Deutschlands schönste Kuh So schön wie „Lady Gaga“ ist keine

Essen · Deutschlands attraktivste Kuh ist Niedersächsin. Seit Jahren räumt sie Preise ab, wofür ihr Bauer einiges tut. Sie führt ein Leben als Tier-Model. Das hat auch Kritiker.

 Germany’s Topmodel-Kuh: „Lady Gaga“. Ihr Beauty-Programm reicht von Pediküre bis Spezialfutter.

Germany’s Topmodel-Kuh: „Lady Gaga“. Ihr Beauty-Programm reicht von Pediküre bis Spezialfutter.

Foto: dpa/Mohssen Assanimoghaddam

„Lady Gaga“ nimmt erstmal in aller Ruhe eine Dusche. Mit einem Schlauch braust Henrik Wille sie ab, schäumt sie ein und spült mit klarem Wasser nach. Dann ist der Star für das Interview bereit. Ganz still bleibt „Lady Gaga“ an einem Halfter neben Wille stehen. Die Fotokamera stört die Kuh überhaupt nicht. Im Gegenteil, meint der Besitzer: „Sie steht da total drauf.“

Im Rampenlicht zu stehen, daran ist „Lady Gaga“ gewöhnt. Immerhin ist sie die schönste Kuh Deutschlands. Seit 2013 gewinnt das schwarz-weiße Prachttier, das wie die berühmte US-Sängerin heißt, eine Schau nach der anderen – selbst deutlich jüngere Konkurrentinnen haben gegen sie keine Chance.

Elfeinhalb Jahre ist „Gaga“ – wie Wille sie liebevoll nennt – alt, sieben Kälber hat sie geboren und 100 000 Liter Milch gegeben. Trotzdem bringt die Kuh ihren Besitzer Wille immer noch ins Schwärmen. „Sie ist größer und länger als alle anderen. Sie ist schlank, hat gute Beine und ein Traum-Euter.“ Eine natürliche Schönheit eben. Und Wille sorgt dafür, dass das möglichst lange erhalten bleibt.

Auf Willes Milchviehhof im niedersächsischen Essen bei Cloppenburg weht über der Stalltür ein Transparent. „Lady Gaga bleibt die Beste“ steht dort geschrieben. Willes Schwestern haben es nach der letzten siegreichen Schau Ende Februar befestigt. In dem Stall lebt die Super-Kuh in ihrer eigenen Box. Zum Schutz, damit andere Kühe sie nicht verletzen können und weil die Versicherung es verlange, sagt Wille (37).

Zum Schlafen legt sich „Lady Gaga“ auf ein extra-weiches Bett aus Sägespänen, ihr Futter bekommt sie in einer Schüssel serviert. Zweimal die Woche wäscht Wille ihr Fell und behandelt es danach mit einem Pflegespray, damit die Haut nicht austrocknet. Etwa alle vier Wochen bringt ein spezieller Kuhfriseur „Lady Gagas“ Fell in Form, die Pediküre übernimmt Wille selbst. Per Hand kürzt er ihr die Klauen. „Das ist eine Mordsarbeit.“

Wille hat noch mehr Schau-Kühe im Stall, eine Extra-Pflege bekommt aber nur „Gaga“. „So eine Kuh hat man nur einmal im Leben“, sagt er. Vor einer Schau geht sie wie alle vierbeinigen Supermodels in ein dreiwöchiges Trainingslager: täglich Waschen und Bürsten, nur das beste Futter, den Gang über den Laufsteg üben. Die Tiere soll das auch aufs große Schaulaufen und den Trubel drumherum vorbereiten.

Stefanie Pöpken vom Tierschutzverein Provieh sieht solche Schauen trotzdem kritisch. „Das ist immer mit Stress verbunden. Die Kühe sind in einer Halle mit Lärm und klatschenden Menschen“, sagt die Rinder-Expertin. Im Gegensatz zu anderen Tieren sehe man es Kühen nicht an, wenn sie gestresst seien. „Die Kuh hat immer den gleichen Gesichtsausdruck.“ Besonders problematisch findet sie, dass die Kühe von ihrer Herde getrennt werden. „Kühe sind sehr sozial. Sie gehen innige Bindungen zu anderen Kühen ein.“

Dass die vielen Schauen „Lady Gaga“ stressen könnten, glaubt Landwirt Wille nicht. Seit acht Jahren absolviere sie diese routiniert. Stress hat dabei vor allem ihr Besitzer. Für Wille beginnt während des Trainingslagers die Arbeit um fünf Uhr morgens und endet meist erst gegen elf Uhr abends. Daneben hat er noch 100 Milchkühe und 160 Jung­rinder zu versorgen. Wieso tut er sich das an?

„Weil ich Bock drauf habe“, sagt Wille. Mit sechs Jahren war er zum ersten Mal als Jungzüchter mit einem Kalb auf einer Schau. Diese seien für die Bauern wichtig, um zu sehen, wie sich die Töchter eines bestimmten Zuchtbullen entwickelten, erläutert Bianca Lind von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter.

„Lady Gaga“ macht zurzeit eine Model-Pause. Im Herbst erwartet die Kuh ihr achtes Kälbchen. Wille hofft, dass es ein Kuhmädchen wird. Denn das könnte ihm viel Geld einbringen. Auf Auktionen wechseln Kühe nach Angaben von Lind für 1200 bis 1500 Euro den Besitzer. Töchter von Schönheitsköniginnen können dagegen schon mal mehrere Tausend Euro Wert sein.

 Das Namensvorbild: US-Sängerin Lady Gaga

Das Namensvorbild: US-Sängerin Lady Gaga

Foto: dpa/Facundo Arrizabalaga

Ob „Lady Gaga“ nach der Babypause auf den Laufsteg zurückkehrt, kann Wille noch nicht sagen. Das komme ganz auf ihre Form an.

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