Bundespräsident Steinmeier unterschreibt das Gesetz Corona-Notbremse passiert trotz massiver Kritik den Bundesrat

Berlin/Mainz · Die Länder schießen massiv gegen das Infektionsschutzgesetz und die vorgesehene bundeseinheitliche Notbremse. Trotzdem halten sie es im Bundesrat nicht auf. Rheinland-Pfalz hält sich zurück.

ARCHIV - 03.06.2015, Brandenburg, Erkner: Eine Notbremse in einer historischen S-Bahn, aufgenommen während eines Pressetermins in der S-Bahn-Betriebswerkstatt. Die geplante Corona-Notbremse mit verbindlichen Regeln für den Kampf gegen die dritte Welle der Pandemie in ganz Deutschland hat im Bundestag zu einem heftigen Schlagabtausch geführt. Die Opposition kritisierte am Mittwoch vor der entscheidenden Abstimmung im Plenum unter anderem erhebliche Grundrechtseinschränkungen. Vizekanzler Scholz (SPD) verteidigte die Neuregelungen, die zu mehr Verständlichkeit und größerer Unterstützung bei den Bürgern beitragen sollten. Mit den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes soll sich an diesem Donnerstag auch noch der Bundesrat befassen. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 03.06.2015, Brandenburg, Erkner: Eine Notbremse in einer historischen S-Bahn, aufgenommen während eines Pressetermins in der S-Bahn-Betriebswerkstatt. Die geplante Corona-Notbremse mit verbindlichen Regeln für den Kampf gegen die dritte Welle der Pandemie in ganz Deutschland hat im Bundestag zu einem heftigen Schlagabtausch geführt. Die Opposition kritisierte am Mittwoch vor der entscheidenden Abstimmung im Plenum unter anderem erhebliche Grundrechtseinschränkungen. Vizekanzler Scholz (SPD) verteidigte die Neuregelungen, die zu mehr Verständlichkeit und größerer Unterstützung bei den Bürgern beitragen sollten. Mit den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes soll sich an diesem Donnerstag auch noch der Bundesrat befassen. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Patrick Pleul

Der Bundesrat hat das geänderte Infektionsschutzgesetz mit der Corona-Notbremse trotz massiver Kritik passieren lassen. In einer Sondersitzung verzichtete die Länderkammer am Donnerstag darauf, den Vermittlungsausschuss zu dem Gesetz anzurufen, das der Bundestag am Vortag verabschiedet hatte. Es gab keine förmliche Abstimmung. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnete das Gesetz anschließend, das jetzt nur noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden muss. Alle sechs Ministerpräsidenten, die sich in der Aussprache zu Wort meldeten, äußerten erhebliche Bedenken. Sie erkannten aber wegen der anhaltenden Corona-Pandemie den Handlungsbedarf an und wollten das Gesetz daher nicht aufhalten.

Die Ministerpräsidenten sahen durch die Bank verfassungsrechtliche Bedenken – insbesondere wegen der starren Notbremse – und Probleme bei der praktischen Umsetzung. Sie monierten, dass der Bund nicht die Erfahrungen der Länder in der Pandemiebekämpfung berücksichtigt habe.

Bundesratspräsident Reiner Haseloff (CDU) kritisierte in scharfer Form die Kompetenzverlagerung auf den Bund. „Der heutige Tag ist für mich ein Tiefpunkt in der föderalen Kultur der Bundesrepublik Deutschland“, sagte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Die Länderkammer berate über ein Gesetz, „dessen Entstehung, Ausgestaltung und Ergebnis unbefriedigend sind“. Auch der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) und der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier kritisierten den Beschluss.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warb in der Sitzung für das Gesetz und spielte den Ball ins Feld der Länder zurück. „Obwohl Bund und Länder dasselbe wollen, ist bei vielen der Eindruck entstanden, wir würden nicht am selben Strang ziehen.“

Gezogen werden soll die Notbremse, wenn in einem Landkreis oder einer Stadt die Sieben-Tage-Inzidenz an drei Tagen hintereinander über 100 liegt. Dann dürfen Menschen ab 22 Uhr die eigene Wohnung in der Regel nicht mehr verlassen. Alleine Spaziergänge und Joggen sind bis Mitternacht erlaubt. Läden dürfen nur noch für Kunden öffnen, die einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Präsenzunterricht an Schulen soll ab einer Inzidenz von 165 meist gestoppt werden.

Das vom Bundestag am Mittwoch beschlossene Gesetz ist ein Einspruchsgesetz. Das heißt, eine Zustimmung des Bundesrates war nicht nötig. Die Länderkammer hätte aber den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anrufen und das Gesetz zeitlich aufhalten können.

Rheinland-Pfalz hatte sich, wie Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) angekündigt hatte, bei der Abstimmung enthalten. Die zur Regierung gehörende FDP kritisiert das Gesetz scharf (wir berichteten).

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