Katastrophenalarm Land unter in Niedersachsen

Goslar · Braune Wassermassen strömen durch die Altstadt in Goslar. Zig Häuser werden evakuiert. Der Landkreis ruft Katastrophenalarm aus.

 Wasser schießt durch den Zaun eines Gartens in Rhüden. In dem Gebiet sind nach Angaben der Feuwehr rund 250 Einsatzkräfte unterwegs.

Wasser schießt durch den Zaun eines Gartens in Rhüden. In dem Gebiet sind nach Angaben der Feuwehr rund 250 Einsatzkräfte unterwegs.

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Der Strom aus braunem Wasser reißt Blumenkübel und Stühle von Cafés mit. Es ist Vormittag in Goslar, zu diesem Zeitpunkt stehen schon viele Straßen in der Altstadt komplett unter Wasser: Durch den Dauerregen sind der Fluss Oker und der sonst kleine Bach Abzucht zu reißenden Strömen geworden – ein solches Hochwasser hat die Stadt in den vergangenen Jahren nicht erlebt. Wegen des Dauerregens und der Überflutungen ruft der Landkreis Goslar gestern schließlich Katastrophenalarm aus. Auch Teile der 40 000-Einwohner-Stadt Goslar selbst werden evakuiert. Wie viele Menschen betroffen sind, sei noch unklar, Verletzte gebe es bislang nicht, sagte ein Sprecher der Feuerwehr.

Auslöser war das Tief „Alfred“, das nach Angaben des Deutschen Wetterdiensts (DWD) in einem Streifen vom Niedersachsen über Hessen und Thüringen bis Nordbayern für teilweise extreme Niederschläge von weit mehr als 100 Litern je Quadratmeter in nur 48 Stunden sorgte.

Jörg Höhns erlebt den Ausnahmezustand aus nächster Nähe. Er ist Regionalmanager der Novum Hotelgruppe und wurde von seinen Mitarbeitern alarmiert: Zwei seiner Hotels in Goslar stehen unter Wasser. Gäste werden vorsorglich in Sicherheit gebracht. Auch eine Seniorenresidenz in der Stadt wird noch am Morgen evakuiert.

Überhaupt treffen diese heftigen Dauerregen-Massen den Harz besonders schwer. Die Feuerwehr und Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) sind deswegen im Dauereinsatz – auf der niedersächsischen wie auf der sachsen-anhaltinischen Seite. In Rhüden, im Landkreis Goslar, und Silstedt, einem Ortsteil von Werningrode, etwa packen Helfer Sandsack um Sandsack, um die Wassermassen vom Eindringen in die Häuser abzuhalten. In Silstedt steht das Wasser knietief in den Straßen. Bis zum Nachmittag werden laut Behörden zwei Häuser mit etwa 15 Menschen evakuiert. Dabei kommen auch Schlauchboote zum Einsatz.

Das ist längst nicht alles: Im niedersächsischen Hildesheim liegt der Pegel der Innerste – ein Nebenfluss der Leine – mit 7,14 Meter rund 40 Zentimeter über dem bisher höchsten Hochwasser aus dem Jahr 2007.

Auch andere Regionen Deutschlands wurden durch den starken Regen unter Wasser gesetzt. Laut DWD fiel innerhalb von zwei Tagen teilweise deutlich mehr Regen als sonst im gesamten Juli.

In Goslar versuchen die Menschen indes mit Brettern und Sandsäcken ihre Häuser zu schützen. Von Dienstagabend bis Mittwochmittag seien achtzig Tonnen Sand verbraucht worden, erzählt ein Feuerwehrmann. Trotzdem muss die Feuerwehr in der Stadt zahlreiche Keller auspumpen.

Michele Pantaleo steht in den Lagerräumen seiner Pizzeria zwischen Feuerwehrleuten. Der Keller steht noch unter Wasser, obwohl schon seit rund drei Stunden abgepumpt wird. Nudeln, Mehl – alles völlig nass und dadurch verdorben. „Heute müssen wir auf jeden Fall zu machen“, sagt der Gastronom.

 Feuerwehrmänner fahren auf einem Trecker durchs Hochwasser.

Feuerwehrmänner fahren auf einem Trecker durchs Hochwasser.

Foto: dpa/Holger Hollemann
 Blick von oben auf Rhüden, einem Stadtteil von Seesen im Landkreis Goslar. Der Dauerregen hat die Straßen überflutet. Nach Angaben des Kreisfeuerwehrverbands Goslar waren 200 Wohnungen oder Häuser vom Hochwasser betroffen.

Blick von oben auf Rhüden, einem Stadtteil von Seesen im Landkreis Goslar. Der Dauerregen hat die Straßen überflutet. Nach Angaben des Kreisfeuerwehrverbands Goslar waren 200 Wohnungen oder Häuser vom Hochwasser betroffen.

Foto: dpa/Stefan Rampfel

Für die kommenden Tagen gaben Meterologen Entwarnung: Der Dauerregen geht zu Ende, Tief „Alfred“ zieht nach Osten ab, wie der DWD mitteilte. Der Regen höre damit zwar nicht auf, aber die Intensität lasse nach. Wirklich sommerlich-schön wird es allerdings nicht. Erst zum Wochenende zeichnet sich eine allmähliche Beruhigung mit steigenden Temperaturen ab.

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