Pete Townshend erzählt: Jede Menge Trümmer

Es endete stets im Zertrümmern. Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Keith Moon zerstörte Pete Townshend das Instrumentarium der Band. Jedes Mal der Höhepunkt des Konzerts von The Who. Andere Rockmusiker, Jimi Hendrix oder Cream, übernahmen das Ritual und demonstrierten damit das Selbstzerstörerische des Rock'n'Roll

Es endete stets im Zertrümmern. Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Keith Moon zerstörte Pete Townshend das Instrumentarium der Band. Jedes Mal der Höhepunkt des Konzerts von The Who. Andere Rockmusiker, Jimi Hendrix oder Cream, übernahmen das Ritual und demonstrierten damit das Selbstzerstörerische des Rock'n'Roll. Trotzdem wird Townshends Song "My Generation" immer die Hymne seiner Altersgenossen sein, wird der von ihm kreierte Powerchord den Rock des androgynen Mick Jagger, des kauzigen Keith Richards oder des schöngeistigen Solisten Eric Clapton an Wut und Kraft überbieten. Der Komponist, Songwriter und Gitarrist Townshend wollte die "lauteste Rockband der Erde", allein mit Powerakkorden hat er das geschafft und Arenen gefüllt. Sein aggressiver Gitarrenstil beeinflusste die Entwicklung von Hard Rock, Heavy Metal und Punk. Die Gitarre benutzte er als Waffe. Seine brachialen Klänge haben 1969 die Masse in Woodstock zum Rasen gebracht. Das waren die Anfänge, da ging es um Hass, Lebenshunger und Vitalität. Mit seiner Radikalität wollte Townshend die Popmusik umkrempeln, die soften Beatles konterkarieren. Deshalb machte er Roger Daltrey zum Sänger von The Who. Der konnte weder Musik komponieren noch Texte verfassen, besaß aber ein mächtiges Stimmorgan und sah gut aus. Etwa 100 Millionen Platten haben The Who verkauft.

Der Band-Chef zog aus dem Hintergrund alle Fäden. Auch Keith Moon, schon 1978 gestorben, und John Entwistle, der 2002 starb, waren Marionetten am Gängelband Townshends, der sich auch als Dichter, Bühnenautor und Verleger betätigte.

Das war Klein-Pete nicht in die Wiege gelegt. Seine Eltern waren Tanzmusiker, die sich liebten und hassten, soffen und einander betrogen. Tage nach Kriegsende in London geboren, wurde der Junge zur psychisch kranken Großmutter abgeschoben. Nachdem die Mutter sich vom Vater getrennt hatte, betatschte ihr Liebhaber den Jungen. 2003 geriet Townshend ins Visier der Justiz, nachdem er seine Kreditkartennummer bei einem Anbieter von Kinderpornographie im Internet hinterlassen hatte. Zu einer Anklage kam es nicht, der Besitz kinderpornographischen Materials konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Townshend schildert die Verzweiflung, die ihn zeitweise zum Alkoholiker werden ließ. Schließlich wird er religiös, hängt einem indischen Mystiker an. Er heiratet, bekommt drei Kinder. Die Ehe ist längst geschieden, der Star nach wie vor auf spiritueller Suche. Sein Rückblick auf Versuche, bürgerlich anzudocken, fällt ernüchternd aus. Am Ende bleibt nur Ruhm in spröder Grazie. "Auf der Bühne war ich fähig, etwas zu tun, was ich in keinem anderen Teil meines Lebens vermochte", schreibt er. "Abseits der Bühne bin ich, ehrlich gesagt, eine Maus."rmi

Pete Townshend: Who I Am. Die Autobiographie. A. d. Engl. von A. Finke, K. Bielfeldt, J. Bürger. KiWi, 576 S., 24,99 Euro.

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