3. Fußball-Liga Lautern lebt – und bläst zur Aufholjagd

Kaiserslautern · Chancenwucher, Platzverweis, Führung verspielt: Für den Fußball-Drittligisten 1. FC Kaiserslautern schien das Heimspiel gegen den Halleschen FC wie das Spiegelbild der verkorksten Saison. Doch als am Samstag alles angerichtet für den nächsten Rückschlag war, zeigten die Roten Teufel Moral – und sendeten mit einem 3:1 (1:0)-Sieg das dringend benötigte Lebenszeichen im Abstiegskampf.

 Geballte Freude: Kaiserslauterns Innenverteidiger Kevin Kraus bejubelt mit Marvin Senger und Felix Götze (von links) seinen Treffer zum 2:1 gegen den Halleschen FC. In Unterzahl kassierte der FCK zuerst den Ausgleich, gewann die Partie am Ende aber noch mit 3:1. War das die Initialzündung im Kampf um den Klassenerhalt?

Geballte Freude: Kaiserslauterns Innenverteidiger Kevin Kraus bejubelt mit Marvin Senger und Felix Götze (von links) seinen Treffer zum 2:1 gegen den Halleschen FC. In Unterzahl kassierte der FCK zuerst den Ausgleich, gewann die Partie am Ende aber noch mit 3:1. War das die Initialzündung im Kampf um den Klassenerhalt?

Foto: imago images/Eibner/Neis /Eibner-Pressefoto via www.imago-images.de

Spätestens als Terrence Boyd, Stürmer des Halleschen FC, am Samstag auf dem Betzenberg in der 63. Minute den Treffer zum 1:1 erzielte, schien das Heimspiel des 1. FC Kaiserslautern seinen gewohnten Gang zu nehmen: Wieder einmal hatten es die Roten Teufel verpasst, ihre Überlegenheit frühzeitig in einen klaren Vorsprung umzumünzen. Wieder einmal hatten sich die Pfälzer – in diesem Fall durch einen unnötigen Platzverweis gegen Kenny Redondo – selbst geschwächt. Wieder einmal gegen einen eigentlich unterlegenen Gegner den Ausgleich kassiert.

Und doch war diesmal alles anders: Denn nach Boyds Treffer, der in mancher Saisonrückschau womöglich als der endgültige Genickbruch der Roten Teufel im Kampf um den Klassenerhalt in der 3. Fußball-Liga ausgemacht worden wäre, fiel der FCK nicht in sich zusammen. In Unterzahl besannen sich die Pfälzer – endlich – auf die Tugenden, die sich der Fritz-Walter-Club so gerne auf die Fahnen schreibt: Sie kämpften. Sie bissen. Und sie wurden belohnt.

In der 81. Minute flankte FCK-Kapitän Jean Zimmer vom rechten Flügel punktgenau vor das Tor der Hallenser. Dort sprang Lauterns Innenverteidiger Kevin Kraus am höchsten. Sein Kopfball schlug zur 2:1-Führung im rechten Eck ein. In der 90. Minute schraubte Philipp Hercher den Deckel auf die Partie. Nach einem Konter markierte er das 3:1 für Kaiserslautern. Als Schiedsrichter Michael Bacher die Partie wenige Minuten später abpfiff, fiel Kapitän Zimmer Lauterns Trainer Marco Antwerpen in die Arme. Der erst zweite Heimsieg in dieser Saison war unter Dach und Fach.

„Man hat heute gesehen, dass diese Magie am Betze wieder lebt. Wenn wir mit der gleichen Moral so weitermachen wie heute, dann ist alles möglich. Wir müssen weiter beißen“, forderte Stürmer Marvin Pourié, der seine Mannschaft in Führung geschossen hatte, am Mikrofon von MagentaSport. Und in der Tat: Gewinnt Kaiserslautern am morgigen Mittwoch ab 17 Uhr sein Nachholspiel gegen den Tabellenneunten FSV Zwickau, läge der erste Nichtabstiegsplatz nur noch einen Zähler entfernt.

Lange vor dem Anpfiff hatten die Anhänger der Roten Teufel die immense Bedeutung der Partie unterstrichen. Zahlreiche Banner hingen in der leeren Westkurve: „Kopf hoch – und Brust raus“, „Reißt euch zusammen“, oder „Endspurt heißt, Siege erzwingen“, war dort unter anderem zu lesen. „Wir können die Plakate alle durchgehen. Wir haben heute alles, was darauf stand, umgesetzt. Das ist das größte Kompliment, das ich meiner Mannschaft machen kann“, sagte Kapitän Zimmer nach der Partie dem SWR.

Die erste halbe Stunde im Fritz-Walter-Stadion stand im Zeichen von Marvin Pourié. Verzog der FCK-Stürmer in der Anfangsphase noch einen Schuss Richtung Eckfahne, wurde er in der 12. Minute erstmals brandgefährlich. Nach einem Standard von Hendrick Zuck köpfte er den Ball Richtung kurzes Eck. Doch der Ex-Lauterer Janek Sternberg stand goldrichtig und verhinderte den Einschlag. In der 28. Minute durfte Pourié dann aber doch Jubeln. Anas Ouahim schüttelte seinen Gegenspieler auf dem rechten Flügel mit einem Haken ab und brachte den Ball halbhoch ins Zentrum zu Pourié. Der schirmte das Leder mit dem Rücken zum Tor geschickt gegen Stipe Vucur – ebenfalls ein ehemaliger Lauterer – ab und traf aus der Drehung zum 1:0.

Der Hallesche FC, bei dem der gebürtige Zweibrücker Julian Derstroff in der Startelf stand, tauchte nur einmal gefährlich vor dem Tor der Pfälzer auf. Der Flachschuss von Jan Shcherbakovski war aber kein Problem für FCK-Torwart Avdo Spahic (45.).

Nach dem Seitenwechsel hätten die Hausherren die Partie rasch entscheiden können. Ein Schuss von Ouahim wurde von einem Hallenser Abwehrbein geblockt. Der Abpraller fiel Zuck vor die Füße – doch dessen Geschoss fischte Halles Torwart Sven Müller sensationell aus dem linken Winkel (50.). Fünf Minuten später sprang ein verunglückter Schussversuch von Felix Götze genau in den Lauf von Pourié, der Müller aber aus kurzer Distanz nicht überwinden konnte.

Was folgte, musste den FCK-Fans vor den TV-Geräten wie ein böses Déjà-Vu, wie ein Spiegelbild dieser bislang so verkorksten Saison vorkommen. Kaiserslautern nutzte seine Chancen nicht – und schwächte sich dann selbst. Fernab des Balls meckerte der verwarnte Kenny Redondo über einen nicht gegebenen Freistoß – und wurde mit der Ampelkarte zum Duschen geschickt.

„Da hilft der Schiri dem Gegner wieder in die Partie zurück. Da wünsche ich mir dann auch mal das sogenannte Fingerspitzengefühl und dass der Schiedsrichter weiß, um was es hier geht. Da muss man sich aber auch mal auf so ein Spiel vorbereiten“, ätzte FCK-Coach Marco Antwerpen auf der Pressekonferenz nach der Partie.

Doch auch wenn sich der Trainer vor seinen Spieler stellte – wie Redondo das Schicksal seiner Mannschaft in dieser Szene aufs Spiel setzte, war zumindest fahrlässig. Der 26-Jährige entschuldigte sich via Instagram auch für seine „leichtsinnige Aktion“. Eine Aktion, die den FCK kurzzeitig aus der Bahn warf. Zunächst traf Halles Laurenz Dehl mit einer Kopfballbogenlampe die Latte (62.). Dann erzielte der Sturmtank der Gäste, Terrence Boyd, zwei Minuten nach seiner Einwechslung den Ausgleich (63.).

Der FCK wankte – aber diesmal fiel er nicht. Im Gegenteil: Trotz Unterzahl drückte Kaiserslautern der Partie den Stempel auf. Elias Huth hätte die Gastgeber schon in der 70. Minute wieder in Front schießen können. Das besorgte dann Innenverteidiger Kraus rund zehn Minuten später per Kopf. Erst in der Nachspielzeit musste FCK-Torwart Spahic, der einen Schuss von Vucur an den Pfosten lenkte, noch einmal sein ganzes Können aufbieten. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hercher den FCK nach einem blitzsauberen Konter aber schon mit 3:1 in Führung gebracht.

„Das war die Reaktion, die jeder in der ganzen Region, und die auch ich von der Mannschaft erwartet habe. Ich wusste, dass wir das bringen können. Das war sehr, sehr wichtig und ein brutales Zeichen“, jubelte Zimmer nach dem Schlusspfiff.

Trainer Antwerpen fand die Reaktion, die sein Team nach dem Ausgleich gezeigt hatte, „überragend“. „Wir haben uns heute für ein Klassespiel belohnt. Dieses Erfolgserlebnis nehmen wir mit und bleiben dran. Das ist das, was wir weiter anbieten wollen. Schon am Mittwoch“, ergänzte der 49-Jährige vor dem nächsten Heimspiel gegen Zwickau.

Auch gegen die Sachsen ist der FCK wieder zum Siegen verdammt. Denn „im Endeffekt gab es heute auch nur drei Punkte“, wusste Jean Zimmer. Auf die Frage, was ihm nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich am Samstag durch den Kopf gespukt sei, antwortete der Kapitän: „Jetzt erst recht“. Mit ihm hofft nun eine ganze Region, dass die Moral, die der 1. FC Kaiserslautern gegen Halle an den Tag gelegt hat, die Initialzündung im Kampf um den Klassenerhalt gewesen ist. Denn noch einmal in alte Muster zurückzufallen, kann sich der FCK angesichts nur noch neun ausstehender Saisonspiele schlicht nicht erlauben.

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