Hergert erneut verlängert und wird somit auch in der kommenden Spielzeit beim SVN an der Seitenlinie stehen.
Wirklich lange darüber nachdenken musste er nicht. „Ich rede im Vorfeld immer mit den Spielern. Und bevor ich anfange, lautet die erste Frage oft: ‚Was ist mit dir?‘“, erzählt der 34-Jährige. Daher habe er frühzeitig mit Vorstand und Freundin gesprochen. „Es ist mir wichtig, die Familie in die Entscheidung einzubinden. Wir haben gleich gesagt, wir machen das noch, bis unser Sohn vier ist, dann werde ich vielleicht irgendwo Jugendtrainer.“ So stehe Hergert dem SVN im kommenden Jahr auf jeden Fall noch zur Verfügung. „Mein Sohn ist jetzt zwei, also folgt danach vielleicht noch ein Jahr, wenn der Verein und die Jungs das wollen. Irgendwann wird dann ein Ende kommen“, sagt der Trainer. Aber noch nicht jetzt.
Und so war es für die gesamte Mannschaft des A-Ligisten keine große Frage, in der kommenden Saison geschlossen beim SVN zu bleiben. Ein Zeichen für den großen Zusammenhalt, gerade auch in dieser durch die Corona-Pandemie schwierigen Phase. „Die Spieler wurden auch von anderen Vereinen angerufen, gerade die ganz jungen.“ Bis auf einen, der kurz ein bisschen gewackelt habe, hätten alle sofort zugesagt. „Als dieser Spieler seine Bedenken in unsere Whatsapp-Gruppe geschrieben hat, war es ganz lustig“, erzählt der Trainer lachend. „Er wurde erstmal 30 Mal gefragt, ob er sie noch alle hat – am Abend kam dann seine Nachricht: Jungs ich bleib da, alles gut.“ Hergert freut sich, dass er seine Truppe zusammenhalten konnte. Auf der Suche ist er allerdings noch nach einem Co-Trainer ab Sommer. Verstärkt hat sich der SVN, der auch mit Zweitmannschaftstrainer Walter Schöb verlängerte, aber bereits mit Aaron Feß, Christian Edelmann (beide TSC) und Volker Simon (SG VBZ/Ixheim). „Bei uns bekommt niemand irgendwelche Kohle, es geht nur über Kameradschaft – die ist das A und O.“ Wenn irgendwann der Riesenumbruch kommen würde, „weiß ich nicht, ob ich dann die gleiche Lust hätte, weiterzumachen.“ Ab und zu habe er Angebote von anderen Vereinen bekommen, auch höherklassigen. „Aber die Jungs sind mir ans Herz gewachsen, ich kann mir gerade nicht vorstellen, jemand anderes zu trainieren.“
Und somit geht Andreas Hergert bei den Blau-Weißen in seine sechste Saison als Erstmannschaftscoach. Zuvor war er bereits als Spielertrainer der Zweiten an der Hofenfelsstraße. In der Winterpause der Saison 2014/15 war er zunächst als spielender Co-Trainer von Bülent Toprak in der C-Klasse eingestiegen, übernahm aber schnell die Verantwortung für das Team. 2016 folgte in einer schwierigen, unruhigen Phase des Vereins der unverhoffte Sprung zur Ersten. Die Niederauerbacher, die 2015 noch in der Regionalliga kickten, meldeten im Januar 2016 ihr Team aus der Oberliga ab. Im Zuge des Insolvenzverfahrens stand ein Neuanfang ganz unten in der C-Klasse bevor. Zur Runde 2016/17 startete der SVN dank der SG mit dem FC Oberauerbach dann mit der Ersten in der B-Klasse. „Es war aber kein Geld da und auch Spieler fehlten – zu diesem Zeitpunkt konnte ich auch niemand Neuen holen, weil wir noch nicht mal die Ablöse zahlen konnten. Das war die schwerste Phase“, erzählt Hergert. Eine, in der ihn auch mal Zweifel überkamen, ob das überhaupt Zukunft hat. „Aber es hat sich glücklicherweise alles gelohnt“, sagt er beim Blick zurück. Auch die Gesamtentwicklung des Vereins sieht der Trainer „absolut positiv“. „Als ich damals angefangen habe, haben viele gesagt: ’Mach den Laden zu, die haben 150 000 Euro Schulden.’ Es war schon richtig schwer. Man hat viel auf die Ohren bekommen, auch viel Gelächter.“ Doch Hergert hat es mit seiner Mannschaft durchgezogen. „Und wenn mir dieselben Menschen nun auf die Schulter klopfen wollen, ist das eine große Genugtuung.“
Der Aufstieg in die A-Klasse 2018/19 und die starke – coronabedingt abgebrochene – erste Runde dort, in der sogar die Chance zum Bezirksliga-Aufstieg da war, ist Bestätigung für das Durchhalten, für die Arbeit von Andreas Hergert. „Nach den Jahren bin ich schon verblüfft, was man mit Kameradschaft und einer geilen Mannschaft erreichen kann. Ich hätte nie gedacht, dass ich ein halbwegs guter Trainer wäre“, will er seine Leistung dabei nicht in den Vordergrund spielen.
Hat Hergert in den ersten beiden Jahren selbst auch noch als Spieler für den SVN auf dem Platz gestanden, so konzentriert sich der 34-Jährige mittlerweile auf die Sicht von der Seitenlinie aus. „Mit 27 habe ich gesagt bekommen, dass ich Beckenarthrose habe, mir wurde vom Spielen abgeraten. Da dachte ich mir, versuche ich es eben weiter als Trainer.“ Und so dirigiert Hergert seine Jungs von außen, feuert sie an. Dabei werde es schon auch mal emotional. „Aber ich benehme mich, werde nicht frech. Ich bin auch nicht der Typ, der den Gegner anschreit, ich schreie lieber unsere Jungs an“, macht er klar, dass Emotionen zum Spiel einfach auch dazu gehören. Für ihn aber genauso wichtig, um stets mit Spaß bei der Sache zu sein: „Die Kameradschaft.“ Und die zeichne seine Mannschaft aus. Aber auch, dass die älteren Spieler ohne zu murren akzeptieren, wenn sie mal auf der Bank sitzen. „Es kann schon sein, dass wir kurzzeitig mal mehr Erfolg haben könnten. Aber ich lass’ einfach in ein paar Spielen auch die Jungen ihre Fehler machen“, erklärt der SVN-Trainer. „Und die ‚Alten’ – ich rede hier von 27-, 28-Jährigen – die akzeptieren das. Die rufen von der Bank rein, wollen den Jungs in den Spielen helfen.“ Und auch nach den Trainingseinheiten brächten sich die Spieler gegenseitig alles Mögliche bei. „Ich glaube, das macht uns so aus, diese Leidenschaft. Die Jungs leben das.“
All das vermisst Hergert in der Zwangspause gerade sehr. Zwar habe seine Mannschaft auch jetzt „recht viel Kontakt“ über Whatsapp, Videotelefonie – ab und zu komme auch mal ein Spieler zu Besuch. „Richtig kameradschaftlich“, mit dem gesamten Team, könne es derzeit aber ja nicht sein. „Man sitzt doch lieber im Sportheim mit einer Kiste Bier zusammen und lacht – das ist wesentlich schöner“, erinnert sich der 34-Jährige mit Wehmut an Sommer-Spieltage zurück, an denen die Jungs auch zwei, drei Stunden nach dem Abpfiff noch ungeduscht vor der Kabine saßen. „Das fehlt extrem.“ So wie die 90 Minuten auf dem Platz selbst
Doch auf die müssen nicht nur die Niederauerbacher seit Beginn des Lockdowns Anfang November verzichten. Die ersten Wochen der fußballfreien Zeit habe der SVN-Trainer damit überbrückt, sich neue Übungseinheiten auszudenken. Als der halbe Block vollgeschrieben war, hat er dann aber gefrustet wieder aufgehört. „So ganz ohne Aussicht auf Fortführung der Runde macht es echt keinen Sinn, wenn du das alles nicht auf dem Platz ausprobieren kannst“, erklärt er. Ansonsten entdeckte Hergert die Bundesliga für sich, die ihn vorher gar nicht so sehr interessiert hat. „Ich habe sozusagen Fußball mit Fußball ersetzt.“
Zudem habe er „natürlich“ mehr Zeit mit seiner Familie, mit seinem Sohn verbracht. „Die gemeinsamen Momente sind schon intensiver. Da merkst du, dass es neben dem Fußball auch noch ein ganz schönes Leben gibt“, sagt Hergert lachend und erklärt, dass er auch Positives aus dieser Phase mitnehme. Vor allem, dass er in der spielfreien Zeit – der Entschluss dazu stand schon länger – „endlich den Mut aufgebracht“ hat, seine Freundin Conny zu fragen, „ob sie mich heiraten will“. Sie habe natürlich ja gesagt, und so plant das Paar, das seit sieben Jahren zusammen ist, für das Jahr 2022 eine große Feier. Dann, wenn Treffen in größeren Gruppen „hoffentlich wieder sorgenfrei“ möglich sind.
Ebenso wie die ersehnten Kräftemessen auf dem Platz. Dass der Anpfiff zur Saisonfortsetzung bald erfolgen könnte, daran glaubt Hergert allerdings nicht so recht. „Die Hoffnung ist da, aber ich persönlich denke, dass wir bis Sommer nicht mehr spielen.“ Schon im vergangenen Jahr seien seine Spieler durch die lange coronabedingte Pause aus dem Tritt gekommen. „Und jetzt haben die Jungs wieder über so eine lange Zeit nichts gemacht.“ Zumindest nicht mit dem Ball. „Die haben sich – so lange es möglich war – schon mal in Dreier- oder Vierergruppen zum Joggen getroffen. Aber ich bin niemand, der sie dazu zwingt oder das strikt kontrolliert“, erklärt Hergert, dass er seine eigene Methode hat, um seine Spieler dazu zu motivieren, sich fit zu halten. „Ich bin keiner, der die Mannschaft erst mal zum Laufen in den Wald schickt.“ Aber für die erste Einheit nach der Pause – zuletzt war der 18. Februar angepeilt – ist ein Cooper-Test (zurückgelegte Distanz in zwölf Minuten) angesetzt. Alle Strecken, die die Spieler absolvieren, werden notiert. „Davon nehmen wir den Durchschnitt. Kommen wir über 2700 Meter, gehen wir sofort auf den Platz. Liegen wir darunter, gehen wir laufen.“ So habe jeder einen „indirekten Arschtritt“, weil es um das gesamte Team geht. „Keiner will, dass die Mannschaft wegen ihm laufen gehen muss“, erklärt der Coach. Doch derzeit ist nur schwer absehbar, wann es überhaupt wieder auf den Platz an der Hofenfelsstraße gehen wird, wo Andreas Hergert mit seinem Engagement nach den sechs Jahren kaum mehr wegzudenken ist.