Perlensuche im weltmusikalischen Allerlei

Nancy · Das stilistische Spektrum der Jubliäumsausgabe der Nancy Jazz Pulsations reichte von New Orleans Jazz bis in die Jetztzeit. Am Samstag ging das Festival zu Ende. Eine Bilanz.

 Bereits zum dritten Mal begeisterte Joshua Redman bei den Pulsations. Foto: Blakesberg

Bereits zum dritten Mal begeisterte Joshua Redman bei den Pulsations. Foto: Blakesberg

Foto: Blakesberg

Miles Davis war hier, Ray Charles, Oscar Peterson, Keith Jarrett auch. Die Liste der Jazzprominenz, die die Historie der Nancy Jazz Pulsations (NJP) geschrieben hat, ist kaum noch zu überblicken. Mit vier Jahrzehnten ununterbrochener Präsenz gehören die NJP zu den Musikfestspielen von Weltgeltung. Mit der am Samstag zu Ende gegangenen Jubiläumsausgabe knüpften die Pulsations einerseits an die eigene Geschichte großer Konzert-Momente an, andererseits setzten sie das seit mehr als einem Jahrzehnt verfolgte Programmkonzept fort: Weg vom Puristen-Jazz - hin zum musikalischen Allerlei der Weltmusik.

Zum runden Geburtstag hatten Programmchef Patrick Kader und sein Team den NJP erstmals ein Motto verordnet. Es lautete "Cap sur Nouvelle Orléans" und sollte an die Wurzeln des Jazz erinnern. Das New-Orleans-Thema beherrschte das Festival aber nicht durchgängig, sondern setzte nur einige Farbtupfer, unter anderem beim Auftritt der quirligen Dirty Dozen Brass Band im Chapiteau; oder bei der Grande Parade Nouvelle Orléans, bei der der Geist der Jazz-Genesis auch durch die Straßen von Nancy wehte. Überhaupt ist es ein charmantes Markenzeichen des Festivals, wie offenherzig sich die Jugendstil-Metropole vom bunten Jazztreiben vereinnahmen läßt. Nancy im Herbst, das ist Musik auf Schritt und Tritt.

Auch wer nach dem reinen, unverfälschten Jazz suchte, konnte den einen oder anderen Schatz heben. Höhepunkt sicherlich Joshua Redmans Konzert in der Salle Poirel: Redman, bereits zum dritten Mal auf dem Festival zu Gast, brannte mit seinem Quartett ein Brillantfeuerwerk zeitgenössischen Jazz' ab, in dem Schöpfergeist und Spielvermögen nur so explodierten. Einzigartig sein Ton auf dem Tenorsaxofon, der auch in Soprano-Sphären nichts an Strahlkraft verliert. Grandios, wie er Bebop-Tradition mit Jetztzeit-Jazz verknüpfte.

Für Jazzliebhaber besonders reizvoll war auch der Abend, an dem Altmeister Aldo Romano mit seinem New Blood Quartett auf der Bühne stand. Dem 72-jährigen Kult-Drummer und seinem Ensemble gelang ein perfekter Brückenschlag zwischen Eastcoast-Tradition und Moderne: Wenn Baptiste Herbin sein Altsaxofon singen lässt, meint man Jackie McLean oder Lou Donaldson seien aus dem Hardbop-Himmel herabgestiegen. Dazu ein fähiger Bassist mit molligem Ton (Michel Benita) und der elegante, einfallsreiche Alessandro Lanzoni - ein neues Gesicht aus dem Jazzpianisten-Wunderland Italien. Die Spannung und den mitreißenden Groove generierte der gebürtige Italiener Aldo Romano, seit Jahrzehnten einer der wichtigsten Köpfe des französischen Jazz. Ein großer Wurf zum NJP- Jubiläum.

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