Verfahren nach Rückkehr von Terror-Miliz IS-Unterstützerin kündigt Aussage an

Koblenz · Von Idar-Oberstein zur Terrormiliz. Eine junge Frau soll mit vier IS-Kämpfern verheiratet gewesen sein und deren Taten unterstützt haben. Nun steht sie in Koblenz vor Gericht.

  Die mutmaßliche Unterstützerin der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) wird in einen Gerichtssaal geführt. Der dreifachen Mutter unter der Kapuze wird eine Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Die mutmaßliche Unterstützerin der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) wird in einen Gerichtssaal geführt. Der dreifachen Mutter unter der Kapuze wird eine Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Foto: dpa/Thomas Frey

Eine junge Frau reist mit ihrem Mann und zwei seiner Schwestern aus dem rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein über die Türkei nach Syrien aus. Was dann passiert, ist Gegenstand eines Prozesses vor dem Oberlandesgericht Koblenz. Die Anklage schildert die Vorgänge so: In Syrien schließt sich die Deutsche der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an. Ihr Mann absolviert eine militärische Ausbildung, sie kümmert sich um den Haushalt. Das Paar erhält eine Wohnung vom IS, zeitweise besucht die heute 29-Jährige ein Frauenhaus und einen Kurs zum islamischen Recht. Fragt sich, was die Deutsche dazu bewogen hat, sich dieser Welt zu verschreiben?

Der vor dem Oberlandesgericht angeklagten 29-Jährigen, die als erste mutmaßliche IS-Rückkehrerin aus Rheinland-Pfalz gilt, wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Laut Generalstaatsanwaltschaft Koblenz soll die Frau von September 2014 bis Anfang Februar 2019 Mitglied der Miliz gewesen sein. Zum Prozessbeginn am Donnerstag, als die Kameras noch auf sie gerichtet sind, erscheint die 29-Jährige in einen schwarzen Wintermantel gehüllt, eine dicke Kapuze verdeckt ihren Kopf. Nur eine weiße Mund-Nasen-Schutzmaske blitzt darunter hervor. Die Frau trägt ihre braunen Haare zu einem lockeren Knoten zusammengebunden.

Laut der zum Auftakt verlesenen Anklage soll die Frau von Syrien aus über soziale Medien die IS-Ideologie propagiert, die Tötung Andersdenkender durch die Terrormiliz gerechtfertigt und zur Ausreise in das vom IS proklamierte Kalifat aufgerufen haben. Sie bringt einen Sohn zur Welt, den sie der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz zufolge im Sinne der IS-Ideologie erzieht. Der Ehemann kommt 2015 bei einem Gefecht mit kurdischen Kämpfern in Syrien ums Leben. Drei weitere Male heiratet die Frau den Angaben zufolge anschließend IS-Kämpfer. Zwei dieser Männer sterben demnach ebenfalls bei Kämpfen, eine Art Vormund soll überwacht haben, ob sie die vorgeschriebene Trauerzeit einhält. Aus der letzten Verbindung bringt die Frau 2017 Zwillinge zur Welt.

Der Verlesung der Anklage lauscht die 29-Jährige ruhig, blättert in den Unterlagen, liest mit. Beim nächsten Verhandlungstermin am 13. November will sie sich umfassend äußern, wie ihr Verteidiger ankündigt. 120 Seiten habe die Einlassung, die sie verlesen wolle. Der Vorsitzende Richter, Konrad Leitges, sagt, in einem Vorgespräch sei von Seiten der Verteidigung ein Geständnis angekündigt worden.

Bei diesem Sondierungsgespräch sei es auch um ein mögliches Strafmaß gegangen, berichtet Leitges. Eine Einigung habe nicht erzielt werden können. Die Verteidigung fordert, die Zeit, die die dreifache Mutter in einem Lager in Syrien verbracht hat, strafmindernd anzurechnen. Laut Anklage war sie 2019 von kurdischen Kräften festgesetzt worden. Im Januar diesen Jahres war sie zusammen mit ihren drei Kindern von der Türkei nach Deutschland abgeschoben und in Frankfurt festgenommen worden. Seither sitzt sie in Untersuchungshaft.

Ein Sachverständiger soll in dem Prozess klären, ob und inwieweit es möglich ist, die Lagerzeit zu berücksichtigen. Außerdem solle die Angeklagte über die Verhältnisse vor Ort berichten, kündigte die Verteidigung nach der Verhandlung an. Seine Mandantin führe regelmäßig Gespräche zur Deradikalisierung, erklärt Verteidiger Martin Heising. Ihre Kinder seien in Pflegefamilien untergebracht. Er hoffe, dass sie schnell zu ihrer Mutter zurückkehren können. Er sehe keine Gründe, an der Erziehungsfähigkeit seiner Mandantin zu zweifeln. „Sie ist eine stabile Persönlichkeit und hat sich glaubhaft von der Ideologie distanziert“, sagt Heising.

(dpa)
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