Landespolitik „Historischer Schritt“ beim Schuldenabbau

Mainz · Plötzlich geht alles ganz schnell: Im März soll die Verfassung geändert werden. Dann wird im Detail geregelt, wie das Land Rheinland-Pfalz bis zu drei Milliarden Euro an kommunalen Schulden übernehmen wird. Fünf Landtagsfraktionen stellen das gemeinsame Vorgehen vor.

 Drei Fraktionen der Regierung und zwei der Opposition in Rheinland-Pfalz haben gemeinsam den Entwurf für eine Verfassungsänderung vorgestellt, mit der die drückende Schuldenlast der Kommunen  abgebaut werden soll.

Drei Fraktionen der Regierung und zwei der Opposition in Rheinland-Pfalz haben gemeinsam den Entwurf für eine Verfassungsänderung vorgestellt, mit der die drückende Schuldenlast der Kommunen  abgebaut werden soll.

Foto: dpa/Patrick Pleul

(dpa) Eine breite Mehrheit des Landtags Rheinland-Pfalz hat einen entscheidenden Schritt getan, um die drückende Schuldenlast von Städten, Gemeinden und Landkreisen abzubauen. Die drei Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP stellten am Mittwoch zusammen mit CDU und Freien Wählern aus der Opposition einen gemeinsamen Entwurf für eine Verfassungsänderung zur Übernahme von Altschulden vor. Mit Blick auf das Ausmaß bis zu drei Milliarden Euro sprachen die Fraktionsvorsitzenden von einem Beschluss mit historischer Bedeutung.

Die erste Verfassungsänderung seit 2015 soll dem Artikel 117 zur Kreditaufnahme des Landes einen vierten Absatz hinzufügen, wonach das Land „Liquiditätskredite der Kommunen zum Stand vom 31. Dezember 2020 übernehmen“ kann. Die Schulden aus diesen Kassenkrediten beliefen sich laut Landesrechnungshof auf 6,1 Milliarden Euro und damit auf fast die Hälfte der kommunalen Gesamtverschuldung von 12,4 Milliarden Euro. Finanzministerin Doris Ahnen hatte Mitte Dezember überraschend die Bereitschaft des Landes erklärt, die Hälfte der Schulden aus Kassenkrediten zu übernehmen.

Die fünf Fraktionen wollen den Entwurf für die Verfassungsänderung am 16. Februar in den Landtag einbringen, wie die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler ankündigte. Die Verfassungsänderung könnte dann im März vom Parlament verabschiedet werden. Die Details für die Übernahme der Hälfte aller kommunalen Verbindlichkeiten aus Kassenkrediten sollen in einem Umsetzungsgesetz geregelt werden, zu dem ein enger Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden geplant ist. Es sei angestrebt, dass dieses zum 1. Januar 2023 in Kraft treten könne, sagte die SPD-Fraktionschefin.

Die Regierungsfraktionen SPD, Grüne, und FDP sowie die Oppositionsfraktionen CDU und Freie Wähler beschlossen das gemeinsame Vorgehen am Mittwoch auf ihren jeweiligen Fraktionssitzungen.

„Wir haben uns das lange gewünscht“, sagte Oppositionsführer Christian Baldauf (CDU). Er zeigte sich hinsichtlich des Umsetzungsgesetzes „zuversichtlich, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen“.

Für die Freien Wähler sprach Fraktionschef Joachim Streit von einem persönlichen Erfolg, da die Entlastung der Kommunen im Wahlprogramm der Partei ganz oben gestanden habe. Der ehemalige Landrat sagte mit Blick auf den Einzug in den Landtag, „dass durch unser Auftauchen der Druck erhöht wurde“. Jetzt sei zu hoffen, dass mit der anstehenden Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs eine dauerhafte finanzielle Entlastung möglich werde.

Die FDP-Fraktion werde darauf achten, dass die jetzt von den Kommunen aufs Land zu übertragenden Schulden in den kommenden Jahrzehnten auch zielstrebig zurückgeführt würden, sagte Fraktionschef Philipp Fernis. Die Einhaltung der Schuldenbremse werde von der Übernahme der kommunalen Verbindlichkeiten nicht gefährdet.

„Wir gehen in einem ersten Schritt voraus, der Bund ist gefordert nachzuziehen“, sagte Bätzing-Lichtenthäler. Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Absicht ausgesprochen, bei der Entlastung der Kommunen von Altschulden bisherige Entschuldungsbemühungen der Länder zu berücksichtigen. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Bernhard Braun betonte aber auch: „Wir machen das unabhängig vom Bund.“

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