Zoo Kaiserslautern Verschwinden von Känguru gibt Rätsel auf

Kaiserslautern · Tierdiebe nehmen aus Zoos fast alles mit, was kreucht und fleucht. Nun ist möglicherweise Kaiserslautern das Opfer geworden: Ein Känguru fehlt. Die Polizei ermittelt seit fast zwei Wochen, Hinweise auf ein Raubtier gibt es aber immer noch nicht Ist der helle Hüpfer schlicht ausgebüxt?

 Hier war das Albino-Känguru Mila mit seiner Mutter Monja noch vereint. Das kleine Baby war eine große Attraktion im Lauterer Zoo.

Hier war das Albino-Känguru Mila mit seiner Mutter Monja noch vereint. Das kleine Baby war eine große Attraktion im Lauterer Zoo.

Foto: dpa/Zoo Kaiserslautern

Ein dreister Diebstahl oder die Beute eines Wildtiers – oder eine Flucht aus dem Gehege? Das mysteriöse Verschwinden eines seltenen weißen Kängurus sorgt in Kaiserslautern für Aufregung und gibt Rätsel auf. „Es ist schon seltsam, dass explizit dieses Känguru abhandengekommen ist, obwohl sich noch zwei weitere normalhäutige kleine Kängurus im Gehege befinden“, sagt Zoodirektor Matthias Schmitt. Trotz der Anteilnahme der Bevölkerung fehlt von dem etwa 30 Zentimeter großen Tier jede Spur. Die Polizei ermittelt nach dem Verschwinden am 19. August wegen Diebstahls (wir berichteten).

Für die westpfälzische Stadt war das sechs Monate alte Albino-Känguru namens Mila eine Attraktion. „Mila ist deshalb etwas Besonderes, weil das weiße Känguruweibchen einen weißen Nachwuchs geboren hat“, sagt Schmitt über den hoppelnden Pflanzenfresser. „Eigentlich wird das weiße Gen unterdrückt, so dass die Natur die Normalfarbe freigibt.“

Dass ein tierischer Räuber das Känguru geschnappt haben könnte, dazu gibt es nach Einschätzung des Zoodirektors schlicht wenige Hinweise. „Das Fehlen von Mila kann auf die Zeit von 13 Uhr bis 19 Uhr eingegrenzt werden. In dieser Zeit ist kein Fuchs oder anderes Raubtier zum Jagen unterwegs. Außerdem haben die beiden Suchhunde im angrenzenden Wald keine Spuren von Blut oder den Kadaver gefunden.“

Also ein zweibeiniger Räuber? Aber wer stiehlt ein Känguru? Darüber will Schmitt nicht spekulieren. „Man muss das Tier sehr schnell fangen können. Man muss auch das Herz dafür haben. Befindet sich das Tier in einem Beutel, fühlt es sich sicher und hat keine Panik.“ Präventiv seien alle Zoos in Deutschland benachrichtigt worden. „Sollte ein weißes Känguru angeboten werden, ist Vorsicht geboten.“

Nach Einschätzung des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ) gibt es Tierdiebstahl zum Glück nicht allzu oft in Zoos. „Wenn sie passieren und es in der Natur bedrohte Arten trifft, ist das für den Zoo und den Naturschutz besonders tragisch“, sagt Geschäftsführer Volker Homes. Bennett-Kängurus wie im vorliegenden Fall in Kaiserslautern seien glücklicherweise in der Natur nicht bedroht. „Bei hochwertigen Arten ist der Diebstahl kein Zufall, sondern vorher geplant. Als Täter gelten Sammler oder Liebhaber bestimmter Arten.“

Häufig würden Tiere gestohlen, die leicht transportierbar seien. „Giraffen sind zum Beispiel noch nie weggekommen, aber mittelgroße Vogelarten wie Papageien gehören dazu“, erzählt Homes. „Wenn es sich um wirklich hochpreisige Arten handelt, gibt es sogar Auftragsklau von Sammlern. Die Arten landen dann auch im Ausland.“

Der VdZ-Geschäftsführer geht davon aus, dass Zoos und Polizei nach dem Vorfall in Kaiserslautern wieder wachsamer sein werden. „In Zoos gibt es Sicherheitsdienste und Kameras, um Tierdiebstähle zu verhindern. Bei schwerwiegenden Straftaten muss mit hohen Geldbußen oder gar Haftstrafen gerechnet werden“, erklärt Homes.

Grundsätzlich scheint in deutschen Tierparks nichts zu existieren, auf das es Diebe nicht abgesehen haben. In Suhl stahlen Einbrecher vor Jahren eine Würgeschlange, in Bremerhaven einen Flamingo, in Krefeld einmal Papageien und in Magdeburg Affen. Auch Kängurus wurden schon gestohlen, etwa auf Rügen oder im hessischen Vogelsberg. Neben dem finanziellen und emotionalen Verlust sei das Verschwinden eines Tiers auch immer ein Schlag für den Artenschutz, betonen Experten.

Theoretisch könnte Mila ausgebüxt sein – so wie vor Jahren Kängurus in Mecklenburg-Vorpommern. Seitdem leben die Hüpfer dort in freier Wildbahn. Hinweisgeber hatten zuletzt der Polizei in Kaiserslautern zu Protokoll gegeben, sie hätten das Tier angeblich im Wald gesehen.

Zoodirektor Schmitt will jedenfalls nichts unversucht lassen. Unter anderem könne die Polizei auch auf die Personalien der Zoo-Gäste zugreifen, sagt der 61-Jährige. Wie in einem Restaurant müssen sich die Besucher wegen der Corona-Pandemie registrieren lassen. „Wenn es erforderlich ist, wird die Polizei diese Listen eventuell einsehen.“

 Am 27. August wurde auf einem Feld zwischen Bosen und Eiweiler (Kreis St. Wendel) ein Känguru von Zeuginnen fotografiert – um Mila kann es sich aber nicht handeln, denn das Tier war braun.

Am 27. August wurde auf einem Feld zwischen Bosen und Eiweiler (Kreis St. Wendel) ein Känguru von Zeuginnen fotografiert – um Mila kann es sich aber nicht handeln, denn das Tier war braun.

Foto: Michelle Schneider

Für Schmitt gibt es aber auch Erfreuliches. Erstens erwartet Monja, die Mutter von Mila, wieder Nachwuchs. Zweitens rührt ihn die Anteilnahme der Menschen. Privat wurde gar eine Belohnung für Hinweise zum Verbleib des vermissten Jungtiers ausgelobt. „Das ist unglaublich“, sagt Schmitt. Vor allem übers Internet kämen viele Nachrichten an den Zoo. „Das tut einem dann auch wieder gut.“

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