Katholische Kirche Papst Franziskus sorgt für Verwirrung

Rom Papst Franziskus macht Ferien. Das heißt, Jorge Bergoglio hält sich im vatikanischen Gästehaus Santa Marta auf. Der einzige größere Termin im Sommer für Franziskus ist eine Fahrt zum Weltfamilientreffen in Dublin.

Ansonsten versucht der Papst durchzuatmen.

Möglicherweise blickt der Papst auch ein wenig zurück. Wenn er ehrlich mit sich ist, wird ihm auffallen, dass er zuletzt selbst für einige Turbulenzen in der katholischen Kirche gesorgt hat. Die klammheimliche Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion gehört dazu. Zuletzt sorgte die Debatte um die Kommunion für evangelische Ehepartner für Streit. Immer ist die Kommunion mit im Spiel, weil sich in diesem Sakrament das eigentliche Verständnis von Kirche herauskristallisiert. Wer bekommt unter welchen Umständen den Leib Christi?, lautet die Schlüssel-Frage. Man kann sie streng beantworten oder großzügig, und je nachdem verändert sich auch das, was man eigentlich unter Kirche versteht.

Franziskus will die Kirche verändern, ihre Starrheit auflösen und ihre Unfähigkeit zu Antworten für die Gegenwart aufbrechen. Beim Abarbeiten essentieller Detailfragen wie den obigen schlittert der Papst aber immer wieder ins Chaos. Die deutschen Bischöfe haben inzwischen ihre Handreichung als unverbindlichen Ratgeber veröffentlicht. Franziskus schien nach seinem Besuch in der römischen Christuskirche 2015 der Kommunion für evangelische Ehepartner erst freien Lauf zu lassen. Als die deutschen Bischöfe sich dann in diesem Frühjahr aus der Deckung wagten, kassierte Rom das Schreiben zunächst, um die Frage universalkirchlich zu klären. Dann wiederum hieß es aus dem Munde des Papstes, niemand sei gebremst worden, das Dokument sei gut. „Ein bisschen Verwirrung“ herrsche, das gibt Franziskus selbst zu.

Verwirrung ist in streng katholischen Kreisen ein Zeichen für das Werk des Teufels. Für Papst Franziskus gehört Verwirrung hingegen zum Programm, wobei diese Haltung es seinen Kritikern natürlich leicht macht. Doch wenn überhaupt, dann ist das schwerfällige, katholische Kirchenschiff nur auf diese Weise von der Stelle zu kriegen.

Auch in der Missbrauchsaffäre der chilenischen Kirche hat Franziskus Unruhe gestiftet und Unverständnis geweckt, weil er hier ebenfalls eine Kehrtwende hinlegte. Zunächst wehrte er sich gegen die Anschuldigungen gegen den inzwischen zurückgetretenen Bischof von Osorno, Juan Barros. Dann entsandte er zwei Sonderermittler nach Chile, die offenbar Licht in den Skandal brachten – und lenkte ein. Man kann Franziskus vorwerfen, sich zunächst auf die falsche Seite – der chilenischen Bischöfe –  geschlagen zu haben, die im Zuge der Affäre geschlossen ihren Rücktritt anboten. Anders betrachtet hat der Papst dazugelernt.

Franziskus ist natürlich nicht unfehlbar. Er macht Fehler, wie alle Fehler machen. Im Gegensatz zu den meisten Führungsfiguren der Kirche versteckt er diese nicht. Die vielleicht schärfste Auseinandersetzung erwartet die Kirche in der Frage der Ordination verheirateter Männer und von Frauen. Franziskus steht der Weihe sogenannter viri probati (“bewährter Männer“) aufgeschlossen gegenüber. Das Frauenpriestertum lehnt er ab, wie er mehrfach betonte. Da sei das letzte Wort gesprochen. Franziskus wäre aber nicht Franziskus, wenn er nicht doch eine Hintertür offen gelassen hätte. Bei der Amazonas-Synode im Herbst 2019 werden die Bischöfe auch darüber diskutieren, welche Rolle Frauen in den Weiten des Amazonas übernehmen können. Das steht ein einem Vatikan-Dokument.

Allen, die an eine glasklare und schablonenhaft verwendbare Doktrin gewöhnt waren, verlangt dieser Papst enorm viel ab, nämlich das Infragestellen der eigenen Wahr- und Gewissheiten. Das Leben verändert sich. Wenn die Kirche etwas mit dem Leben zu tun haben will, muss auch sie sich verändern.

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