Fußabdruck im Sandstein Ehepaar findet Saurier-Spur in der Pfalz

Eschbach · Jahrmillionen bleibt der Fußabdruck eines Sauriers in der Pfalz unentdeckt. Jetzt will ein Museumschef den Zufallsfund auch als Warnung vor den Folgen des Klimawandels nutzen. Das Trittsiegel legt Zeugnis ab vom Leben vor dem größten Massensterben der Geschichte.

  Sebastian Voigt, Leiter des Urweltmuseums Geoskop, sitzt hinter dem Sandstein, auf dem der Fußabdruck eines Pareiasauriers zu sehen ist. Die Wangenechsen waren die größten Landwirbeltiere vor etwa 255 Millionen Jahren.

Sebastian Voigt, Leiter des Urweltmuseums Geoskop, sitzt hinter dem Sandstein, auf dem der Fußabdruck eines Pareiasauriers zu sehen ist. Die Wangenechsen waren die größten Landwirbeltiere vor etwa 255 Millionen Jahren.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Einem Ehepaar aus Rheinland-Pfalz ist offenbar gelungen, wovon Forscher jahrelang träumten: ein Fund einer einzigartigen Spur aus ferner Lebenswelt. „Es war reiner Zufall“, sagt Carola Keppler und lacht. Mit ihrem Mann Fritz spazierte sie im Juli durch den Wald bei Eschbach im Landkreis Südliche Weinstraße, als der 69-Jährige an einem Baumstumpf eine Sandsteinplatte mit einer fossilen Kontur entdeckte.

Was der pensionierte Diplom-Geologe Keppler nicht ahnte: er hatte unterhalb der Madenburg den wohl einzigen Fußabdruck gefunden, der möglicherweise von einem sogenannten Pareiasaurier stammt – der erste, der in Deutschland bisher entdeckt wurde. Die bis zu 600 Kilogramm schweren und bis zu drei Meter langen Saurier tapsten vor etwa 270 bis 252 Millionen Jahren behäbig durch die Erdgeschichte.

„Gesicherte Nachweise von Pareiasaurier-Fährten gab es bislang nur aus Italien, Russland und Marokko“, sagt Sebastian Voigt, Leiter des Urweltmuseums Geoskop/Burg Lichtenberg im Kreis Kusel. Bei ihm ruht das Trittsiegel derzeit. Dass die pflanzenfressenden Wangenechsen auch auf dem heutigen Gebiet von Deutschland lebten, wisse man von Knochenfunden aus der Korbacher Spalte in Hessen. „Aber Knochen können etwa vom Wasser weit vom Lebensort eines Tieres entfernt eingebettet worden sein. Fährten hingegen nicht“, sagt Voigt.

Vorsichtig streicht der Chef des Museums in Thallichtenberg über die dunkelrote Platte von etwa 45 Zentimetern in fast quadratischen Maßen. Voigt schätzt den rund 22 Zentimeter großen Abdruck auf ein Alter von etwa 255 Millionen Jahren. Vor rund 252 Millionen Jahren setzte auf der Erde ein Massensterben ein, welches drei Viertel der Landlebewesen dahinraffte. „Insofern ist der Fund ein Zeugnis vom Vorabend dieser Apokalypse“, meint Voigt. Er plant schon länger, das größte Massensterben der Geschichte in einer Ausstellung zu thematisieren. Die Frage sei mit Blick auf den Klimawandel „aktueller denn je“.

Der Wirbeltierpaläontologe Hans Sues vom National Museum of Natural History in Washington (USA) hält die Zuordnung des Fußabdrucks zu den Pareiasauriern für plausibel. „Der erste Pareiasaurier-Rest in Deutschland, ein unvollständiges Skelett aus dem Kupferschiefer, wurde 1857 von dem deutschen Paläontologen Hermann von Meyer bekannt gemacht und Parasaurus geinitzi getauft“, sagte Sues der dpa.

Es gebe noch zahllose Saurier, die wissenschaftlich unbekannt seien. „Jedes Jahr werden Dutzende neuer Arten beschrieben. Das ist nicht verwunderlich, da sich der Fossil-Bericht von Sauriern über 300 Millionen Jahre erstreckt und viele Schichten in der Welt unerforscht sind“, meint er. Auch in Deutschland würden weitere Saurier entdeckt.

Ihren Fund machten die Forscher in Rheinland-Pfalz erst jetzt bekannt, um keine unautorisierten Grabungen zu provozieren. Stattdessen suchten die Wissenschaftler in aller Stille das Umfeld der Platte auf etwa 20 Quadratmetern ab. „Die Grabung hat erstaunlich viele Zeugnisse der Lebewelt am Ende des Erdaltertums erbracht: Spuren mindestens vier verschiedener Vierfüßer und wirbelloser Tiere wie Würmer, Käfer und Tausendfüßer sowie erster Pflanzenfossilien“, erzählt Voigt. „Das ist in einem Land, in dem gefühlt jeder Stein schon drei Mal umgedreht worden ist, eine große Überraschung.“

Der Paläontologe Eberhard Frey aus dem Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe hält den Fußabdruck von Eschbach für „zweifellos toll“. Ein Problem sei die Zuordnung der Spurenerzeuger – besonders, wenn man nur ein Trittsiegel habe. „Sichere Zuordnungen sind nur möglich, wenn der Abdruck anatomische Details wie Sohlenballen- und Krallenabdrücke zeigt. Dann wäre der Vergleich mit der Fußskelettanatomie potenzieller Kandidaten möglich“, meint der Leiter der geowissenschaftlichen Abteilung.

 Das Trittsiegel im Sandstein gibt Anlass die bisherige Vorstellung der Wissenschaft über den Saurier-Fuß zu überdenken.

Das Trittsiegel im Sandstein gibt Anlass die bisherige Vorstellung der Wissenschaft über den Saurier-Fuß zu überdenken.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Die Spur konnte sich so lange halten, weil sich die Region um das heutige Eschbach damals am Rand eines Meeres befand. Die Fährte drückte sich tief in feuchten Schlamm und blieb über Jahrmillionen im Gestein erhalten. Nach Voigts Einschätzung gibt der Abdruck Anlass, die Vorstellungen des Pareiasaurier-Hinterfußes zu prüfen. „Die meisten Trittsiegel legten nahe, dass die Zehen sehr kurz und kräftig waren und der fünfte Zeh funktionell nahezu bedeutungslos war. Hier sind die Zehen aber relativ lang und auch der fünfte Zeh kräftig abgedrückt. Möglich, dass der Fuß mit zunehmendem Alter und der Körpergröße funktionell immer kompakter geworden ist.“

(dpa)
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