Piloten dürfen wieder allein im Cockpit sein

Berlin · Die Doppelbesetzung war eine Folge des Germanwings-Unglücks im März 2015. Anders als gedacht, erhöhte sie die Sicherheit nicht.

(dpa) Zwei Jahre nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen wollen die großen deutschen Fluggesellschaften eine eigens eingeführte Sicherheitsvorgabe zurücknehmen. Demnach darf sich ab Juni wieder eine Person allein im Cockpit aufhalten.

"Die Evaluierung hat gezeigt, dass die Zwei-Personen-Regelung keinen Sicherheitsgewinn bringt", begründete der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft die Entscheidung gestern in Berlin. Die Regelung besagt, dass ein Pilot nie alleine im Cockpit sein darf. Wenn er das Cockpit verlässt, muss er also ersetzt werden. Durch das häufigere und vorhersehbare Öffnen der Pilotenkanzel entstünden aber zusätzliche Risiken: Unbefugte könnten hineinkommen.

Die Fluggesellschaften sichern nun zu, dass Ärzte bei Untersuchungen von Piloten stärker auf psychologische und psychiatrische Aspekte achten. Zugesagt werden auch stabile Beschäftigungsverhältnisse, Zugang zu Berufsunfähigkeitsversicherungen, psychologischen Beratungsprogrammen und eine intensivere Mitarbeiterbetreuung.

Der psychisch kranke Copilot Andreas Lubitz hatte den Ermittlungen zufolge im März 2015 die Germanwings-Maschine in den französischen Alpen bewusst abstürzen lassen. 150 Menschen starben. Die Behörden gehen davon aus, dass der Copilot den Flugkapitän aus dem Cockpit gesperrt hatte. Neben der Zwei-Personen-Regelung wurden weitere Sicherheitsbestimmungen für Piloten eingeführt, um ähnliche Fälle zu verhindern. Im April 2016 hat der Bundestag beschlossen, dass Fluggesellschaften bei einem entsprechenden Verdacht untersuchen sollen, ob ein Pilot bei Dienstantritt unter dem Einfluss von "Medikamenten, Alkohol oder anderen psychoaktiven Substanzen" steht. Auch Zufallskontrollen sind geplant. Bei Inkrafttreten des Gesetzes in diesem Monat beteiligte sich aber nur die Lufthansa. Alle anderen deutschen Airlines hatten die Voraussetzungen für die Stichproben - darunter eine Betriebsvereinbarung, die den genauen Test-Ablauf festlegt - nicht geschaffen. Piloten ausländischer Gesellschaften werden vom Luftfahrtbundesamt überprüft. Zum Bundestagsbeschluss vom April 2016 gehört auch die Einführung einer flugmedizinischen Datenbank. In ihr werden die Befunde der Piloten personalisiert gespeichert. Ende März ist diese laut Bundesregierung aber noch nicht im Einsatz.

Die europäische Flugsicherheitsagentur EASA hat im Dezember die Empfehlung ausgesprochen, mehr medizinische Checks für Piloten auszuführen. Verpflichtend müsse dies sein, wenn ein Pilot oder Crewmitglied schon einmal auffällig geworden sei. Zudem sollten Piloten vor ihrer Einstellung immer einem psychologischen Test unterzogen werden. Die Empfehlungen sind die Grundlage eines Gesetzentwurfs der EU-Kommission.

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