Handball-Drittligist SV 64 Zweibrücken Mit viel Feuer statt großer Coolness

Zweibrücken · Der Trainer des Handball-Drittligsten SV 64 Zweibrücken spricht über die Erfolgsgeheimnisse der abgelaufenen Saison, die kommende Runde – und seine Wunschkandidaten für den DHB-Pokal.

 In der Pokalrunde der 3. Handball-Liga hatte der SV 64 Zweibrücken häufig Grund zum Jubeln – nicht nur nach dem gewonnen Derby gegen die HG Saarlouis.

In der Pokalrunde der 3. Handball-Liga hatte der SV 64 Zweibrücken häufig Grund zum Jubeln – nicht nur nach dem gewonnen Derby gegen die HG Saarlouis.

Foto: maw/Martin Wittenmeier

Nach der Saisonunterbrechung im Oktober folgten für den Handball-Drittligisten SV 64 Zweibrücken Monate voller Ungewissheit, ob und wie es mit der Runde weitergehen kann. Mehrere Szenarien wurden erstellt – und wieder verworfen. Nach Ostern erfolgte schließlich der Re-Start in dem ungewöhnchen Format einer Aufstiegs- und einer Pokalrunde. Den Ligapokal der Staffel Mitte haben die Zweibrücker ordentlich aufgemischt – und sich punktgleich hinter der HSG Rodgau Nieder-Roden als Zweiter ein Ticket für den DHB-Pokal gesichert. Für SV 64-Trainer Stefan Bullacher ein toller Augang einer nicht ganz einfachen Spielzeit.

Herr Bullacher, eine außergewöhnliche Runde im Ligapokal der 3. Handball-Liga ist vorüber. Was nehmen Sie mit dem SV 64 Zweibrücken Positives aus dieser erneut von der Corona-Panemie geprägten Saison mit? Was hat Sie an den Auftritten Ihrer Mannschaft am meisten beeindruckt?

STEFAN BULLACHER Die beste und wichtigste Erkenntnis aus dieser Runde ist auf jeden Fall, dass wir absolut konkurrenzfähig sind. Wir haben uns auch in der 3. Bundesliga mit unseren Spielern positiv weiter entwickelt. Unabhängig von den guten handballerischen Auftritten, haben unsere charakterstarken Persönlichkeiten wie Tim Götz, Tom Grieser, Benni Zellmer und Philipp Hammann diese Mannschaft zusammengehalten und durch jede Krise geführt. Solche Gewinnertypen, die mit dem Herz in der Hand auf der Platte stehen, sind der Schlüssel zum Erfolg.

Hatten Sie einen Lieblingsmoment in der abgelaufenen Runde des Ligapokals?

BULLACHER Klar, da brauche ich nicht lange zu überlegen. Der Sieg zum Abschluss im Derby gegen die HG Saarlouis.

Gibt es auch irgendwelche Kritikpunkte, etwas, das hätte besser laufen können?

BULLACHER Leider haben uns nicht alle Spieler leistungsmäßig auf der Reise in die 3. Liga begleiten können. Ich möchte da selbstverständlich keine Namen nennen und es ist auch nur ein ganz kleiner Teil des Teams. Aber es war in den Spielen nicht zu übersehen, dass nicht jeder seine Leistung nach dem Oberligaaufstieg bestätigen konnte.

Das Format Ligapokal: Nur ein schaler Ersatz für eine „echte Saison“ – oder vor dem Hintergrund der Pandemie genau das richtige?

BULLACHER Jeder von uns hätte natürlich trotzdem lieber eine komplette Saison gespielt. Aber diese Runde wurde von allen teilnehmenden Mannschaften sehr ernsthaft und intensiv geführt. Das waren alles andere als Freundschaftsspiele. Da ging es richtig zur Sache.

Fühlen Sie und Ihre Spieler sich privilegiert, dass Sie Ihren Sport in Zeiten der Pandemie überhaupt ausüben konnten?

BULLACHER Wir sind natürlich dankbar und wissen um das besondere Privileg, überhaupt spielen zu dürfen, während viele andere zu Hause sitzen müssen.

Der SV 64 Zweibrücken hat als Aufsteiger die Runde punktgleich mit Spitzenreiter Nieder-Roden abgeschlossen und sich für den DHB-Pokal qualifiziert. Ist die starke Platzierung ein Fingerzeig für die kommende Spielzeit, sehen Sie den SV 64 nun als „etablierten“ Drittligisten?

BULLACHER Wir sind auf jeden Fall ambitioniert und möchten uns in der Liga etablieren. Das erste Ziel ist für uns aber immer der Klassenerhalt. Gute Leistungen muss man erst bestätigen, um über neue Ziele nachdenken zu können.

Was hat neben dem rein Sportlichen noch zu dieser starken Platzierung beigetragen?

BULLACHER Das Umfeld in unserem Verein wird immer professioneller. Die Rahmenbedingungen und Trainingsmöglichkeiten verbessern sich Jahr für Jahr. Von der Geschäftsstelle bis zum vereinseigenen Kraftraum. Von der Kaderplanung bis zur Spielerbetreuung. Unser Vorstand legt ein stabiles Fundament auf dem diese Erfolge gebaut werden. Funktionäre und Sportler arbeiten bei uns Hand in Hand. Das ist zurzeit unsere große Stärke.

Die Partie gegen die HG Saarlouis war ein echtes Endspiel um das DHB-Pokalticket. Wie schon gegen Bieberau und in Gensungen/Felsberg hat Ihre Mannschaft in der Schlussphase Nervenstärke bewiesen. Wie bleibt das Team in diesen heißen Phasen so cool?

BULLACHER Waren wir cool? Ich würde sagen, wir waren motiviert bis zum Anschlag und wollten um jeden Preis gewinnen. Die Jungs haben ein Feuer entfacht und sich gegenseitig angetrieben. Dem konnte man sich gar nicht entziehen. Wir haben nie aufgegeben und immer an uns geglaubt, dass wir es schaffen können.

Sind Sie ein wenig traurig, dass die Partie gegen Saarlouis ohne Zuschauer stattfinden musste? Was wäre in der Westpfalzhalle normalerweise losgewesen?

BULLACHER Unter normalen Bedingungen wären zu diesem Derby weit über 1000 Zuschauer dabei gewesen. Unsere Fans fehlen uns sehr.

Haben Sie ein Wunschlos für die erste Runde des DHB-Pokals? Und wenn ja – warum?

BULLACHER Gummersbach oder Großwallstadt wären toll. Mehr deutsche Handballtradition geht aktuell in der zweiten Bundesliga nicht. Das wäre mit Zuschauern ein Riesen-Event in der Westpfalzhalle.

Für gewöhnlich möchte man aus einer starken Mannschaft niemanden hervorheben: Aber können Sie ein paar Worte zu Tim Götz sagen. Was hat ihn in seiner Premierensaison für den SV 64 Zweibrücken ausgezeichnet?

BULLACHER Tim Götz ist mein verlängerter Arm auf dem Spielfeld. Er ist der Anführer und absoluter Chef im Ring. Er ist der Spieler, der den Unterschied ausmacht. Neben seinen außergewöhnlichen handballerischen Fähigkeiten schätze ich an ihm seine besondere soziale Ader – ein Star ohne Allüren und ein positives Beispiel zum Nachahmen.

Peter Gohl schien keinerlei Probleme mit dem Sprung aus dem Nachwuchs in Liga drei zu haben. Wie bewerten Sie seine Leistung? Und wie ist Neuzugang Philipp Kockler eingeschlagen?

BULLACHER: Philipp Kockler und Peter Gohl sind die großen Gewinner der Saison. Beide haben sich durch starke Leistungen in den Vordergrund gespielt. An ihnen werden wir noch viel Freude haben.

Den Ligapokal hat der SV 64 in dem Wissen bestritten, dass Tobias Alt, Marc-Robin Eisel, Kian Schwarzer und Tim Schaller den Verein nach der Runde verlassen werden. War das eine schwierige Situation für Sie? Man will den „Abgängern“ einen schönen Ausstand ermöglichen, muss aber gleichzeitig die „Neuen“ heranführen, auf die der SV 64 nächste Saison bauen wird?

BULLACHER Für die Jungs war das in der Tat nicht so einfach. Das hat natürlich die Konkurrenzsituation deutlich erhöht. Mit Philipp Kockler, Peter Gohl und Fabian Naumann standen plötzlich, und vor allem nicht geplant, drei Spieler mehr zur Verfügung, die eigentlich erst für die neue Saison geplant waren. Am Ende hat aber immer die Leistungsstärke über die Spielanteile entschieden. Tim Schaller hatte zum Beispiel die drittmeisten Minuten auf dem Spielfeld, obwohl ich wusste, dass er uns verlassen wird. Der Erfolgsgedanke stand dabei immer im Vordergrund.

Sind die Kaderplanungen für die kommende Runde abgeschlossen? Falls nicht: Auf welchen Positionen sehen Sie noch Bedarf?

BULLACHER Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt mit Niklas Bayer, der allerdings noch einige Monate ausfallen wird, einen 14-köpfigen Kader. In der 3. Liga sind 16 Spieler erlaubt. Wir schauen uns noch um, könnten Verstärkung auf der linken Seite und im Rückraum gebrauchen. Das hat die Analyse der Saison ergeben. Das muss aber sportlich und menschlich passen. Wir wollen nichts überstürzen.

Wann steigen Sie mit Ihrer Mannschaft wieder in die Vorbereitung auf die kommende Runde ein?

BULLACHER Die Jungs haben jetzt sechs Wochen Pause. Unsere Vorbereitung startet erst wieder im Juli.

 SV 64-Trainer Stefan Bullacher sieht Tim Götz (Mitte) als seinen verlängerten Arm auf dem Spielfeld.

SV 64-Trainer Stefan Bullacher sieht Tim Götz (Mitte) als seinen verlängerten Arm auf dem Spielfeld.

Foto: Wittenmeier/Martin Wittenmeier

Im vergangen Jahr waren Sie vor der Saison im Pfälzerwald wandern, um die Akkus wieder aufzuladen. Wo geht es diesmal hin? Oder anders gefragt: War die Runde – auch wenn sie kurz war – vor dem Hintergrund der Pandemie kräftezehrend?

BULLACHER Kräftezehrend war vor allem die Zeit der Ungewissheit. Fünf Monate Training ohne Wettkampf muss man als Team erst mal verarbeiten. In diesem Jahr geht’s für mich von Zweibrücken aus querfeldein entlang der saarländisch/pfälzischen Grenze bis zur Saarschleife. Das sind 140 Kilometer mit dem Rucksack. Vier Tage später möchte ich in Orscholz auf der Cloef stehen. Darauf freue ich mich.

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