Rheinland-Pfalz Streit über Zugriff der Polizei auf Corona-Gästelisten geht weiter

Mainz · Der Datenschutzbeauftragte in Rheinland-Pfalz fordert höhere Hürden. Das Gesetz erlaubt den Beamten aber, auf die Listen zuzugreifen. Neue Regelung wäre nur auf Bundesebene möglich.

 Dieter  Kugelmann,  Datenschutzbeauftrager von Rheinland-Pfalz.     Foto: Erichsen/dpa 

Dieter Kugelmann, Datenschutzbeauftrager von Rheinland-Pfalz.   Foto: Erichsen/dpa 

Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

Der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann hat in der Debatte über die Verwendung von Gästelisten durch die Polizei ein „Corona-Freiheitsschutz-Begleitgesetz“ gefordert. Dieses müsse auf Bundesebene beschlossen werden und solle hohe Hürden für den Zugriff der Polizei auf die Gästelisten garantieren, die ausschließlich dem Schutz vor einer Corona-Infektion dienen sollten.

„Wer im Biergarten sitzt, darf nicht später von der Polizei aufgrund des Eintrags in eine Corona-Gästeliste befragt werden, wenn es um die Aufklärung einer Ordnungswidrigkeit, einer kleineren Sachbeschädigung oder eines Falschparkens in der Nähe geht“, betonte Kugelmann. Wenn die Polizei die Gästelisten etwa bei Ermittlungen zu schweren Straftaten wie Mord oder Totschlag wirklich für ihre Arbeit brauche, biete mit einem solchen Gesetz ein richterlicher Beschluss Rechtssicherheit.

Der Gesetzgeber könnte nach Einschätzung von Justizminister Herbert Mertin (FDP) durchaus eine Regelung treffen, „wonach die Gästelisten nicht für Zwecke der Strafverfolgung, sondern nur zum Infektionsschutz, verwendet werden dürfen“. Dies müsse auf Bundesebene geschehen, da die Länder die Strafprozessordnung nicht aushebeln könnten, sagte der FDP-Politiker.

Mertin wies darauf hin, dass in der Debatte derzeit häufig die Rechtslage und „die politisch für wünschenswert gehaltene Situation“ vermischt würden. „Zur gegenwärtigen Rechtslage ist zu sagen, dass die Strafprozessordnung, und damit eine bundesgesetzliche Regelung, die Sicherstellung und Beschlagnahme der Corona-Gästelisten durch die Polizei erlaubt, wenn es einen Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Straftat gibt“, sagte Mertin.

„Die Strafprozessordnung unterscheidet dabei auch nicht nach schwereren oder leichteren Delikten.“ Ein richterlicher Beschluss sei nur dann notwendig, wenn die Gastwirte die Listen der Polizei nicht freiwillig übergäben. „In den bisher in Rheinland-Pfalz bekannten Fällen wurden die Listen aber wohl stets freiwillig überlassen.“

Fast 110 000 Straftaten im ersten Halbjahr 2020 stehen nach Darstellung des Innenministeriums rund ein Dutzend Fälle gegenüber, in denen entsprechende Listen im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen, verwendet wurden. Dabei sei es überwiegend um Gewalt- und Sexualdelikte gegangen; in einem Fall habe ein Verdächtiger so auch ein Alibi nachweisen können. Betroffene haben sich nach Darstellung des Datenschutzbeauftragten bislang bei diesem noch nicht über den Umgang mit ihren Daten beschwert.

(dpa)
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