Papst greift gegen Kritiker des Reformkurses durch

Rom · Papst Franziskus hat einen seiner hartnäckigsten Gegner entmachtet. Der US-Kardinal Raymond Leo Burke wurde als Präfekt der Apostolischen Signatur und damit als Chef des obersten Vatikan-Gerichtshofs abberufen.

Der 66-Jährige muss den weitgehend repräsentativen Posten als Kardinalpatron beim Malteserorden übernehmen. Burke galt bisher als einer der einflussreichsten Gegenspieler von Franziskus bei der jüngsten Bischofssynode zur Familienseelsorge. Dort hatte er sich mehrfach gegen den von Franziskus befürworteten Kurs der Öffnung gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen ausgesprochen.

Der US-Kardinal hatte zuletzt in einem Interview mit der katholischen Zeitschrift "Vida Nueva" behauptet, die katholische Kirche habe "keinen Kompass". Diese Aussage wurde als Kritik an Franziskus interpretiert, den Burke schon zuvor wiederholt angegriffen hatte. Der Hardliner, der eine zentrale Figur im römischen Traditionalistenmilieu ist, hatte über Franziskus' erstes Lehrschreiben "Evangelii Gaudium" gesagt, es könne kaum Teil des päpstlichen Lehramts sein. Im Gegensatz zu Franziskus, der gefordert hatte, weniger über kirchliche Verbote zu sprechen, sagte Burke im Hinblick etwa auf Abtreibung: "Wir können nie genug davon sprechen."

Als Präfekt der Apostolischen Signatur ernannte Franziskus den Franzosen Dominique Mamberti. Dessen Nachfolger als Vatikan-Außenminister im Staatssekretariat wird Bischof Paul Richard Gallagher aus Liverpool.

Die Rochade im Vatikan , über die es schon länger Spekulationen gab, wird als Signal des Papstes an seine Kritiker interpretiert. Zuletzt waren im Vatikan immer mehr kritische Stimmen über Franziskus zu hören. Bei der außerordentlichen Synode zu Ehe und Familie wurde ein tiefer Graben in der Führung der katholischen Kirche sichtbar. Mehrfach war in diesem Zusammenhang auch vom Risiko einer Kirchenspaltung die Rede. Der jetzt entmachtete Burke hatte auf die Frage nach einem möglichen Schisma geantwortet: "Wenn die Bischofssynode als Gegenentwicklung zur bestehenden Lehre und Praxis der Kirche gesehen wird, besteht ein Risiko." In verschiedenen italienischen Medien wird unterdessen über den Fortgang des Pontifikats spekuliert. "Heute aber muss sich der Widerstand der höchsten kirchlichen Autorität widersetzen, sollte sie von der immer gültigen kirchlichen Kehre abweichen", war vor kurzem in der konservativen Intellektuellen-Zeitung "Il Foglio" zu lesen. Auch Gerüchte über einen Rücktritt des 77-jährigen Franziskus werden gestreut.

Öl ins Feuer goss der italienische Publizist Antonio Socci mit seinem Buch "Non é Francesco" (Es ist nicht Franziskus). Darin behauptet Socci, die Wahl Jorge Mario Bergoglios im Konklave 2013 sei ungültig. Denn der Wahlgang, mit dem er ins Amt kam, sei der fünfte an diesem Tag gewesen - was nach Konklaveordnung nicht zulässig ist. Ein vierter Wahlgang sei zuvor fälschlich annuliert worden.

Die Angriffe auf Franziskus kommen nicht ganz überraschend. Angesichts der bei der Synode offensichtlich gewordenen Meinungsverschiedenheiten in der kirchlichen Hierarchie über die Zukunft der katholischen Kirche erwartete man sich auch im engeren Umfeld des Papstes Attacken. Einige Beobachter interpretieren die Spekulationen als Versuche der Ultrakonservativen, Franziskus von seinem Kurs abzubringen.

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