Paris prescht mit Börsensteuer vorWiderstand gegen Sparpläne in Madrid - In Athen dagegen Ja zu Sparprogramm

Paris. Sein wahrer Feind sei parteilos, ohne Name und Gesicht, hatte François Hollande bei seinem Wahlkampf-Auftakt zu Jahresbeginn erklärt: "Es ist die Welt der Finanzen." Keiner habe sie gewählt und doch regiere sie - und deshalb sage er dieser unsichtbaren, aber bösen Welt den Kampf an

Paris. Sein wahrer Feind sei parteilos, ohne Name und Gesicht, hatte François Hollande bei seinem Wahlkampf-Auftakt zu Jahresbeginn erklärt: "Es ist die Welt der Finanzen." Keiner habe sie gewählt und doch regiere sie - und deshalb sage er dieser unsichtbaren, aber bösen Welt den Kampf an. Konsequent setzte der sozialistische französische Präsident nun eine ebenso symbolträchtige wie populäre und einträgliche Maßnahme um: Gestern hat Frankreich eine Finanztransaktionssteuer ein, die künftig bei Geschäften mit Finanzinstrumenten wie dem Kauf französischer Aktien fällig wird.Schon Hollandes konservativer Vorgänger Nicolas Sarkozy wollte sich mit dem französischen Alleingang zum Vorreiter in Europa machen, wo eine Finanztransaktionssteuer weiterhin umstritten ist. Nun fällt sie sogar doppelt so hoch aus wie von der Vorgängerregierung vorgesehen: Auf Geschäfte mit Papieren von Unternehmen mit Hauptsitz in Frankreich müssen künftig 0,2 Prozent Steuern gezahlt werden. Dabei werden lediglich Unternehmen und Personen zur Kasse gebeten, die in Frankreich steuerpflichtig sind. Allerdings greift die Steuer nur beim Handel mit Titel von Gesellschaften, deren Börsenwert über einer Milliarde Euro liegt.

Insgesamt werden laut Regierung 109 französische Unternehmen von der neuen Regel betroffen sein, darunter die des Ölkonzerns Total, des Autobauers Renault oder des Luxusgüterkonzerns LVMH. Die Regierung erhofft sich Mehreinnahmen für den französischen Fiskus von 1,6 Milliarden Euro im ersten vollen Jahr.

Anders als im Ursprungsgesetz vorgesehen, bleiben Geschäfte mit Kreditausfallversicherungen (CDS) und bestimmte Transaktionen im Hochfrequenzhandel vorerst steuerfrei. Französischen Medienberichten zufolge will Paris noch eine erhoffte Einigung mit anderen europäischen Ländern abwarten. Neun Staaten, darunter auch Deutschland, wollen eine Börsensteuer. Ein entsprechender Vorschlag soll im Herbst vorgelegt werden.

Mag die Maßnahme in der Bevölkerung gut ankommen, so beunruhigt sie im Finanz-Milieu durch den möglichen Wettbewerbsnachteil, der Investoren abschrecken und den Finanzplatz schwächen könnte. "Diese Steuer wird zu einem Zeitpunkt auf den Investitionen in Aktien lasten, wo die Unternehmen ohnehin schon ein fortschreitendes Absinken von Bankenfinanzierung kompensieren müssen", beklagt Arnaud de Bresson, Generalbeauftragter von Europlace, der Lobbygruppe der Pariser Börse. Die Maßnahme müsse wenigstens europaweit durchgesetzt werden - "einschließlich London". Doch insbesondere Großbritannien und Schweden lehnen die Steuer strikt ab.Madrid/Athen. Im Kampf gegen die Krise hat die spanische Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy einen Rückschlag hinnehmen müssen. Mehrere Regionen des Landes widersetzten sich den Madrider Sparplänen. Dazu gehören auch die "Schwergewichte" Andalusien und Katalonien, die zwei bevölkerungsreichsten Regionen Spaniens. Der andalusische Ministerpräsident José Antonio Griñán bezeichnete die Sparpläne gestern als einen "schweren Angriff" auf seine Region. Der Sozialist kündigte rechtliche Schritte gegen das Vorhaben der konservativen Madrider Zentralregierung an. Nach den Plänen des Madrider Finanzministers Cristóbal Montoro sollen die spanischen Regionen ihr Defizit 2013 auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts reduzieren. In Griechenland gab es dagegen Fortschritte. Die Koalitionsregierung in Athen hat sich nach mehrstündigen Beratungen auf das neue 11,5 Milliarden Euro umfassende Sparprogramm geeinigt. "Die griechische Regierung wird (der Geldgeber-Troika) einen Vorschlag für das 11,5 Milliarden Euro Sparprogramm machen", sagte Fotis Kouvelis, Chef der kleinsten Partei der Regierungskoalition, der Demokratischen Linken. Details des Sparprogramms nannte Kouvelis nicht. Seit Wochen hatte die Koalition über die von den Geldgebern Griechenlands geforderten zusätzlichen Einsparungen gestritten. dpa

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