Fußball-Zweitligist 1. FC Kaiserslautern Den Hexenkessel ausblenden und Vollgas geben

Kaiserslautern · Mit großem Respekt kehrt Dirk Schuster mit dem 1. FC Kaiserslautern an die Stätte seines größten Erfolgs als Trainer zurück. Aber auch mit dem Selbstvertrauen, bei dem „beeindruckenden“ Topteam in Darmstadt etwas mitzunehmen.

 Dirk Schuster kehrt mit dem 1. FC Kaiserslautern an die Stätte seiner bisher größten Erfolge als Trainer zurück: Am Darmstädter Böllenfalltor steigt am Samstagabend das Zweitliga-Topspiel.

Dirk Schuster kehrt mit dem 1. FC Kaiserslautern an die Stätte seiner bisher größten Erfolge als Trainer zurück: Am Darmstädter Böllenfalltor steigt am Samstagabend das Zweitliga-Topspiel.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Als Dirk Schuster vom Böllenfalltor spricht, werden seine Augen zwar nicht unbedingt glasig. Doch der Coach des Fußball-Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern verbinde mit „dem Bölle“ und dem dort beheimateten SV Darmstadt „sehr viele positive Erinnerungen. Man denkt gerne daran zurück“. An die Stätte, an der der 55-Jährige seine bislang größten Erfolge als Trainer erlebt hat. Zunächst führte er die Darmstädter von der 3. in die Bundesliga, schaffte dort den Klassenverbleib. In seiner zweiten Amtszeit bei den Lilien rettete er sie vor dem Abstieg aus Liga zwei, wurde im Februar 2019 aber freigestellt. Vier Jahre später kehrt er nun am Samstagabend (20.30 Uhr/Sky und Sport1) mit dem FCK zum Zweitliga-Topspiel bei dem Spitzenteam in die „alte Heimat“ zurück.

Natürlich werde er vor dem Duell mit den besonderen Rückblicken konfrontiert, die Momente seien präsent. „Aber das alles spielt in den Gedanken und Planungen für das Spiel am Samstag überhaupt keine Rolle. Wir haben damals eine sehr gute Zeit gehabt. Das verbindet einen. Aber wir tun gut daran, wenn wir in dem Hexenkessel alles Drumherum ausblenden und unsere Leistung abrufen“, betont Schuster.

Um dann möglichst schon am Samstag bei dem zuletzt erstmals in dieser Runde schwächelnden SV 98 die erhoffte 40-Punkt-Make zu überspringen. Doch obwohl Darmstadt seine letzten drei Partien (1:3 in Bielefeld, 0:1 in Heidenheim, 1:1 gegen den HSV) auch nicht gewonnen hat – die Pfälzer warten seit fünf Spielen auf einen Sieg – sieht Dirk Schuster beim Tabellenführer immer noch einen positiven Trend. „Man muss sich das mal vor Augen halten.“ Nach der Auftaktpleite zum Rundenstart in Regensburg haben die Südhessen erst vor zwei Wochen gegen Heidenheim ihre zweite Niederlage kassiert. In den Spielen, in denen Schuster seinen Ex-Club live im Stadion gesehen hat, war er „sehr beeindruckt davon, was die Mannschaft an Intensität auf den Platz bringt“. SV-Trainer Torsten Lieberknecht stelle die Gegner mit seiner taktischen Flexibilität vor sehr viele Aufgaben. Dafür müssten sich die Roten Teufel wappnen.

Zu allererst wird es beim FCK aber darum gehen, „die richtige erste Elf rauszufiltern“. Denn nicht alle in der Vorwoche krankheitsbedingt fehlenden Spieler hätten im Training die volle Belastung absolvieren können. Lars Bünning (Bänderriss) wird noch fehlen, hinter Kenny Redondo, Erik Durm und Philipp Hercher stehen Fragezeichen. Wieder zurück sind Andreas Luthe, Philipp Klement, Nicolai Rapp, Aaron Opoku, Nicolas de Préville und Julian Niehues. „Aber eins ist klar: Jeder, der in Darmstadt auf dem Platz steht, muss hundertprozentig fit und einsatzbereit sein. Denn wir treffen auf eine Mannschaft, die uns mit ihrer körperlichen Bereitschaft, der Laufstärke und auch der Zweikampfgestaltung – dazu noch mit einem großen taktischen Geschick ausgestattet – alles abverlangen wird. Wir müssen alles in die Waagschale werfen“, erklärt Schuster.

Dabei könnten die Roten Teufel, die von rund 2000 FCK-Fans begleitete werden, grundsätzlich ohne den ganz großen Druck in das Topspiel gehen. Als Aufsteiger liegen sie mit 39 Zählern als Sechster in einer ruhigen Zone. Seit dem 5:2-Erfolg des FC Heidenheim gegen den KSC und dem damit verbundenen zwischenzeitlichen Sprung an die Spitze am Freitagabend beträgt der Rückstand des FCK auf den Aufstiegs-Relegationsrang neun Zähler, 16 Punkte liegen die Pfälzer vor den Abstiegsrängen. Doch „die Geschichte mit dem Druck muss ich ein kleines bisschen entkräften“, sagt Schuster lachend. „Wir haben den schon auch, wir machen ihn uns selbst. Wir haben vor Augen, weit vor Saisonende unser großes Ziel erreichen zu können“, erklärt der 55-Jährige, warum er keinesfalls locker lassen will. „Auch aus Wettbewerbsgründen wollen wir in den anstehenden Spielen die Top-Drei in Darmstadt gegen Heidenheim und auch den HSV richtig ärgern. Wir können das Zünglein an der Waage sein – und da gebietet es sich ganz einfach, das Optimum an Leistung zu bringen.“

Und die Situation, nicht als Favorit in ein Zweitligaspiel gehen zu müssen, „den haben wir in dieser Saison schon sehr oft gehabt“, sagt Schuster schmunzelnd. Vor allem in der Hinrunde, als die Pfälzer als schlagbarer Aufsteiger gesehen wurden, „der auf der letzten Rille in die Liga reingerutscht ist“. Das gute Abschneiden in der ersten Saisonhälfte habe die Lage naturgemäß erschwert. „Man nimmt uns jetzt anders wahr, die Gegner sind gegen uns fokussierter“, erklärt Schuster und ergänzt: „Wir sind ein ernsthafter Konkurrent um die ersten acht, neun Plätze.“ Zudem schnelle die Konzentration Richtung Endphase der Saison bei allen Clubs in die Höhe. Von denen, die aufsteigen wollen, „darf sich niemand eine Blöße geben. Und viele sind unten in den Abstiegskampf verwickelt.“

Sein Team tue gut daran, auf sich zu schauen. „Wir können mit breiter Brust nach Darmstadt fahren. Wir haben 39 Punkte. Aber das sollen nicht die letzten gewesen sein. Wir wollen draufsatteln, wir wollen den nächsten Schritt machen und nach diesem Spieltag die Vier vorne stehen haben – egal, ob da dann eine Null oder eine Zwei dahinter steht“, betont Schuster, dass er den „brutal starken Darmstädtern Paroli bieten“ will. „Wir haben den Mut und das Selbstvertrauen.“ Bei allem Respekt vor dem Team um Torsten Lieberknecht, bei aller Verbundenheit zu den Lilien: „Wir sind auch der 1. FC Kaiserslautern, der bisher eine gute Saison gespielt hat und noch einiges erreichen will“. Es sei Schusters sportlicher Ehrgeiz und sein Selbstverständnis bei seinem Ex-Club, mit dem er so viel erreicht hat, die Zähler mitnehmen zu wollen. „Egal gegen wen, egal wo der FCK ein Punktspiel bestreitet, wie der Gegner heißt, ob das in der Geburtsstadt ist oder bei einer Station, an der man mal gut gearbeitet oder an der es mal scheiße lief als Spieler oder Trainer – wir wollen gewinnen. Da machen wir auch vor Darmstadt nicht halt.“

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